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„Alice für Deutschland“ und „Pepe der Frosch“: Die absurdesten Beispiele im AfD-Gutachten

Das Verwenden eines Frosch-Emojis oder des Spruchs „Alice für Deutschland“ soll verfassungswidrig sein. Apollo News zeigt die absurdesten Begründungen, mit denen der Verfassungsschutz die AfD als „gesichert rechtsextrem“ einstufen will.

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„Pepe der Frosch“ hat es auch in das Verfassungsschutz-Gutachten geschafft.

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Auf 1.100 Seiten wollte das Bundesamt für Verfassungsschutz der AfD eine „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ unterstellen. Wirklich einschlägige Beispiele hat die Behörde in dem eigentlich als Zitatesammlung zu verstehenden Gutachten kaum geliefert, schon gar nicht interne Quellen. Stattdessen wechseln sich halbgare Beiträge aus sozialen Medien mit skandalisierten Aussagen von Landes- und Bundespolitikern der AfD ab.

Unterteilt ist das jetzt vom Cicero veröffentlichte Gutachten in mehrere Kapitel, Kategorien und Unterpunkte. Von der Menschenwürde über das Demokratie- bis zum Rechtsstaatsprinzip. Besonders fragwürdig sind die Dokumentationen von angeblich verfassungswidrigen Äußerungen im Bereich der Islam- und Migrationskritik sowie der Meinungsfreiheit. So wird im Kapitel zum Demokratieprinzip der sächsische AfD-Vorsitzende Jörg Urban aufgeführt, der 2022 die Meldestruktur von vermeintlich kritischen Aussagen kritisierte.

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Am 23. Juli 2022 schrieb Urban auf Facebook: „Das Ziel dieser neuen Sprachpolizei ist klar: Den Bürgern wird signalisiert, dass sie unter Beobachtung stehen, dass kritische politische Äußerungen erfasst und gesammelt werden. […] Die Regierung setzt also, auch wenn kein juristisches Vergehen vorliegt, auf Einschüchterung – auf totalitäre Methoden, wie wir sie z.B. aus der DDR kennen.“ 

Der Verfassungsschutz vermerkte unter dem Punkt „Gleichsetzungen mit kommunistischen Systemen“, Urban habe der Bundesregierung damit totalitäre Methoden vorgeworfen und einen Vergleich zur DDR gezogen. Mit der Aufnahme in das Gutachten bestätigte der Verfassungsschutz jedoch mehr oder weniger die Befürchtung des AfD-Politikers, kritische Aussagen könnten von Regierungsbehörden gesammelt werden, auch wenn diese nicht juristisch relevant sein dürften.

Verfassungsschutz kritisiert Weidel, weil sie die Verwendung des Begriffs „Schwachkopf“ für Meinungsfreiheit hält

In einem anderen unter dem Punkt „Nutzung von Begriffen wie ‚Systempartei‘, ‚Kartellpartei‘, ‚Blockpartei‘“ festgehaltenen Vorgang kritisiert der Verfassungsschutz Alice Weidel für ihre Äußerungen in der „Schwachkopf“-Affäre. Weidel hatte in einem Video, das auf einer Wahlkampfveranstaltung im Februar gezeigt worden war, die Verwendung des Begriffs verteidigt (mehr dazu hier).

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„Das gehört zur Meinungsfreiheit dazu. Und ich finde, man darf das nicht verbieten. Wenn jemand die Meinung hat, dass ein anderer keine Ahnung hat – wie ein Kinderbuchautor von Wirtschaft und Energie – dann darf er doch ‚Schwachkopf‘ sagen“, erklärte die AfD-Bundesvorsitzende. Außerdem kritisierte sie das Vorgehen der Behörden: „Das ist ein Element der Einschüchterung“, sagte Weidel und weiter: „Das kennt man aus der DDR, dann ist man da gleich nach Hohenschönhausen geschafft worden.“

Der Verfassungsschutz zitiert diese Ausführungen nicht nur, sondern wirft Weidel vor, Robert Habeck – der im Mittelpunkt der „Schwachkopf“-Affäre steht –„diffamiert“ und der Beleidigung des ehemaligen Wirtschaftsministers als „Schwachkopf“ zugestimmt zu haben. Außerdem würde sie Habeck unterstellen, „die Strafanzeige wegen Beleidigung als Einschüchterung analog zu den Methoden der damaligen DDR anzuwenden.“

