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Waffenrecht

„Kämpferisch-aggressive“ Haltung: Verfassungsschutz will AfD-Mitgliedschaft für Bürger pauschal zum Problem machen

Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass einem AfD-Mitglied aus dem Saale-Orla-Kreis seine Waffenerlaubnis vorläufig zurückgegeben werden muss. Im Innenministerium setzt man jedoch alles daran, einen Präzedenzfall zu schaffen.

Thüringens Innenminister Georg Maier

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Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz sowie das Innenministerium um Georg Maier wollen offenbar mit aller Macht einen Präzedenzfall schaffen. Einem AfD-Mitglied aus dem Saale-Orla-Kreis wurde im April vom Landratsamt seine Waffenerlaubnis entzogen. Begründet wurde dies mit der „mangelnden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit“ des Mannes. Der Thüringer AfD-Landesverband wird vom Landesverfassungsschutz als „erwiesen rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Entsprechend sei dem Mann seine waffenrechtliche Erlaubnis zu entziehen.

Das AfD-Mitglied entschied sich jedoch dazu, gegen die Maßnahme des Landratsamts juristisch vorzugehen. Das Verwaltungsgericht in Gera gab dem Mann recht. In der Urteilsbegründung heißt es, dass dem Mann „gerade nicht vorgeworfen“ werden würde, „dass er als Einzelperson Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind“, so das Gericht. Und weiter: „Auch im Übrigen sind […] nicht einmal im Ansatz Umstände erkennbar, die den Schluss zulassen, dass vom Antragsteller selbst – jetzt oder in Zukunft – irgendwelche […] Gefahren“ ausgehen.

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Schlicht auf eine Bewertung des Landesverfassungsschutzamtes abzustellen, sei unzureichend. Dem AfD-Mitglied seien seine Waffenscheine also mit sofortiger Wirkung wieder auszuhändigen. Auch weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass nicht per se sämtliche Mitglieder des Thüringer AfD-Landesverbandes als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft werden könnten. So sei etwa vom Thüringer Landesverwaltungsamt dem Sonneberger AfD-Landrat Robert Sesselmann die „Verfassungstreue“ bescheinigt worden.

Das Innenministerium legte jedoch Einspruch beim Oberverwaltungsgericht in Weimar gegen diese Entscheidung ein. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gera wurde hier im Eilverfahren jedoch grundsätzlich bestätigt. So sei etwa die „kämpferisch-aggressive“ Haltung des Thüringer Landesverbands nicht hinreichend dargelegt worden, so das Gericht in Weimar. Hier hat das Innenministerium allerdings nun nachgelegt und ein Papier zur „kämpferisch-aggressiven“ Haltung der AfD nachgereicht (Apollo News berichtete).

Insgesamt hat das Innenministerium 35 Einzelaussagen (31 davon von Björn Höcke) zusammengetragen, um die „kämpferisch-aggressive“ Haltung der AfD zu belegen. Doch ob dieses Papier ausreicht, das Oberverwaltungsgericht Weimar von dem Anliegen des Innenministeriums zu überzeugen, ist fraglich. So erklärt etwa Volker Boehme-Neßler, Professor für öffentliches Recht an der Universität Oldenburg: „Aus meiner Sicht reichen die Belege nicht aus, um eine ‚aggressiv-kämpferische‘ Haltung anzunehmen“.

Die Äußerungen, so Volker Boehme-Neßler weiter, „bewegen sich im Bereich dessen, was vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt wird. Und grundrechtlich geschützte Äußerungen können nicht als aggressiv-kämpferische Haltung mit den entsprechenden negativen rechtlichen Konsequenzen angesehen werden.“ Auch Aussagen von Höcke, in denen er von einem „groß angelegten Remigrationsprojekt“ und einer „Politik der wohltemperierten Grausamkeit“ spricht, sind nach Ansicht des Staatsrechtlers verfassungsrechtlich unbedenklich.

So kenne das Ausländer- und Asylrecht Abschiebungen, die auch mittels staatlichen Zwangs durchgesetzt werden. Höcke würde letzten Endes nichts anderes fordern. Außerdem äußert Boehme-Neßler Kritik an dem, was vom Innenministerium als „Delegitimierung des Staates“ bezeichnet werde. „Was der Verfassungsschutz in den ersten Belegen als beständige Delegitimierung des demokratischen Rechtsstaates bezeichnet, ist teilweise harte, überspitzte, aber von der Meinungsfreiheit geschützte Machtkritik“, so der Staatsrechtler aus Oldenburg.

Hinzu kommt, dass das Innenministerium offenbar versucht, die Waffenerlaubnis auf Grundlage des Vereinsrechts und nicht des Parteienrechts zu entziehen. Was der Verfassungsschutz an Rechtsprechung zitiere, „bezieht sich auf das Verbot von Vereinen. Sie beschäftigt sich nicht mit politischen Parteien“. Parteien haben jedoch „nach dem Grundgesetz eine viel stärkere Rechtsstellung als Vereine“, so Boehme-Neßler. Das Innenministerium setzt offenbar alles daran, dem Mann aus dem Saale-Orla-Kreis seine waffenrechtliche Erlaubnis zu entziehen. Ob dies gelingt, ist fraglich.

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