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Bundestag

Papier von Verfassungsrechtlern hält AfD-Verbot für realistisch – kommt es zur Abstimmung noch im Dezember?

17 Verfassungsrechtler sind der Ansicht, dass ein Verbotsverfahren der AfD Aussichten auf Erfolg hat. Ihre Gründe legen sie in einer unaufgeforderten Stellungnahme dar. Der Initiator sorgte zuletzt für Aufsehen als er für die CSU vor das Bundesverfassungsgericht zog.

Die Stimmen, die ein AfD-Verbot fordern, mehren sich und ergreifen die Initiative.

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16 Verfassungsrechtler um Emanuel Towfigh sind sich einig, dass ein AfD-Verbot Erfolg haben könnte. Das ist das Ergebnis einer unaufgeforderten rechtswissenschaftlichen Stellungnahme, die dem Rechtsausschuss und dem Innenausschuss des Bundestages übergeben wurden. Damit mehren sich die Stimmen, die auf ein Verbot der Partei drängen und dafür die Initiative ergreifen. Die Juristen kommen in ihrer Stellungnahme zu dem Schluss, dass “eine belastbare Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Parteiverbotsverfahrens möglich” sei, selbst wenn noch kein Material vom Verfassungsschutz vorliegt. 

Dem Spiegel liegt das Dokument vor. Die Juristen schreiben, dass die AfD “der prototypische Fall einer Partei” sei, durch die “die spezifischen Mechanismen der grundgesetzlichen wehrhaften Demokratie aktiviert werden sollen”. Die Stellungnahme gründet sich auf öffentliche Aussagen von AfD-Politikern auf Bundes- oder Landesebene. Für die Einschätzung wurden Beiträge aus den Sozialen Medien, Aussagen auf Bundesparteitagen oder in Talkshows untersucht. Die Verfassungsrechtler sagen, dass die AfD demokratische Prozesse delegitimieren wolle. Durch die Stärkung “parteinaher Kanäle und Medien” sollen die Menschen davon überzeugt werden, dass “es eines gewaltsamen politischen Umbruchs bedarf”. 

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Weiter heißt es in dem Dokument, dass die Partei ein “völkisch-nationalistisches Programm” vertrete, was sich sowohl an den Zielen als auch am Verhalten der Politiker ablesen lasse. Zudem wird gesagt, dass die AfD sich in den letzten Jahren radikalisiert habe und die Parteimitglieder hätten “ihre wahren verfassungsfeindlichen Absichten” offenbart. Die Verfassungrechtler verweisen darauf, dass durch ein Parteiverbot die Ansichten der Wähler nicht aus der Gesellschaft verschwinden. 

Dennoch verhindere ein Parteiverbot “auf überaus wirksame Weise, die weitere Unterhöhlung demokratischer Institutionen, auf die eine verfassungswidrige Partei in der Übergangsphase hin zu einem anderen politischen System notwendig angewiesen ist”, wie der Spiegel aus der Stellungnahme zitiert. Die AfD inhaltlich zu stellen, lehnen die Verfassungsrechtler ab. Da die AfD “im Widerspruch zu den Maximen der Verfassung agiere” wäre eine inhaltliche Auseinandersetzung zwecklos. Dem Verhalten der AfD “stehen demokratische Parteien faktisch machtlos gegenüber”. 

Neben Initiator Towfigh gehören den 17 Autoren der Stellungnahme unter anderem folgende Verfassungsrechtler an: Kyrill-Alexander Schwarz, Professor für Öffentliches Recht an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg , Fabian Wittreck, Leiter des Instituts für Öffentliches Recht der Universität Münster, Antje von Ungern-Sternberg, Direktorin des Instituts für Rechtspolitik an der Uni Trier und Stephan Rixen, Direktor des Instituts für Staatsrecht der Universität zu Köln. Schwarz hatte die CSU vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten, als diese gegen die Wahlrechtsreform der Ampel klagte, 2021 berief man ihn in den Expertenkreis Politischer Islamismus im Bundesinnenministerium. Das Gutachten kommt überraschend, zuvor war die überwiegende verfassungsrechtliche Meinung skeptisch gegenüber dem Verbots-Verfahren. Es spielt Wanderwitz & Co. ideal politisch in die Karten.

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Das unaufgeforderte Rechtsgutachten soll dem Bestreben von Marco Wanderwitz, ein AfD-Verbotsverfahren noch in dieser Legislaturperiode zu verbieten, weiter Aufwind geben. Der CDU-Politiker hatte zusammen mit 113 Unterstützern aus Grünen, SPD, Linke und CDU einen Antrag beim Bundestagspräsidium eingereicht, dass ein AfD-Verbotsverfahren vom Verfassungsgericht geprüft werden soll (Apollo News berichtete). Angesichts der vorgezogenen Neuwahlen ist es möglich, dass sich der Bundestag noch im Dezember mit der Frage befasst. 

Bekommt der Antrag eine einfache Mehrheit, würde der Bundestag das Verfassungsgericht darum ersuchen, die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens zu prüfen. Geht man davon aus, dass alle 733 Bundestagsabgeordneten anwesend sind, so wären 367 Ja-Stimmen nötig. Aktuell fehlen also noch über 250 Stimmen. Marco Wanderwitz will darum noch Überzeugungsarbeit leisten, gibt sich zugleich aber siegessicher: „Wir sind entschlossen, das zu schaffen.“ Der CDU-Abgeordnete betonte, dass es jetzt schnell ein Verbotsverfahren geben müsse. Er erklärte: “Leider steht zu befürchten, dass die AfD nach der nächsten Wahl noch stärker sein wird. Wir brauchen jetzt einen sehr zügigen Antrag vorm Bundesverfassungsgericht.“ (lesen Sie mehr).

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