Weil Weidel aus ihrer Kindheit erzählt, ist sie „muslimfeindlich“

Weidel, die in dem Gutachten oft Erwähnung findet, kommt auch an einer anderen Stelle unter dem Punkt „Muslim- und islamfeindliche Aussagen und Positionen“ vor: Weil sie im Oktober 2023 in einem Interview aus ihrer Kindheit erzählte und dahingehend negative Erfahrungen mit muslimischen Mitbürgern in ihrem ostwestfälischen Heimatdorf resümierte, vermerkt der Verfassungsschutz: „Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit Weidel retrograd persönliche Erlebnisse aus der eigenen Jugendzeit gleichsam konstruiert, um sie in ein bis in die Gegenwart reichendes muslimfeindliches Gesamtnarrativ einzufügen.“

Die Behörde deutet also zunächst an, sie hält es für möglich, dass Weidel ihre Erfahrungen angepasst hat, um dadurch auf aktuelle Entwicklungen einzuwirken. „Es ist jedenfalls bemerkenswert“, meint der Verfassungsschutz, „wie sie Erinnerungen als Teenagerin aus den 1990er Jahren sowohl ideologisch als auch sprachlich in einen neurechten ethnopluralistischen Kontext integriert“. Es wirkt für den Inlandsgeheimdienst „so als ob sie bereits im jungen Alter die selbstverständliche Idee von einer vermeintlich unüberbrückbaren Kulturfremdheit gehabt und auch so benannt haben könnte“.

Ob Weidels Aussagen tatsächlich stimmen, tut der Verfassungsschutz dann als zweitrangig ab, weil sich durch die Schilderungen ein Gesamtbild zeigen würde,„das migrantische Jugendliche kollektiv zu nicht steuerbaren ‚Horden‘, zu inkompatiblen Kulturfremden und zu einer ständigen Bedrohung herabwürdigt“.

Aus der Darstellung von Weidel leitet die Behörde ab, sie halte muslimische Migranten für „nicht integrierbar“, weil diese „unveränderlich einen ständigen Gefährdungsfaktor für das deutsche Volk“ darstellen. Der Verfassungsschutz schlussfolgert: „Mit ihrer Agitation exkludiert die AfD-Co-Bundessprecherin in menschenwürdewidriger Weise eine gesamte Bevölkerungsgruppe.“

Die AfD wolle ein „Bedrohungsszenario“ schaffen, weil sie vor falschen Versprechen an Migranten warnt

Auch die Gesamtpartei wird in dem Unterpunkt „Zusammenhang zwischen Herkunft und Gewaltneigung“ unter die Lupe genommen. In ihrem Grundsatzprogramm soll sie nahelegen, „die von Ausländern oder Geflüchteten ausgehende Kriminalität werde von anderen Parteien verschleiert“, meint der Verfassungsschutz. Der Abschnitt des Parteiprogramms „Einwandererkriminalität – nichts verschleiern, nichts verschweigen“ würde eine derartige Interpretation zulassen.

„Millionen Menschen aus anderen Kulturkreisen ohne die für eine Integration erforderlichen Qualifikationen werden mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt. In ihrer Heimat haben sie alle Brücken abgebrochen. Enttäuschte Hoffnungen auf Wohlstand bergen die Gefahr, dass viele in die Kriminalität abgleiten“, zitiert der Verfassungsschutz aus dem Programm.

Hier würde die Partei insinuieren, „dass ‚viele‘ dieser ‚Millionen Menschen‘ kriminell würden, und zeichnet dadurch bereits ein Bedrohungsszenario, das geeignet ist, generelle Ablehnung gegenüber Migranten ‚anderer Kulturkreise‘ hervorzurufen“, schlussfolgert der Inlandsgeheimdienst ohne einen weiteren Beleg für diese Interpretation.

Ähnlich läuft es des Weiteren bei einer Aussage des nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten Klaus Esser. „Deutsche werden Opfer derer, denen sie gutmütig helfen wollten! Eine Auswertung des BKA hat ergeben, dass legale und illegale Asylzuwanderer weit mehr Gewaltverbrechen an Deutschen begehen als andersherum“, schrieb Esser auf Telegram.

