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KI-Überwachung und strengere Verfolgung von Volksverhetzung? Das plant Nancy Faeser

In dem neuen Sicherheitspaket von Nancy Faeser zur Terrorismusbekämpfung finden sich fragwürdige Maßnahmen – die nicht nur zur Terrorismusbekämpfung dienen könnten. Auch die KI-Überwachung und eine Verschärfung des DSA-Gesetzes zur Verfolgung von Volksverhetzung sind Teil des Papiers.

Nancy Faeser hat im Kampf gegen Terrorismus möglicherweise auch dem Kampf gegen unliebsame Stimmen die Tür geöffnet.

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Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung hat Nancy Faeser am Donnerstag weitreichende neue Befugnisse für Ermittlungsbehörden zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz präsentiert. Das gemeinsam mit Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgestellte Sicherheitspaket, das eine Reaktion auf den Anschlag in Solingen darstellen soll, enthält entsprechende Maßnahmen, die den polizeilichen KI-Einsatz bis an die Grenzen des juristisch Möglichen erlauben sollen.

Konkret geht es um den automatisierten „biometrischen Abgleich von allgemein öffentlich zugänglichen Internetdaten“, kurzum: Gesichtserkennung. Der Einsatz von KI soll dabei helfen, Tatverdächtige oder gesuchte Personen schneller zu identifizieren. Um diesen Prozess zu perfektionieren, soll auch das „Trainieren“ von KI erlaubt werden.

Es stellt sich die Frage: Inwiefern ist das mit den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Personen vereinbar? Das Innenministerium, das Justizministerium sowie das Wirtschaftsministerium, das auch an dem Sicherheitspaket beteiligt ist, versprechen: „Hierbei beachten wir Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, des europäischen Datenschutzrechts und der KI-VO an diese neue Technik.“

Ein Wording-Trick von Faeser?

Einerseits sollte es selbstverständlich sein, dass sich deutsche Behörden an geltendes Recht zur Wahrung der Privatsphäre halten. Andererseits ist das Anführen der europäischen KI-Verordnung fragwürdig. In der seit dem 1. August geltenden Verordnung wird zwar der automatisierte biometrische Abgleich nicht verboten – jedoch sollte KI nur für die „biometrische Verifizierung“ eingesetzt werden, nicht zur automatisierten Durchsuchung des Internets.

Aus dem Sicherheitspaket geht jedoch nicht hervor, wie genau Faeser den Einsatz von KI erlauben möchte. Grundsätzlich ist der Einsatz von KI laut dem europäischen Recht erlaubt, wenn die KI zum biometrischen Abgleich auf sogenannte „Referenzdatenbanken“, also eine definierte Vorauswahl zugreift. Dass die KI im Internet auf Streife geht, sieht die Verordnung aber erst einmal nicht vor.

Faeser und Buschmann brechen den Koalitionsvertrag

Und selbst wenn das Innenministerium das Sicherheitspaket so umsetzt, dass alle Maßnahmen im Rahmen der vorliegenden Gesetze liegen, könnte das bedeuten: Polizeiliche Datenbanken würden zusammengelegt werden und die KI den Zugriff auf massive Informationsspeicher erhalten. Daraus ergibt sich nicht direkt eine negative Konsequenz für das Individuum, es wäre dennoch ein gewaltiger Schritt in Richtung der digitalen Vernetzung persönlicher Informationen.

Zudem würde dieser Vorgang einen Bruch des Koalitionsvertrages darstellen. SPD, FDP und Grüne einigten sich darauf, dass „biometrische Erkennung im öffentlichen Raum sowie automatisierte staatliche Scoring Systeme durch KI“ auszuschließen seien.

Die Debatte um den Einsatz von KI und vor allem Gesichtserkennungssoftware für Ermittlungsbehörden ist nicht neu. Bereits Anfang August hatte das Innenministerium konkrete Abwägungen in den Raum geworfen: Laut Spiegel plane die Behörde ein neues Gesetz für das Bundeskriminalamt, wonach der biometrische Abgleich mit Inhalten im Internet erlaubt werden soll. Während das Innenministerium in diesem Entwurf ausdrücklich betonte, es werde keine Echtzeit-Analyse, beispielsweise durch Videoüberwachung geben, fehlte eine solche Erklärung in dem am Donnerstag vorgestellten Sicherheitspaket.

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Dass sich diese für die Terrorismusbekämpfung beschworenen Maßnahmen auch gegen andere Gruppen richten könnten, zeigt eine unscheinbare Forderung in dem Sicherheitspaket. Die Bundesregierung werde eine „Verschärfung des Digital Services Act (DSA) auf EU-Ebene einfordern, um durch Benennen konkreter Straftatbestände wie das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen und Volksverhetzung eine konsequente Bekämpfung strafrechtlicher Inhalte auf Online-Plattformen zu ermöglichen“.

Intensiviert Faeser nebenbei ihren Meinungs-Krieg?

Volksverhetzung wird in dem Papier an keiner anderen Stelle genannt – nur im Zusammenhang mit dem DSA. Das seit Februar dieses Jahres geltende EU-Gesetz sieht strenge Regeln für das Verhalten im Internet vor (Apollo News berichtete). „Illegale Inhalte“ müssen von Plattform-Betreibern rigoros moderiert und entfernt werden – was derartige Inhalte sind, ist aber nicht einmal genau definiert. Um dieser Moderation nachzukommen, gibt es in den EU-Mitgliedsstaaten zuständige Behörden und Meldestellen, die das Internet nach Verstößen durchsuchen oder Hinweise auf Vergehen entgegennehmen.

Eine „Verschärfung“ des DSA-Gesetzes, um Volksverhetzung intensiver zu verfolgen, würde vermutlich nicht der Terrorismusbekämpfung zugutekommen, sondern Nancy Faesers Kampf gegen unliebsame Stimmen. Und so wirft das gesamte Konzept des neuen Sicherheitspakets die Frage auf: Könnten die vorgestellten Maßnahmen auch für andere Zwecke als die angegebene Terrorismusbekämpfung eingesetzt werden?

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