Aufnahmelager
Italien und Niederlande bringen Abschiebe-Deals auf den Weg – kann das die Wende in der EU-Migrationspolitik sein?
Am Mittwoch sind die ersten Flüchtlinge, die in Italien einreisen wollten, in einem Aufnahmezentrum in Albanien untergebracht. Dort wird über ihren Asylantrag entschieden. Melonis Beispiel könnte ein Vorbild für die EU sein.

Am Mittwoch sind die ersten Flüchtlinge, die nach Italien einreisen wollten, in einem Aufnahmezentrum in Albanien untergebracht worden. Das Aufnahmelager in Albanien ist das erste seiner Art in einem Drittstaat außerhalb der Europäischen Union. 16 Männer aus Ägypten und Bangladesch kamen in der albanischen Hafenstadt Shengjin an. Wie das ZDF schreibt, sollen die Migranten später in ein Aufnahmelager in der Stadt Gjader im Landesinneren verlegt werden. Dort soll über ihren Asylantrag entschieden werden.
Die Asylanträge sollen in Albanien im Schnellverfahren geprüft werden. Wer Anspruch auf Asyl hat, soll nach Italien überstellt werden. Wer keinen Anspruch auf Asyl hat, soll direkt in sein Herkunftsland abgeschoben werden. Wie der Spiegel schreibt, soll über die Asylanträge innerhalb von vier Wochen entschieden werden. Von den Maßnahmen sind nur Männer betroffen, die illegal über das Mittelmeer nach Italien einreisen wollen. An den Booten wird eine erste Überprüfung vorgenommen, wie Zeit online schreibt. Frauen, Kinder, Folteropfer und Kranke werden nicht nach Albanien gebracht. Auch Flüchtlinge, die von zivilen Seenotrettern nach Italien gebracht werden oder die italienische Küste selbst erreichen, werden nicht nach Albanien gebracht.
Bei den Aufnahmelagern handelt es sich um italienische Einrichtungen auf albanischem Boden. Denn Italien ist nicht nur für die Verwaltung und Sicherheit zuständig, sondern übernimmt auch die “direkten und indirekten” Kosten. In den nächsten fünf Jahren kosten die beiden Lager an der Küste und im Landesinneren insgesamt etwa 670 Millionen Euro. Wie der Spiegel schreibt, handelt es sich bei dem Lager in Shengjin um das Erstaufnahmelager, in dem die Identifikation vorgenommen wird. In der Einrichtung in Gjader findet die Unterbringung in Containerdörfern statt. Die Anlagen sollen bis zu 36.000 Männer pro Jahr aufnehmen können.
Melonis Projekt wird in der Europäischen Union mit Spannung beobachtet. Am 17. und 18. Oktober kamen die Regierungschefs der Europäischen Union zu einem EU-Gipfel zusammen und redeten dort auch über die Migrationspolitik. Melonis Beispiel könnte eine Wende in der EU-Migrationspolitik einleiten.
Zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten sind unzufrieden mit der derzeitigen europäischen Migrationspolitik. Um Sicherheit für ihre Bevölkerung zu gewährleisten, führen sie selbstständig Maßnahmen durch. Die Niederlande haben wegen der Migrationskrise den Notstand ausgerufen und wollen Teile des Ausländergesetzes außer Kraft setzen. Dadurch kann die Regierung ohne Zustimmung des Parlaments Maßnahmen erlassen. So soll zum Beispiel der Familiennachzug für erwachsene Kinder eingeschränkt werden oder die Mehrfachbeantragung von Asyl soll beschränkt werden.
Lesen Sie auch:
Bundestagswahl
„Nutzer vor illegalen Inhalten schützen“: Präsident der Bundesnetzagentur erklärt seinen Kampf gegen Desinformation
Bei einer Sitzung des Sonderausschusses „Europäisches Schutzschild für Demokratie“ sagte Klaus Müller, dass die EU-Kommission prüfen werde, ob es ein „systemisches Risiko“ für Wahlbeeinflussung in Deutschland gab.„Rechtswidrige Forderungen“
„Übergriff der Regierung in Meinungsfreiheit unserer Nutzer“: X prangert Rekord-Anfragen deutscher Behörden an
Deutschland fragt so viele Nutzerdaten von X an, wie kein anderes Land in der EU – die meisten Anfragen betreffen Meinungsäußerungen. Das teilte die Plattform am Montag mit und kündigte an, gegen die „rechtswidrigen Forderungen“ vor deutschen Gerichten vorgehen zu wollen.Außerdem hat die niederländische Regierung am 18. September den Antrag für ein Opt-Out-Verfahren gestellt, um aus den Verpflichtungen zur europäischen Migrationspolitik auszutreten (Apollo News berichtete). Auch die ungarische Regierung hat am 07. Oktober eine Nichtbeteiligung bei der europäischen Asylpolitik beantragt, sollte es eine Änderung in den Verträgen der EU geben (lesen Sie mehr).