Und weiter: „Das Missverhältnis wird sowohl bei Tötungsdelikten als auch bei Sexualverbrechen und anderen Gewalttaten offenkundig. Würde zusätzlich noch differenziert, wie lange Täter mit deutschem Pass bereits die Staatsbürgerschaft besitzen, wäre das Bild wahrscheinlich noch eindringlicher.“

Obwohl die Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) den faktisch überprüfbaren Teil dieser Aussagen unterstreichen, ist sich der Verfassungsschutz sicher: „Esser schreibt autochthonen Deutschen damit grundsätzlich die Opferrolle zu, während er Asylsuchenden wie auch Deutschen mit Migrationsgeschichte angesichts ihrer ethnischen Herkunft einen stärker ausgeprägten Hang zu Kriminalität unterstellt. Damit unterstellt er zugewanderten Personen kriminelle Eigenschaften allein auf Basis ihrer Herkunft und setzt sie auf diese Weise in ihrer Menschenwürde herab.“

Rassistische Aussagen: Internetphänomen wird zum rechten Erkennungszeichen umgedeutet

Auch sogenannte Memes spielen in dem AfD-Gutachten eine Rolle. So führt der Verfassungsschutz auch einen Facebook-Beitrag der AfD Offenbach-Land vom 18. Oktober 2023 an. Hier wurde gefordert: „Die einzige Lösung, um konsequent gegen Antisemitismus und Gewalt auf den Straßen vorzugehen, ist Remigration“. Doch dabei blieb es laut dem Verfassungsschutz nicht.

Dieses Meme katalogisiert der Verfassungsschutz, weil „Pepe der Frosch“ ein rechtes Erkennungsmerkmal sein soll (Quelle: Cicero).

„Der Beitrag wurde begleitet von einer Grafik mit mehreren Flugzeugen, die mit dem Wort ‚Remigration‘ beschriftet sind. Daneben ist das Abbild von ‚Pepe the frog‘ zu sehen, ein Meme, das von der US-amerikanischen Anti-Defamation League als Hasssymbol qualifiziert wird“, vermerkt die Behörde. Dabei ist „Pepe the frog“ ein gängiges Internetphänomen, das sich auch unabhängig von politischer Gesinnung in der Popkultur großer Beliebtheit erfreut.

Rassistische Aussagen: Comic-Figuren werden zu „nicht-weißen Menschen“ uminterpretiert

In dem Gutachten finden sich weitere Bilder, die zwar nicht als Meme geteilt, jedoch vom Verfassungsschutz bewertet und offenbar auch falsch interpretiert wurden. Vom Bundesverband der AfD findet sich beispielsweise eine Szene aus im August 2024 geteilten YouTube-Videos, die in ihrer „Bildsprache geeignet sind, Angst und Ablehnung gegen nicht-weiße Menschen zu schüren“, hält der Verfassungsschutz fest.

Diese Szene soll sich gegen „nicht-weiße Menschen“ richten (Quelle: Cicero).

„In einem Video, welches zwischen den Auftritten der einzelnen Redner auf der Veranstaltung abgespielt wurde, ist mutmaßlich eine Schülerin abgebildet, welche von in schwarzer Farbe dargestellten Personen im Hintergrund als beobachtet und bedroht dargestellt wird“, heißt es weiter. So könnte die Szene zwar ausgelegt werden – dass in Comics und Cartoons bedrohliche Personen unabhängig von ihrer Herkunft immer dunkel dargestellt werden, ignoriert die Behörde aber.

„Katastrophenmetaphern“: Verfassungsschutz nimmt Welle als Symbol für Migration ins Visier

Ähnlich frei interpretierend geht der Verfassungsschutz im Falle einer Grafik des Berliner Abgeordneten Gunnar Linnemann vor. Dieser hatte am 28. Dezember 2022 auf Facebook die Migrationspolitik der Hauptstadt kritisiert: „Die linksgrünen Fanatiker im Berliner Senat haben offenbar jedes Augenmaß verloren. Mit ihren Aufnahmeexzessen zerstören sie jede Möglichkeit für ein friedliches Zusammenleben in unserer Stadt. Am Ende dieses Amoklaufs wird es nur Verlierer geben.“

Dieser Welle attestiert der Verfassungsschutz eine zerstörerische Kraft (Quelle: Cicero).

