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„David gegen Goliath“

Klage gegen BioNTech in Hessen: der schwere Weg der Impfgeschädigten

Wer Schmerzensgeld wegen eines Covid-Impfschadens fordert, muss sich auf einen steinigen Weg gefasst machen. Trotzdem hat nun das Verfahren einer Klägerin in Hessen begonnen. Sie leidet wie so viele an einem Herzschaden und anhaltender Schwäche – weil die Gerichte keine Gutachten einholen, werden die Nebenwirkungen aber meist nicht anerkannt.

Deutschlandweit wurden 65 Millionen Menschen gegen Covid-19 geimpft. Nun gibt es wegen Nebenwirkungen tausende Klagen gegen die Impfstoffhersteller vor deutschen Landgerichten. Aber nur vereinzelt wurde im vergangenen Jahr über Klagen gegen Impfstoffhersteller vor Gericht diskutiert – immer mit einem Ergebnis: Die wohl impfgeschädigten Kläger konnten bisher keine nennenswerten Erfolge erzielen. Jetzt ist auch in Hessen der erste Prozess gegen das deutsche Arzneimittelunternehmen BioNTech gestartet. Eine Frau fordert Schmerzensgeld in Höhe von 150.000 Euro.

Doch die Erfolgsaussichten sind gering, die Verhandlungsdauer lang und der Eigenaufwand enorm; das kostet Kraft und Lebensenergie. So dürfte es auch der hessischen Klägerin gehen, die vor dem Landgericht Frankfurt am Dienstag behauptete, sie habe durch eine zweifache Impfung mit dem Impfstoff „Comirnaty“ im Frühjahr 2021 einen Herzschaden erlitten und leide an Konzentrationsstörungen sowie Leistungseinbußen. Die Frau, die vor ihrer Immunisierung Ausdauersport betrieben hatte, gibt an, sie könne heute nicht einmal mehr zwei Kilometer laufen.

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Richter und Verteidiger spielen Anklagen herunter

Über ähnliche Symptome beklagten sich auch zahlreiche Kläger, die bereits im vergangenen Jahr Schmerzensgeld erwirken wollten. In den meisten Fällen wird den Herstellern, in diesem Fall BioNTech, vorgeworfen, nicht ausreichend über mögliche Nebenwirkungen informiert zu haben. Außerdem soll das Pharmaunternehmen bewusst falsche Tatsachen behauptet und eigene Fehler im Nachhinein nicht ausreichend kommuniziert haben.

BioNTechs Zurückhaltung bei der Beschreibung des eigenen Produkts hätte zudem fälschlicherweise suggeriert, dass der Impfstoff vor einer Übertragung von Covid-19 schütze. Das behaupten die Anwälte der Klägerin von der Kanzlei Rogert & Ulbrich, die durch ihre Aktivitäten in sozialen Netzwerken und Äußerungen zu Covid-19 oftmals in eine verschwörerische Ecke gestellt wurden.

Die Richterin wollte diese Argumente entkräften, in dem sie sagte: „Es ist nicht richtig, dass der Impfstoff gegen eine Übertragung schützen muss, sondern gegen über­tragene Krankheiten.“ Dabei verkündete der Gründer von BioNTech, Uğur Şahin, im Februar 2021: „Die Zahl der Menschen, bei denen der Corona-PCR-Test positiv ausfällt und die somit potenziell ansteckend sind, geht nach der Impfung um 92 Prozent zurück.“ Ein eindeutiger Übertragungsschutz wurde zwar nicht bewiesen, dennoch aber das Narrativ gebildet, die Vakzine würden vor einer Ansteckung schützen. Die Richterin hat den Punkt der Klägerin also gar nicht richtig verstanden.

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Dass ein Übertragungsschutz gar nicht gewährleistet wird, wurde von den zuständigen Behörden erst vor einigen Monaten veröffentlicht (Apollo News berichtete). Auch die Anwälte der Kanzlei White & Case LLP, die BioNTech in allen Klagen deutschlandweit vertreten, nahmen die Vorwürfe nicht ernst und warfen Rogert & Ulbrich vor, irreführende Behauptungen aufzustellen und „für die Medien bewusst plakativ“zu präsentieren, schreibt die FAZ.

Gerichte wollen keine unabhängigen Einschätzungen

Andererseits zeigen sich die Anwälte von White & Case LLP uneinsichtig und auch fehlende Empathie seitens der Richter erschwert den Klägern die Beweisdarlegung. „Das ist wie David gegen Goliath“, sagte Joachim Cäsar-Preller, der als Anwalt in rund 1000 Fällen wegen eines Impfschadens aktiv ist, der Tagesschau. Die entscheidende Frage sei immer, ob ein Symptom tatsächlich durch die Impfung hervorgerufen wurde, also ob eine Kausalität besteht, erklärt Cäsar-Preller.