Der polnische Ministerpräsident Tusk hat angekündigt, das Recht auf Asyl zeitweise auszusetzen. Anscheinend wird es zumindest zeitweise nicht mehr möglich sein, das Recht auf Asyl zur Einreise nach Polen zu nutzen (Apollo News berichtete). Bei diesen Plänen bezog Tusk sich auf Finnland als Vorbild. Im Juli stimmte das finnische Parlament einem Gesetz zu, das es erlaubt, Migranten aus Drittstaaten an der Grenze zu Russland zurückzuweisen. Das Gesetz soll für ein Jahr gelten. Bei der Abschlusserklärung des EU-Gipfels zum Thema Migration wurde am 17. Oktober ausdrücklich die Solidarität mit Polen in dieser Situation betont. “Putin und Lukaschenko wollen Druck auf uns ausüben”, sagte von der Leyen. “Sie versuchen, die Sicherheit und territoriale Integrität Europas zu untergraben, das sind hybride Attacken durch staatliche Akteure.”
Dänemark, Schweden, Österreich, Italien, Frankreich, Slowenien und Deutschland haben Binnengrenzkontrollen eingeführt, um die illegale Migration zu beschränken. Wie das Handelsblatt am 16. Oktober berichtet, erwägt die niederländische Regierung, afrikanische Migranten, die nicht in den Niederlanden bleiben können, aber auch nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können, nach Uganda abzuschieben. Dafür soll Uganda finanziell entschädigt werden. Ein Sprecher des Entwicklungsministeriums sagte laut Spiegel, dass der Plan “noch in einem frühen Stadium” sei.
Kurzum: Die Mitgliedsstaaten wollen eine Veränderung in der europäischen Migrationspolitik, hin zu mehr Restriktion. Diesem Wunsch haben sie auch gegenüber der Europäischen Kommission Ausdruck verliehen. So haben am 07. Oktober siebzehn EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland und Frankreich, einen „Paradigmenwechsel“ in der Abschiebepraxis gefordert. Wer kein Bleiberecht habe, aber Europa nicht verlasse, müsse zur Rechenschaft gezogen werden. Am Montag, wenige Tage vor dem EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober, schickte die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen einen Brief an die 27 Regierungschefs der Mitgliedsstaaten. In diesem Brief stellt sie einen 10-Punkte-Plan zur Gestaltung der Migrationspolitik vor. So lobt sie die geplanten Abschiebelager an EU-Außengrenzen laut Merkur als “großen Erfolg”.
Die zehn Punkte enthalten unter anderem die Einführung eines neuen Gesetzes zur Abschiebung von Asylsuchenden und Asylzentren in Drittstaaten außerhalb Europas. Denn nur zwanzig Prozent der Ausreisepflichtigen werden tatsächlich abgeschoben, wie von der Leyen in dem Brief schreibt. Daher fordert sie Rückführungen “wirksam zu straffen”. Um das zu erreichen, soll die Entscheidung zur Abschiebung von allen EU-Mitgliedern anerkannt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass Migranten der Abschiebung entgehen, indem sie in einen anderen EU-Staat entweichen. In dem Brief lobt von der Leyen Melonis Asylzentren in Albanien als „Lern-Beispiel”. Die EU-Kommissionspräsidentin schreibt, dass die Abschiebezentren außerhalb der EU als “möglicher Weg vorwärts” angesehen werden könnten. “Wir sollten auch weiterhin nach Möglichkeiten suchen, was die Idee der Entwicklung von Rückführungszentren außerhalb der EU betrifft“, schreibt sie. „Mit der Inbetriebnahme des Italien-Albanien-Protokolls werden wir auch in der Lage sein, Lehren aus diesen Erfahrungen in der Praxis zu ziehen.“
Der EU-Gipfel am 17. Oktober hat es bestätigt: Ursula von der Leyen hat sich Meloni weiter angenähert, was die Migrationspolitik angeht. Deutschland, Spanien und Belgien stehen Asylzentren außerhalb der EU skeptisch gegenüber. Bundeskanzler Scholz könne mit “diesen Diskussionen wenig anfangen”, wie die Tagesschau zitiert. Jedoch steht er mit dieser Haltung eher alleine da. Wie Table.Media berichtet, veranstaltete Italiens Ministerpräsidentin am Rande des EU-Gipfels ein Treffen für Regierungschefs, die an dem Albanien-Modell interessiert sind. Schon im Vorfeld des EU-Gipfels hatte es ein solches von den Niederlanden organisiertes Treffen gegeben, an dem elf Regierungschefs teilnahmen.