Dazu veröffentlichte er die entsprechende Grafik mit der Überschrift: „SPD, Linke und Grüne fluten Berlin mit Flüchtlingen!“ Der Verfassungsschutz dokumentierte nicht nur den Beitrag an sich, sondern auch einen Interpretationsansatz: „Die in der Grafik bildlich dargestellte Welle ist von einem solch gigantischen Ausmaß, dass sie die vollständige Zerstörung der Stadt Berlin scheinbar in kürzester Zeit herbeiführen könnte. Dieses Bild zielt offensichtlich darauf ab, Migration als ultimative Bedrohung darzustellen und ist damit geeignet, Ängste und Ablehnung gegenüber Zugewanderten hervorzurufen.“

Das Wort „Biodeutsche“ wird angeprangert – obwohl der Begriff gar nicht von der AfD stammt

Weil der Brandenburger Landtagsabgeordnete Lars Jünich im Januar einen Beitrag teilte, in dem zwischen „Menschen mit Migrationshintergrund“ und „Biodeutschen“ unterschieden wurde, notiert der Verfassungsschutz in dem Unterpunkt „Grundsätzliche Unterscheidung zwischen Deutschen mit Migrationsgeschichte und autochthonen Deutschen“: Diese Gegenüberstellung sei „Ausdruck der biologistisch-rassistischen Grundannahme, dass die ethnische Abstammung eines Menschen unabhängig von der Staatsbürgerschaft die tatsächlich ausschlaggebende Komponente darstelle“.

Das Wort „Biodeutsche“ war schon im Originalbeitrag in Anführungszeichen geschrieben worden, denn es ist längst keine Erfindung der AfD. Verwendet wurde es bereits vor knapp 30 Jahren – auch von der taz. Auch die seit 2022 als Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung tätige Ferda Ataman nutzte das Wort in einem Interview mit der Zeitung im Jahr 2019.

Nationalsozialistisch geprägter Sprachgebrauch: Aus „Alles“ wird „Alice für Deutschland“

Auch eine andere Begrifflichkeit stößt dem Inlandsgeheimdienst auf: An mehreren Stellen wird der Satz „Alice für Deutschland“ aufgeführt, der nach der Verurteilung von Björn Höcke wegen der Verwendung des Satzes „Alles für Deutschland“ (Apollo News berichtete) Beliebtheit bei AfD-Politikern erlangt hatte. Er bezieht sich auf Weidel und deren Bestreben als Kanzlerkandidatin für die AfD.

Eingeordnet wird der Satz unter der Kategorie „Nationalsozialistisch geprägter Sprachgebrauch“, weil er von „Alles für Deutschland“ abgeleitet worden sei. Der Originalspruch wurde unter anderem von der Sturmabteilung der NSDAP verwendet und deshalb vom Landgericht Halle als verfassungsfeindliche Parole nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches, das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, eingestuft.

Der Verfassungsschutz bemängelt jetzt, die AfD setze sich „also weiterhin nicht kritisch mit der SA-Losung ‚Alles für Deutschland‘ auseinander. In offensichtlich provozierender Absicht wurde vielmehr die phonetisch nahezu gleichlautende Formel ‚Alice für Deutschland‘ auf Wahlkampfveranstaltungen und auch auf dem jüngsten Bundesparteitag vom Bundesvorstand selbst umso häufiger verwendet und skandiert“.

Vermeintliche „Aushöhlung demokratischer Prozesse“ 

Während im Kapitel zu antisemitischen Aussagen oftmals Vergleiche der Judenverfolgung mit der Einschränkung ungeimpfter Personen in der Corona-Pandemie kritisiert werden, gibt es im Kapitel zum Demokratieprinzip ähnliche Auflistungen. Wenngleich AfD-Politiker in ihren Aussagen teilweise vor einem Abdriften in totalitäre Verhältnisse warnen, wird ihnen hier vorgeworfen, verfassungswidrig zu handeln.

