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Nicht der Osten ist abnormal: Westdeutschland ist die politische Anomalie in Europa

Überall in Europa gewinnen rechte Parteien die Wahlen oder sind in Regierungsposition – nur in Deutschland werden die AfD-Ergebnisse als abnormal dargestellt. Die Wahlen in Deutschlands Nachbarländern zeigen aber: nicht der Osten, sondern Westdeutschland ist die Anomalie in Europa.

Überall in Europa gewinnen rechte Parteien. In Deutschland wehrt sich die Politik hingegen mit allen Mitteln gegen die Realität.

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34 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung gibt es immer noch erhebliche Unterschiede zwischen Ost und West. Im Hinblick auf das politische Stimmungsbild berichteten zahlreiche Medien zum Tag der Deutschen Einheit über die Abnormalität der ehemaligen DDR-Gebiete, über den Rechtsdrall, die AfD-Wähler, die Ausländer- und sogar eine angebliche Verfassungsfeindlichkeit der Ostdeutschen. In Deutschland wird jede Möglichkeit ergriffen, um die vermeintliche einigkeitsfeindliche Haltung der Bevölkerung in den neuen Bundesländern hervorzuheben – dabei ist der Westen die Anomalie.

Ein Blick in Deutschlands Nachbarländer offenbart: Nicht nur gewinnen oppositionelle Kräfte fast überall an Zuspruch oder befinden sich bereits in Regierungsposition, generell befinden sich liberal-konservative und sogar rechte Parteien aufgrund der misslichen Wirtschafts- und Sicherheitslagen in ganz Europa auf dem Vormarsch. Der Aufstieg der AfD ist keine ostdeutsche Besonderheit.

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Die jüngsten Beweise für diese Wählerwanderung finden sich in Österreich: Hier konnte die FPÖ erstmals die Nationalratswahlen für sich entscheiden. Mit 28,9 Prozent, also einem Plus von 12,7 Prozent, konnte sich das österreichische Pendant zur AfD vor die ÖVP, die 26,3 Prozent erreichte, schieben. Die Regierungsbildung wird zwar kompliziert (Apollo News berichtete), die Veränderung im Wählerwillen ist aber eindeutig.

Auch in Tschechien – wo seit 2021 eine Fünfer-Koalition unter Führung der liberal-konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) regiert – konnte zuletzt die rechte Opposition massiv zulegen. Bei den Regionalwahlen wurde die Aktion Unzufriedener Bürger (ANO) mit 35 Prozent zum Wahlsieger erklärt. Und auch bei den Senatswahlen konnte die ANO von den zu vergebenden 27 Sitzen insgesamt acht Sitze und damit mehr als jede andere Partei für sich beanspruchen (Apollo News berichtete hier und hier).

Schon diese jüngsten Beispiele offenbaren die tiefe Unzufriedenheit mit den aktuellen Zuständen in Europa. Die Liste lässt sich weiter fortsetzen: Bei der Parlamentswahl im Juli konnte in Frankreich das Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen die meisten Stimmen, gut 37 Prozent, für sich beanspruchen (Apollo News berichtete). Um die Liste der deutschen Nachbarländer zu vervollständigen: In Polen dominieren von Grund auf konservative bis stark rechte Kräfte. Ähnlich verhält es sich mit der stimmenstärksten Schweizerischen Volkspartei (SVP) in der Schweiz.

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In Belgien konnte bei den Parlamentswahlen im Juni die flämisch-nationalistische Partei N-VA mit 16,7 Prozent den ersten Platz markieren. Auf dem zweiten Platz folgte mit 13,8 Prozent die Partei Flämisches Interesse (Vlaams Belang), Dritter wurde mit 10,3 Prozent die liberale Reformbewegung (MR). Erst auf den Plätzen vier bis sechs folgen drei sozialistische Parteien mit acht bis 9,9 Prozent.

Damit fiel das Gesamtergebnis der Mitte-links-Vivaldi-Koalition, bestehend aus Christdemokraten bis Sozialisten, von 53,4 Prozent auf 46,5 Prozent – mit 77 Sitzen kann das Bündnis dennoch auf die Mehrheit der 150 Sitze zurückgreifen. Regierungsbildungen sind in Belgien traditionell eine Herkulesaufgabe – auch in diesem Jahr scheinen Koalitionsgespräche zunächst ergebnislos.