An dem von Meloni organisierten Treffen auf dem EU-Gipfel nahmen fast ein Dutzend der Regierungschefs teil, unter anderem die Regierungschefs von Ungarn, Österreich, den Niederlanden und Polen. Auch die EU-Kommissionspräsidentin nahm teil. Bei dem Treffen forderte Meloni mehr Drittstaatenabkommen wie das mit Tunesien. Bei dem Abkommen mit Tunesien hat die Europäische Union zugesagt, dem Land 105 Millionen Euro zu zahlen, um gegen illegale Migration aus dem eigenen Land vorzugehen. „Und wir haben vereinbart, dass wir beim Grenzschutz, bei Rückführungen und bei der Bekämpfung der Grundursachen unter voller Achtung des internationalen Rechts zusammenarbeiten werden”, sagte von der Leyen bei der Verabschiedung des Abkommens in Tunis im Juli.
Ursula von der Leyen hat ihre rhetorische Haltung zur Migrationspolitik jedoch stark geändert. Bei ihrer Bewerbungsrede 2019 um das Amt der EU-Kommissionspräsidentin sprach sie zwar auch davon, dass illegale Migration eingedämmt werden müsse, jedoch legte sie den Fokus auf humanitäre Werte: “Die Europäische Union braucht Grenzen, an denen Menschlichkeit herrscht. Wir müssen Leben retten, aber das allein ist nicht genug.” So forderte sie, dass die Lage der Flüchtlinge durch humanitäre Korridore verbessert werden sollte. In den letzten Jahren war von verschiedener Seite immer wieder von einer „Koalition der Willigen” die Rede, wenn es um die europäische Migrationspolitik und die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen ging.
Doch das hat die Probleme nicht gelöst, sondern zu immer mehr Entzweiung geführt. Die Länder haben angefangen, auf eigene Maßnahmen zu setzen, weil eine tragfähige europäische Lösung nicht realistisch schien. Der neue Migrationspakt, der im Mai verabschiedet wurde, ist zwar ein gemeinsames Abkommen, aber Polen und Ungarn haben nicht zugestimmt. Asylsuchende, die eine geringe Chance auf Anerkennung haben, sollen ohne weitere Prüfung in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden. Allerdings sollen auch EU-Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, bis zu 20.000 Euro Strafe pro abgelehnten Asylbewerber zahlen. Bis zu 30.000 Flüchtlinge, die in Asylzentren an der EU-Grenze überprüft werden, sollen innerhalb der Europäischen Union umverteilt werden (Apollo News berichtete).
Seit 2020 steigen die Zahlen für Asylanträge jährlich. 2022 waren es etwa 965.000. Letztes Jahr waren es 1,048 Millionen Anträge. In diesem Jahr gab es bis Juni rund 513.000 Asylanträge. Die EU-Asylagentur geht auch für dieses Jahr von einer Gesamtzahl von einer Millionen Asylanträgen aus (lesen Sie mehr). Angesichts dessen ist Ursula von der Leyen darauf angewiesen, die migrationskritischen Regierungen in ihre Politik als Kommissionspräsidentin mit einzubeziehen. Zum einen ist sie auf die Zustimmung des Parlaments für ihre Vorschläge für die EU-Kommissare angewiesen. Darüber hinaus braucht sie die Zustimmung der Minister im Rat der Europäischen Union. Damit die EU nicht aufgrund der Frage der Migrationspolitik handlungsunfähig wird, braucht sie die Bereitschaft der Minister zur Zusammenarbeit.
Denn damit die Gesetzesvorschläge der EU-Kommission in Kraft treten, ist eine qualifizierte Mehrheit des Rates der Europäischen Union nötig: mindestens 15 Staaten mit 65 Prozent der EU-Bevölkerung müssen dafür stimmen. Eine Sperrminorität ist jedoch erreicht, wenn vier Ratsmitglieder mit 35 Prozent der Bevölkerung der EU dagegen stimmen. Würden Italien, die Niederlande, Ungarn und Polen sich zusammenschließen, so könnten ihre Minister sämtliche Gesetzesvorhaben blockieren.
Sie haben brisante Insider-Informationen oder Leaks? Hier können Sie uns anonyme Hinweise schicken.
liebe apollonisten,
italien: Ein italienisches Gericht hat die Einweisung von Migranten, die im Mittelmeer aufgegriffen wurden und in Albanien in ein Auffangzentrum gebracht werden, für unzulässig erklärt.