So hielt etwa der damalige Vorsitzende der Jungen Alternative und jetzige Bundestagsabgeordnete, Hannes Gnauck, im Januar 2022 auf einer Demonstration fest: „Und wir sagen ,Nein‘ zur Aushöhlung unserer Demokratie und dem Abdriften dieser Regierung in ein totalitäres Regime. Und gleichzeitig, liebe Freunde, sind wir heute hier, um ‚Ja‘ zu sagen. Wir sagen ,Ja‘ zur Volksherrschaft, zu wahrer Demokratie.“

Für den Verfassungsschutz stellt das offenbar eine nicht vertretbare Äußerung dar. In der Einleitung zu dem Unterpunkt „Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie“ – in dem auch die Aussage von Gnauck landete – erklärt die Behörde: „Die AfD knüpfte bei der Beschreibung des deutschen Staates als Diktatur oder Regime an das behördliche Agieren während der COVID-19-Pandemie an und versuchte, ihre – das politische Handeln delegitimierenden – Narrative insbesondere durch eine verzerrte Darstellung der COVID-19-Schutzmaßnahmen zu untermauern.“

Antisemitische Aussagen: Der Christ Bill Gates wird unter Antisemitismus aufgelistet

Schwierig wird es im Unterpunkt „Antisemitische Aussagen und Positionen“ – wenngleich auch hier handfeste Belege oftmals fehlen, was der Verfassungsschutz so auch einsieht. Dennoch schreibt die Behörde: „Im Wesentlichen äußerten sich antisemitische Haltungen oder Positionen in der AfD – gleichsam mittelbar – über die Verwendung antisemitisch konnotierter Chiffren. Besonders kommt dies in der Bezugnahme auf jüdische oder von den Äußernden jüdisch gelesene Personen wie George Soros oder Bill Gates oder etwa in der Erzählung von einem angeblichen ‚Great Reset‘ oder ‚(globalistischen) Finanzeliten‘ zum Ausdruck.“

Gates ist nicht jüdisch – das weiß auch der Verfassungsschutz. An anderer Stelle erklärt er: „Obwohl Bill Gates selbst kein Jude ist, wird ihm im Kontext antisemitischer Verschwörungstheorien aufgrund seines scheinbar übermächtigen Einflusses ein ‚Jüdischsein‘ unterstellt.“ Das entnimmt der Inlandsgeheimdienst dem eigenen „Lagebild Antisemitismus 2022/23“.

AfD soll „Ethnie als relevantes Kriterium bei der Bewertung der Straftaten“ ansehen

Neben den interpretierten Bildbeiträgen gibt es auch weitere Bewertungen von schriftlichen Äußerungen. So hat der Inlandsgeheimdienst beispielsweise einen Facebook-Beitrag des Bundesverbandes der AfD vom 12. August 2024 unter dem Punkt „Vertreten eines ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriffs“ gesammelt, der „angesichts eines Anstiegs der Messergewalt“ verfasst worden sein soll.

„Die Mehrheit der von der Bundespolizei erfassten Messer-Tatverdächtigen (51,6 %) sind Ausländer. Die Zahl der tatverdächtigen deutschen Staatsbürger mit ‚Migrationshintergrund‘ wird dabei noch nicht einmal erfasst“, hieß es in dem Beitrag. Der Verfassungsschutz wirft dem Bundesverband deshalb vor, „eine Unterscheidung in ethnisch Deutsche und solche mit Migrationsgeschichte“ vorzunehmen und zum Ausdruck zu bringen, „dass er die Ethnie als relevantes Kriterium bei der Bewertung der Straftaten erachtet“.

AfD-Beitrag vertretbar – doch der Verfassungsschutz wendet dann eine andere, verfassungswidrige Interpretation an

Dass der Verfassungsschutz gezielt nach einer für die AfD negativ auszulegenden Interpretation von öffentlichen Aussagen und Beiträgen gesucht hat, zeigt sich auch im Unterpunkt „Ethnisch-abstammungsmäßige Aussagen und Positionen“, wo ein Facebook-Beitrag vom 9. Februar 2023 dokumentiert wird. Hier legte die Bundestagsfraktion der AfD dar, wie sie sich ein neues Staatsbürgerschaftsrecht vorstelle: „Staatsbürgerschaft braucht Identifikation, Deutschland braucht Deutsche!“