Doch statt unabhängige Gutachten einzuholen, greifen die Richter oftmals auf die positive Nutzen-Risiko-Abwägung der Europäischen Arzneimittelkommission (EMA) zurück und begründen damit ihr ablehnendes Urteil. „Das bedeutet dann, dass die Zulassung eines Arzneimittels durch die Behörde reicht, um Schadenersatzklagen gegen den Hersteller zu verhindern“, kritisierten Rogert & Ulbrich bereits im vergangenen November.

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Meistens wird also nicht individuell geurteilt, sondern pauschal abgewiesen. Man könnte meinen, die Impfschäden seien ein einfach hinnehmbarer Kollateralschaden. Denn auch die von Klägern selbstständig eingeholten Einschätzungen und Informationen werden oftmals mangels fehlender Transparenz oder indifferenter Darstellung abgewiesen. So habe ein Kläger vor dem Landgericht Rottweil „nicht verifizierte“ Meldungen aus dem Internet übernommen. Aber trauen die Richter sich vielleicht einfach nicht, über den Tellerrand zu blicken?

Das staatliche Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hilft den Klägern auch nicht weiter: zwar kann man hier seit Impfbeginn Ende 2020 Nebenwirkungen melden, derartige Verdachtsfälle wurden aber vom PEI kaum bearbeitet, mögliche Nebenwirkungen also nicht an Arztpraxen weitergegeben. Ärzten fiel es deshalb möglicherweise schwer, eine Erkrankung als Folge der Impfung einzuschätzen.

Mangelnde Anerkennung

Und wenn eine solche Einschätzung durch den Arzt nicht zustande kommt oder etwaige Gutachter wegen fehlender Informationen keinen Zusammenhang zwischen Impfung und Folgeerkrankung erkennen können, wird es auch schwer einen Impfschaden anerkennen zu lassen. Und ohne einen amtlich anerkannten Impfschaden wird auch die Argumentationskette vor Landgerichten dünn.

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Die Anerkennung eines Impfschadens geht aber nur spärlich voran – gerade einmal die Hälfte aller Anträge sind bearbeitet und nur 467 Fälle amtlich bescheinigt (Apollo News berichtete). Das PEI sammelte mindestens 55.000 mögliche Verdachtsfälle schwerwiegender Impfnebenwirkungen. Wie viele davon tatsächlich ein Recht auf Entschädigung hätten, hat das PEI wie schon erwähnt bis heute nicht geklärt und somit den Betroffenen auch die Chance genommen, ihre Klagen mit staatlich fundierten Beweisen zu stützen.

Andererseits zeigt der Staat auch kein übergroßes Interesse an einer Aufklärung beziehungsweise Rechtsprechung zuungunsten der Impfstoffhersteller. Die Pharmaunternehmen wie BioNTech und Pfizer waren klug genug, eine Haftungsklausel in den Verträgen mit der Europäischen Union zu verankern; sollten die Impfstoffhersteller für schuldig befunden werden, so muss der jeweils betreffende EU-Staat die Kosten übernehmen – auch die Anwälte werden von Steuergeldern bezahlt.

„Man ist fürs Leben gezeichnet“

Die bisher bekannten Klagen vor den Landgerichten in Düsseldorf, Mainz, Rottweil und Hof blieben allesamt erfolglos. Mögliche Berufungsverfahren werden vor den Oberlandesgerichten ausgetragen, so wie es bei der Klage aus Hof ist, für welche das OLG Bamberg ein Gutachten einholen ließ.

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Die letzte Instanz wäre der Bundesgerichtshof, doch hier gab es bislang keine Rechtsprechung. Das mag mitunter daran liegen, dass die Verfahren vor den Landgerichten mit zahlreichen Absagen und langen Wartezeiten verbunden sind. Dennoch ziehen tausende vermeintlich Impfgeschädigte vor Gericht. „Was bleibt einem sonst anderes übrig? Man ist fürs Leben gezeichnet“, moniert Cäsar-Preller.

Der Prozess in Hessen wird Mitte Februar fortgesetzt. Das Gericht wägt ab, ob es die Beweisanträge beider Seiten, in denen es um die Prüfung der auf den Markt gebrachten Chargen des Impfstoffes durch das PEI geht, zulässt.

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