NL; HU, PL : alle vorhaben gegen migration seitens der EU untersagt.
F ,UK :Deutschland und Frankreich forderten in einem Schreiben die EU-Kommission auf, ein Migrationsabkommen mit Großbritannien in Erwägung zu ziehen. Doch bis jetzt reagierte die Institution um Ursula von der Leyen aufgrund einer Formalität nicht.
das ist keine wende !
das einzige worauf man hoffen kann, aber nicht sollte, waere -vielleicht, vielleicht- eine
etwas grosszuegigere einstellung der agenda-ursel zu migrationskritischen massnahmen , um ein meutern der mitgliedslaender zu vermeiden.
bis dato hat sie die aber alle noch recht gut unter straffer kontrolle.
Asylanträge müssen in Italien geprüft werden
Das Gericht erklärte die Inhaftierung der zwölf Migranten außerhalb der EU für unzulässig.
Begründet wurde dies damit, dass weder Ägypten noch Bangladesch ein sicheres Herkunftsland sei.
Nun werden die Männer an diesem Samstag mit einem Schiff der italienischen Marine nach Italien gebracht, vermutlich in den Hafen Bari. Dort soll dann endgültig über ihre Asylanträge entschieden werden.
Die Parteien der rechten Regierungskoalition in Italien sprachen von einem politischen Urteil einer linken Justiz.
Innenminister Matteo Piantedosi kündigte an, in Berufung zu gehen – notfalls bis vor die oberste Instanz. (zdf)
– Italienische Richter blockieren Melonis Plan, illegale Migranten über Albanien in ihre Heimat abzuschieben, nur zwei Tage nach Beginn des Programms.
670 Millionen Euro für 5 Jahre? Und dann auch noch mit mehreren Ausnahmen, die für viele Anwaltskanzleien einen super Umsatz versprechen.
Dafür bekommen wir an den EU-Außengrenzen bereits viele Kilometer Grenzzaun. Das Ganze wird genauso viel bringen, wie die Abkommen mit Ländern, die uns die Migranten vom Leib halten sollen.
Welt online:
Ernüchternde Bilanz des EU-Türkei-Abkommens: Seit 2016 hat Ankara gerade einmal 2140 Migranten von den griechischen Inseln zurückgenommen. Die Kosten belaufen sich damit auf fast 4,7 Millionen Euro pro Migrant. Im Gegenzug nahm die EU mehr als 37.000 Flüchtlinge auf.
Eine Wende wäre nur möglich, wenn der Druck auf EU Kommission und die jeweilige nationale Regierung erhöht wird. Etwa durch große Demonstrationen, europaweit. Anders rührt sich da nichts. Wenn ich an die Städte und Gemeinden denke, denen das Wasser längst bis zum Hals steht, würde man mit lauten Demos wohl offene Türen einrennen. Da wäre man vermutlich froh, wenn es Unterstützung aus der Bevölkerung gäbe.
Man liest hier nur über Absichtserklärungen und mögliche weitere gesetzte und immer wieder Geldzahlungen, um uns die Illegalen vom Halse zu schaffen.
Wir haben gesetze wie Dublin-II-Abkommen – wenn man sich an getroffene Vereinbarungen nicht hält und bestehende Gesetze umsetzt, dann braucht’s auch keie weiteren Gesetze.
Hier muß der Resetknopf gedrückt werden.
Alle im Abschiebstatus befindlichen Immigranten rückführen, illegal Eingereiste, die ihre Herkunft verschleiern oder die Behörden durch Falschangaben zu täuschen, sind grundsätzlich abzuweisen,
Straftäter sowieso.
Nur so wird ein Schuh draus und man der Lage Herr – meine Meinung.
Alles andere ist schnullibulli.
„Frauen, Kinder, Folteropfer und Kranke werden nicht nach Albanien gebracht. Auch Flüchtlinge, die von zivilen Seenotrettern nach Italien gebracht werden oder die italienische Küste selbst erreichen, werden nicht nach Albanien gebracht.“ Diese Praxis hätte von Faeser stammen können.
Würden Italien, die Niederlande, Ungarn und Polen sich zusammenschließen, so könnten ihre Minister sämtliche Gesetzesvorhaben blockieren.
Na dann wollen wir mal das Beste für Europa hoffen…
Leider könnten die 4 Länder nicht den bereits bestehenden Gesetzes-Irrsinn aufheben, sondern nur neue Wahnvorstellungen blockieren.