Dann präsentierte die AfD-Fraktion ihre Vorstellung: „Wir fordern eine Rückkehr zum vor dem Jahr 1991 geltenden Rechtszustand. Einbürgerungen müssen im Grundsatz wieder als rechtlich gebundene Ermessensentscheidung im Einzelfall erfolgen. Dabei müsse die Ermessensausübung der einbürgernden Behörde davon geleitet sein, nur solche Einbürgerungen vorzunehmen, durch die das Gemeinwesen durch Hinzufügung eines loyalen Neubürgers im politischen Sinne gestärkt wird“, schrieb die Partei.

Weiter hieß es, „die Gesetzgebung zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts seit 1990 hat ein erhebliches Maß zumindest potenzieller Loyalitätskonflikte in die Bundesrepublik Deutschland als politisches Gemeinwesen hereingetragen und deren inneren Zusammenhalt im Ganzen geschwächt“. Der Verfassungsschutz lässt das zunächst so gelten – präsentiert jedoch zwei Interpretationsansätze, um die Aussagen so doch noch zu verurteilen.

Einerseits könnte diese Aussage so „verstanden werden, dass sie darauf abzielt, nur solche Personen einzubürgern, die ‚loyale Neubürger im politischen Sinne‘ sind“. Andererseits wäre eine solche Äußerung verfassungsfeindlich, wenn „sie die Botschaft enthielte, die Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft, die nicht nur in ganz eng definierten Einzelfällen erfolgt, sei an sich zersetzend“.

Für den Verfassungsschutz ist klar: „So kann die Aussage auch verstanden werden, insbesondere im Zusammenhang mit einem Beitrag des Bundesverbands der AfD, den dieser am 3. Oktober 2023 auf Facebook veröffentlichte.“ Statt also einen angeblich verfassungswidrigen Inhalt auf den Beitrag an sich zurückzuführen, zieht der Verfassungsschutz als Hilfestellung einen komplett anderen Beitrag heran.

Dort wurde zum Tag der Deutschen Einheit die „postnationalen, identitätslosen Zerfallsgesellschaften des Westens“ von der AfD kritisiert, schreibt der Verfassungsschutz. „Hier kommt dann doch die Botschaft zum Ausdruck, autochthone Deutsche könnten sich per se immer miteinander identifizieren oder ‚politisch loyal‘ sein und Deutsche mit Migrationsgeschichte könnten dies eben nur in Ausnahmefällen“, meint der Inlandsgeheimdienst.

Das Bundesamt behauptet dann sogar, diese Interpretation sei auch auf den oben beschriebenen Beitrag anwendbar. „Diese Abwertung bringt das Verständnis von Deutschen ‚erster und zweiter Klasse‘ zum Ausdruck“, heißt es abschließend. Ein ähnliches Vorgehen offenbart der Verfassungsschutz auch an zahlreichen anderen Stellen: erst merkt er selbst eine Relativierung durch den betroffenen AfD-Politiker an, um dann eine andere Interpretationsmöglichkeit herbeizuziehen.

Fazit

Diese Liste umfasst nur einige wenige Beispiele. Tatsächlich wirken zahllose der auf 1.117 Dokumentseiten aufgeführten Vorwürfe konstruiert, oft auch halbherzig. Mit der Veröffentlichung dieses Gutachtens dürfte daher deutlich werden: Die Hochstufung der AfD war voreilig. So hat nicht nur der Bundesverfassungsschutz das Vertrauen in sein Handeln beschädigt, sondern künftige Diskussionen über die anzuwendende Härte bei der Überprüfung von Parteien provoziert. Wenn dieses Gutachten der Maßstab für eine Einstufung als extremistische Bestrebung ist, dann müsste man letztlich auch Union, SPD, Linke und Grüne ins Visier nehmen. 

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109 Kommentare

  • Nun, dieses „Gutachten“ ist weder ein Witz noch ein Beleg für die Inkompetenz des Verfassungsschutzes.

    Es ist vielmehr ein semantischer Geniestreich!

    Alles was darin steht, was zitiert, kolportiert und damit erst einer größeren Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde, soll nun als „gesichert rechtsextrem“ gelten oder dafür gehalten werden.

