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Klaus Müller

„Sanktionsrisiko“: Habecks Netzagentur attackiert Zuckerberg nach Streichung von Faktencheckern

Nach Mark Zuckerbergs Aufkündigung von Faktenchecks abzurücken, warnt Klaus Müller vor einem erhöhten „Sanktionsrisiko“. Der Chef der Bundesnetzagentur weist vor allem in Kontext mit Wahlen daraufhin, dass Faktenchecks eine „risikominimierende Maßnahme“ gegen Desinformation seien.

Klaus Müller setzt sich für eine starke Regulierung der Sozialen Medien ein.

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Mark Zuckerberg möchte künftig keine Faktenchecks auf seinen Meta-Plattformen einsetzen. Diese Ankündigung sorgte bei den Digitalbeauftragten der Europäischen Union (Apollo News berichtete) und jetzt auch in Deutschland für Aufsehen. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, meldete sich am Mittwochmorgen auf X zu Wort, um „aus gegebenem Anlass“ die rechtliche Lage zu erklären.

Müller sprach als BNetzA-Chef damit auch als Vertreter der Bundesregierung – die Behörde ist dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck unterstellt. Der ehemalige Grünen-Politiker erklärte zwar, dass „die Zusammenarbeit von sehr großen Onlineplattformen (VLOP) mit Faktencheck-Organisationen zwar nicht zwingend vorgeschrieben“ sei, jedoch würde das „Sanktionsrisiko“ sinken, wenn eine solche Kooperation besteht.

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Hintergrund ist der Digital Services Act, eine EU-Verordnung, die im Frühjahr 2024 in Kraft trat. Darin sind strenge Moderationsregeln im Kampf gegen „Desinformation“ vorgesehen – eine Plattform muss beispielsweise nachweisen, dass sie „Risikominderungsmaßnahmen“ unternimmt, um derartige Inhalte zu bekämpfen, so steht es in Artikel 35 der Verordnung.

Die Prüfung durch „unabhängige Sachverständige und zivilgesellschaftliche Organisationen“ wird zwar vorausgesetzt, dabei muss es sich jedoch nicht um Faktencheck-Organisationen handeln. Solange eine Plattform derartige Nachweise jährlich erbringen kann, sollte also das „Sanktionsrisiko“ nicht wegen fehlender Faktenchecks steigen.

Müller erwähnt in seinem Beitrag ein weiteres brisantes Wort: „Wahlen“. Denn in diesem Kontext würde der Einsatz von Faktencheck-Organisationen als „risikominimierende Maßnahme“ angesehen werden, so der BNetzA-Chef. Diese Aussage ist vor allem mit Blick auf die am 23. Februar bevorstehende Bundestagswahl brisant.

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Erst im Dezember wurde die Präsidentschaftswahl in Rumänien wegen russischer Wahlbeeinflussung in Sozialen Netzwerken annulliert – Ursula von der Leyen bekräftigte daraufhin den Einsatz des DSA: Die Kommission werde „sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Plattformen ihren Verpflichtungen aus dem Digital Services Act in Bezug auf Wahlen in Europa nachkommen“. (Apollo News berichtete).

Im Fokus vor Wahlen stehen sogenannte „Desinformationskampagnen“. Denen soll das DSA mit geeigneten Mitteln begegnen. Dazu können Faktenchecks gehören, aber auch „Trusted Flagger“, also vertrauenswürdige Hinweisgeber. Derartige Organisationen durchsuchen die hiesigen Plattformen nach Verstößen gegen das DSA und melden die betreffenden Beiträge bei dem jeweiligen Betreiber.

Das DSA sieht dann vor, dass die Betreiber die Meldungen von staatlich zertifizierten Hinweisgebern dann priorisieren müssen – über die Anträge muss also vor normalen Nutzermeldungen entschieden werden. Die Kritik: Faktencheck-Organisationen und vertrauenswürdige Hinweisgeber können auch von staatlichen Fördergeldern getragene Einrichtungen sein.

Je nach politischer Ausrichtung der Organisation könnte es also zu einer eher regierungsfreundlichen Herangehensweise kommen, sodass kritische Stimmen öfter gemeldet oder deren Beiträge als Desinformation abgestempelt werden könnten. Dieser Befürchtung liegt beispielsweise die Ernennung von „REspect!“ als erster vertrauenswürdiger Hinweisgeber durch die BNetzA zugrunde.

Die Organisation fiel bereits mit im linken Spektrum üblichen Einschätzungen auf: „Was uns verbindet, ist der gemeinsame Einsatz für einen respektvolleren Umgang im Internet sowie die Bekämpfung von Hetze, Verschwörungserzählungen und Fake News. Wir setzen uns, auch wenn es nicht immer leichtfällt, mit viel Spaß und der Überzeugung für etwas Gutes ein“, heißt es unter anderem auf der Webseite (Apollo News berichtete).

Auch Faktenchecker-Organisationen stehen in der Kritik. Das Medienunternehmen Correctiv erhält im Rahmen von Projekten, die über Desinformation aufklären sollen, immer wieder Fördergelder durch die Bundesregierung (Apollo News berichtete). Spätestens mit der im Januar 2024 erschienenen Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ hat die Organisation Kritik auf sich gezogen.

Correctiv berichtete über ein vermeintliches „Geheimtreffen“ rechter und rechtsextremer Politiker sowie Unternehmer, die im November 2023 umfassende Remigrationspläne ausgetüftelt haben sollen. Gegen einige Darstellungen der Recherche gab es seitdem erfolgreiche Klagen, auch Berichte anderer Medien über die Recherche von Correctiv wurden mittlerweile gerichtlich untersagt (Apollo News berichtete hier und hier).

Elon Musks Plattform X hat Faktenchecks schon lange durch sogenannte „Community Notes“, also kollektive Anmerkungen ersetzt. Ähnlich möchte es jetzt auch Zuckerberg machen. In Europa würde damit nicht gegen das DSA verstoßen, solange der den Berichtspflichten nachkommt. Für die Bundesnetzagentur, die EU und andere Institutionen scheint das Vorgehen dennoch ein Dorn im Auge zu sein: denn dadurch kann ein breites, auch regierungskritisches Meinungsspektrum in den Sozialen Medien etabliert werden.

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