In den Niederlanden zeichnete sich nach den Parlamentswahlen 2023 eine ähnliche Entwicklung ab – doch dann konnte Geert Wilders mit seiner Partei für die Freiheit (PVV), die mit 23,5 Prozent die Wahl für sich entschieden hatte, eine Regierungskoalition bilden. Gemeinsam mit der liberal-konservativen Volkspartei (VVD), der zentristischen Partei Neuer Gesellschaftsvertrag (NSC) und der Bauernpartei (BBB) regiert die PVV seit Juni dieses Jahres. Luxemburg wird zentristisch regiert.

Einzig in Dänemark führt eine linke Partei die Regierung. Wobei die stimmenstärksten Sozialdemokraten dennoch mit der liberal-konservativen Venstre und der zentristischen Moderaterne koalieren und nicht nur die strengen Asylregeln, die seit spätestens 2019 bestehen, fortführen, sondern beispielsweise auch erklärt haben, es gebe nur zwei Geschlechter (Apollo News berichtete).

Auch über Deutschlands Nachbarländer hinaus finden sich diese Tendenzen, sei es in Italien, Ungarn oder Schweden. In letzterem konnte ein rechtsgerichtetes Bündnis bei den Wahlen 2022 eine knappe Mehrheit vor dem sozialdemokratischen Bündnis erzielen und somit die Regierungsverantwortung übernehmen.

Auch in zutiefst krisengebeutelten Staaten entsagen sich die Menschen sozialistischer Strukturen – bestes Beispiel ist Argentinien. Hier wurde der libertäre Javier Milei im vergangenen November zum Präsidenten gewählt – und baut seitdem das ganze Land um (Apollo News berichtete). All diese Länder zeigen, dass seit jeher eine konservative Regierungsbeteiligung normal oder der Aufstieg oppositioneller Kräfte seit einigen Jahren zu beobachten ist.

Ein letzter Blick in die USA soll den Punkt, dass konservative und rechte Stimmen seit jeher zum politischen Geschehen dazugehören, unterstreichen. Und auch in der neueren Geschichte waren die Republikaner erfolgreich. Der beste Beweis dafür dürfte Donald Trumps wiederkehrende Popularität mit seinem „America First“-Programm sein.

Mittlerweile sehen sich auch zahlreiche europäische Staaten angehalten, die eigenen Interessen an die erste Stelle zu stellen. Die Niederlande und Schweden möchten beispielsweise die Migrationspolitik verschärfen – in Dänemark und der Schweiz ist diese schon länger streng geregelt und auch Polen und Tschechien lehnen eine massenhafte Aufnahme von Asylbewerbern ab.

Die Positionen von großen Teilen der in Ostdeutschland lebenden Bevölkerung sind also nicht unnormal – sie sind Konsens bei der europäischen Bevölkerung. In von Migration stark betroffenen Ländern wie etwa Frankreich zeigt sich das durch das Erstarken rechter Parteien – das Rassemblement National konnte im Juli im Vergleich zu 2022 rund 14,5 Prozent dazugewinnen. In Großbritannien gehen zahlreiche Menschen auf die Straße, demonstrieren teilweise sogar gewaltvoll gegen offene Grenzen.

Auch im Wirtschaftsbereich ist der Unmut nicht unverständlich, denn Deutschland ist das einzige G7-Land, das in einer Rezession steckt. Volkswagen, BASF und zahlreiche Autozulieferer müssen Stellen kürzen – und das oftmals in Westdeutschland (Apollo News berichtete). Die 30 Prozent, die die AfD im groben Durchschnitt bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg erhalten hat, sind unter diesen Umständen nicht ungewöhnlich, sie sind im gesamteuropäischen Vergleich normal.

Dennoch wird der Osten als kontaminiertes Biotop mit Seidenhandschuhen behandelt, isoliert, zur Anomalie erklärt – zumindest in Deutschland. Unter Einbezug der internationalen Wahltendenzen und Wählerstimmen müsste die Gesellschaft aber erkennen, dass nicht 16 Millionen Menschen in Sachsen, Thüringen und Co. die Geisterfahrer sind.

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