    Deshalb war die sukzessive „Veröffentlichung“ kein Systemfehler oder Geheimnisverrat, sondern gezielte, beabsichtigte Taktik, um das Gutachten unters Volk zu bringen.

    Und alle – ausnahmslos alle – Medien, auch die „alternativen“ wie Apollo-News springen, wenngleich aus unterschiedlichen Beweggründen und mit abweichenden Interpretationen über dieses Stöckchen, das ihnen der Verfassungsschutz und Fancy Naeser hingehalten haben:
    1) Geheimdokument angekündigt und Interesse geweckt.
    2) Dokument angeblich geleaked.
    3) Umfassende Veröffentlichung und Diskussion erzeugt.
    4) Maximale Wirkung entfaltet.

    82
  • Jeder blamiert sich, so gut er kann. 🙂 🙂

    58
  • Eine extrem dünne ‚Faktenlage‘, die einzig der von Faeser angewiesenen Rechtfertigung des Nachweises einer Verfassungsfeindlichkeit dient. Das aufgebläht auf über 1000 Seiten, um Eindruck vor einer indoktrinierten Öffentlichkeit zu schinden, durchgestochen an linke Medien, die dann lächerliche Beispiele veröffentlichen. Das ganze Pamphlet erweist sich nun offenkundig als haltlose Sammlung von Nichtigkeiten. Ich bin absolut fassungslos über die eines Rechtsstaates unwürdigen Methoden der Regierung, deren Demokratieverständnis aus DDR-Zeiten stammt. Und ja: Solche Übergriffigkeit erzeugt Angst, weil diese Leute vor nichts zurückschrecken. Deutschland 2025 – noch eine Demokratie? Zumindest gleiten wir immer weiter in eine furchterregende Zwischenwelt ab.

    62
  • Die ganze VS-Behörde gehört von Grund auf saniert.

    36
  • Der passende Film über den Verfassungsschutz wäre dieser: „Ein Käfig voller Narren“

  • Ich muss noch kurz das Meme ausdrucken…bin nämlich Geheimagent.

    26
  • Ich empfehle mal die zu diesem Themenkomplex verfassten Leserkommentare der ZEIT und der SZ zu lesen. Ich befürchte das der Graben in der Gesellschaft derart tief und unüberbrückbar ist, das ein gedeihliches Miteinander nicht mehr möglich ist.

  • Ein gutes hat es ! Der VS und somit die Linke Politik hat mit 1100 Seiten Gutachten , eindrucksvoll gezeigt , das sie nichts , aber auch gar nichts haben , was die AfD als Rechtsextrem ausweisen kann ! Somit sollte auch die ganze Debatte um ein AfD Verbot beendet sein ! Beendet sollten nun auch die ständig gemachten Vorwürfe der Medien und Politiker, die AfD sei Rechtsextrem! Die AfD sollte sich bei diesen Diffamierungen überlegen , ob sie zukünftig rechtliche Schritte einleitet !

  • Politiker und NGOs höhlen unsere gewachsene Demokratie aus und drehen unsere Gesellschaft um! Es stört offensichtlich nicht einmal mehr, dass dabei gelogen und taktiert wird. Ich warte schon gespannt auf das „Durchstechen“ des Gutachtens in „leichter und korrekter Gendersprache“, einschließlich der Übersetzungen in die in unserem Land gesprochenen Sprachen, um so Diskriminierungvorwürfen vorzubeugen.
    Es ist kaum noch zu ertragen, was sich hier auftut.

  • In meinem Gartenteil sind sehr viele Kaulquappen, bekomme ich jetzt Abzüge im Sozialranking?

