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„Konsultationsmechanismus“ – Mit einem Anti-AfD-Gremium will Schwarz-Rot in Sachsen das Parlament aushebeln

Vorentscheide in einem seltsamen Gremium sollen den Landtag de facto aushebeln - mit dem vereinbarten „Konsultationsmechanismus“ plant Sachsens nächste Regierung eine historische Absage an den Parlamentarismus. Der Landtag wird zur reinen Abnick-Institution.

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Die geplante Minderheitsregierung von CDU und SPD in Sachsen ist genau das – eine Regierung ohne parlamentarische Mehrheit. Offenbar plant die kommende Koalition einen Tabubruch, um die Mehrheitsfindung für sich zu erleichtern – sie umgeht den Landtag dafür. Stattdessen soll ein „Konsultationsmechanismus“ greifen, der Abstimmungsergebnisse für den Landtag schon vorab organisiert. In einem Papier der zukünftigen Koalitionspartner heißt es:

„Eine Minderheitsregierung aus CDU und SPD ist zur Umsetzung ihrer geplanten politischen Vorhaben auf weitere Stimmen im Parlament angewiesen. Um weiterhin erfolgreich regieren zu können, müssen verlässliche Mehrheiten für die jeweiligen Vorhaben gefunden werden. Dazu ist es notwendig, frühzeitig und fortwährend über die wesentlichen Vorhaben der Staatsregierung zu informieren und dem Sächsischen Landtag Gelegenheit zu geben, seine Positionen zu artikulieren. Deshalb führt die Staatsregierung einen festen Konsultationsmechanismus ein (…). Unser gemeinsames Ziel ist es, mit diesem Konsultationsmechanismus die Positionen der Landtagsfraktionen, Gruppen und Fraktionslosen und damit die Interessen aller Wählerinnen und Wähler, bereits vor der förmlichen Initiative der Staatsregierung zu dokumentieren und die Mehrheitsfindung im parlamentarischen Verfahren zu erleichtern.“

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Mit diesen Worten beschließt die kommende, schwarz-rote Minderheitsregierung in Sachsen nichts anderes als die Ersetzung des Parlaments in seinen Kernfunktionen – die parlamentarische Meinungsbildung als Konzept wird schlicht und ergreifend beiseitegeschoben. Sachsens SPD-Chef sagt ganz klar, was der Sinn dahinter ist: der Ausschluss der AfD. Und er nennt das Ganze ein „Angebot für eine bessere politische Kultur.“ Aber es ist das Gegenteil: Ein solcher „Konsultationsmechanismus“ ist eine Absage an die politische Kultur, er macht Klüngel zum Staatsprinzip.

Es braucht einen Konsultationsmechanismus, damit der Landtag seine „Positionen artikulieren“ kann? Einen Mechanismus dafür gibt es schon: Er nennt sich Aussprache und ist im Parlamentarismus so grundsätzlich und fest verankert, dass sich sogar der Begriff „Parlament“ selbst daraus ableitet. Dem einen „Konsultationsmechanismus“ vorzuschalten, kommt einer Ersetzung des Parlaments durch eine undefinierte Politikerrunde gleich – der Landtag nickt dann nur noch ab, was in einem undurchsichtigen Gremium oder „Mechanismus“ vorher beschlossen wurde. So ein Gremium sieht weder die sächsische Verfassung noch das Grundgesetz vor – weil er nichts mit parlamentarischer Demokratie zu tun hat.

Dass Mehrheiten oft durch vorangegangene Absprachen und de facto gar nicht durch die freien Entscheidungen der einzelnen Mandatsträger zustande kommen, ist Realität in Deutschland – aber das, was Schwarz-Rot in Sachsen plant, geht noch einen entscheidenden Schritt weiter. Einen solchen Mechanismus offiziell zu machen, ihn quasi zu institutionalisieren, ist eine Absage an das Parlament als Ganzes. Wenn die Entscheidungen schon im „Konsultationsmechanismus“ fallen, braucht es das Parlament nur noch, um den Beschluss als vorher festgelegten, rein bürokratischen Akt zu vollziehen. Es ist ein seltsamer Vorstoß – zum Schutze der parlamentarischen Demokratie wird ebenjene einfach ersetzt.

Es ist bemerkenswert, dass die Angst vor der AfD inzwischen zur offenen Untergrabung der parlamentarischen Demokratie durch ebenjene führt, die sie schützen wollen. Der „Konsultationsmechanismus“ steht als Idee außerhalb der demokratischen Grundordnung – er ist nichts anderes als die institutionalisierte Absage an deutsche Staatsgrundsätze. Mehrheitsentscheidungen werden in der Staatskanzlei vorher offiziell „organisiert“, das Parlament wird degradiert. Die wahre Macht liegt dann nicht mehr bei den Vertretern des Volkes, sondern bei irgendwelchen Partei- und Fraktionsköpfen, die Ergebnisse von Abstimmungen vorher miteinander festlegen.

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