  • Erderwärmung bescherte Römischem Reich fette Jahre
    Olivenbäume, Weinreben und anderes, was man eher aus wärmeren Regionen kennt, war vor 2000 Jahren auf britischem Boden Erträge ab. Tacitus (58-117), der so akkurate römische Historiker, hat es der Nachwelt überliefert.
    2015
    https://www.welt.de/geschichte/article149773123/Erderwärmung-bescherte-Roemischem-Reich-fette-Jahre.html

    Im Mittelalter wuchsen in Deutschland Zitronenbäume. In England wurden ebenfalls Wein und Olivenbäume angebaut. Es war wärmer als heute, Mittel- und Nordeuropa hatte seine Blütezeit!
    Quelle: TERRA-X 26.08.2023
    24.50min-25.50min
    https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/wein-eine-geschichte-durch-die-jahrtausende-doku-100.html

  • Alpengipfel waren vor 6000 Jahren bis hoch hinauf eisfrei
    2020_12_17
    https://www.swissinfo.ch/ger/alpengipfel-waren-vor-6000-jahren-bis-hoch-hinauf-eisfrei/46231498
    New glacier evidence for ice-free summits during the life of the Tyrolean Iceman
    2020_12_17
    https://doi.org/10.1038/s41598-020-77518-9

    Great Barrier Reef heute so warm wie 1700
    2024_08_07
    https://doi.org/10.1038/s41586-024-07672-x

    Gletscherschmelze legt Römerzeit-Siedlungen und Weltkriegsbomber frei
    2024_09_10
    https://www.derstandard.de/story/3000000235733/gletscherschmelze-legt-roemerzeit-siedlungen-und-weltkriegsbomber-frei

  • https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_116.html

    Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
    Art 116
    (1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
    (2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

  • Haha, a Frosch!

  • Respekt, da hat man wohl einen 1000 seitigen Katalog der besten Memes der letzten 10 Jahre angefertigt. Hat fast schon sammelheftchencharackter.

    14
  • Für alle, die dieses Gutachten für harmlos und inkompetent halten:
    Ich halte es für hochgefährlich. Die Drift nach links in’s totalitäre ist ein Prozess, der schon viele Jahre geht.
    Meist leise, in kleinen Schritten – aber stetig und scheinbar unaufhaltbar.
    Dieses Gutachten und das, war drumherum passiert ist ein weiterer und geplanter Schritt.
    Und er ist eine Drohung, die wahrscheinlich auch noch nicht alle verstanden haben.

    28
  • Wir sollen die Ellenbogenkulturen eben willkommen heißen und lieben. Sollen wir auch so werden wie diese?

  • Früher in der DDR gab es die ganzen Lehrstühle für Marxismus Leninismus. Dazu die ganzen hauptamtlichen Ideoligen im Parteiapparat. Irgendwie scheinen hier neue Tätigkeiten gefunden worden zu sein.

  • Gericht in Münster: „Keine Gefahr mehr“ – Gericht zweifelt am pauschalen Schutz für syrische Flüchtlinge
    2024_07_23
    https://www.welt.de/politik/deutschland/video252650656/Gericht-in-Muenster-Keine-Gefahr-mehr-Gericht-zweifelt-am-pauschalen-Schutz-fuer-syrische-Fluechtlinge.html

    DER SPIEGEL 43/2023 „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben
    2023_10_20
    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/olaf-scholz-ueber-migration-es-kommen-zu-viele-a-2d86d2ac-e55a-4b8f-9766-c7060c2dc38a

  • Ich Frage das jetzt für einen Freund. Wenn Friedrich Merz sagt: „unter meiner Führung…“ heißt das dann dass sich Herr Merz als „Führer“ sieht ?

    Ich stelle mir gerade vor Alice Weidel hätte diese Aussage getroffen

  • Bitte bedenken:
    Auch wenn sich das „Gutachten“ in Luft auflöst, bleibt bei vielen Bürgern im Hinterkopf dieses Geschmäckle von „rechtsextrem“. Wobei wir mit all den anderen fantasievollen Verknüpfungen zur AFD beim Rufmord wären.

  • Im Jahr 2000 warb die CDU mit dem Slogan „Kinder statt Inder“ . Nach damaligen Masstäben – peinlich, nach heutigen Masstäben müsste wohl ein Parteiverbot ausgesprochen werden.

  • Das Kritische an dem Verbotsverfahren sind nicht die schwächsten Punkte im Gutachten. Das Gutachten hat gut begründete, belegte Beweise geliefert. Leute in der AFD spionieren für andere Staaten.

  • Noch immer schweigen BILD und FOCUS zu diesem Thema.

  • Wie genau ist „Alice … Deutschland“ jetzt strafrechtlich relevant?
    Nur weil es Phonetisch fast identisch ist?

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