Als ich das erste Mal in Tel Aviv landete, erwartete ich das Schlimmste. Gerade war das Land von einem Terroranschlag in Jerusalem erschüttert worden, wie man sagt. Es war einige Monate vor dem 7. Oktober. Auch hier erwarteten viele Beobachter eine schnelle Eskalation. Doch erschüttert war dieses Land nicht.
In Tel Aviv schien die Sonne. An der Mittelmeerpromenade joggten junge Israelis, andere spazierten umher. Strandcafés boten französisches Frühstück an. Der Strand war übersät mit großen Schildern, alle paar Meter eines, dass das Baden hier verboten sei. Alle badeten trotzdem. Die meisten hier hatten von dem Terroranschlag gar nichts mitbekommen. Es war ein Land, das einfach keinen Krieg wollte, die Gefahr bereit war, fast schon bis zum Äußersten zu ignorieren. Vielleicht wurde ihnen das zum tragischen Verhängnis, verständlich war es allemal. Israel ist eben ein ganz normales westliches Land mit einer normalen Bevölkerung, die im 21. Jahrhundert lebt.
Am nächsten Tag erreichten wir die Beerdigung der Opfer des Terrorangriffs. Nach jüdischem Brauch werden sie ohne Zeitverzug beerdigt. Die Mutter fängt am Leichnam ihres Sohnes an zu schreien, sie ist an der Grenze zur Ohnmacht. Ein Mann hält sie fast schon gewaltsam fest. Ich stehe zwischen jungen Frauen in der dritten Reihe, als auch sie anfangen in einer Art und Weise zu weinen, die ich vorher noch nie gehört habe. Sie schreien, verlieren die Kontrolle über sich und ihre Stimme. Es sind Schreie, die das Leid vorwegnehmen, das der 7. Oktober über das Land gebracht hat und das das ganze Land aus einem normalen Leben riss.
Aus jungen Menschen, die genauso auch in Berlin leben könnten, wurden Soldaten. 300.000 mobilisierte Israel binnen Tagen. Die Bilder des 7. Oktober lassen sich nicht mehr verdrängen: Vergewaltigungen auf Leichenhaufen. Babys als Geiseln bei der Hamas. Videos von GoPros der Hamas sind überall im Netz, sie sehen aus wie Videos aus Ballerspielen. Zahllose Menschen werden in Sekunden einfach abgeschlachtet, nacheinander, wehrlos, belanglos, ohne eine Sekunde des Zögerns. So, dass es sich beim Anschauen nicht einmal echt anfühlt.
Beide Seiten machen Fehler – dann ist es ja egal?
Viele Texte sind seitdem geschrieben worden – und schnell ist der deutsche Denker erwacht. Er schreibt über das begrenzte Recht, sich zu wehren, das Völkerrecht, unendliche Abhandlungen über Israels Antwort, den Krieg in Gaza. Das deutsche Feuilleton sah den 7. Oktober als Möglichkeit, sich in altbekannter Manier tief in die israelische Seele hineinzudenken und natürlich das unermessliche Leid zu finden, das nur wieder zur neunmalklugen Pointe gesponnen wurde, Rache sei ja kein legitimes Mittel der Politik. Und man müsse aufpassen, dass aus großem Leid nicht noch größeres Unrecht resultiere. Und überhaupt: eine unendliche Tragödie und unendlich kompliziert.
Das ist die Spirale, die deutsche Medien gegen Israel ins Feld führen – ihr Lieblingsinstrument. Es geht darum, alles so kompliziert zu machen, bis die banale Schlussfolgerung bleibt: Alle Seiten machen Fehler. Nach dem 7. Oktober war es kurz still, dann kam er zurück, der kluge deutsche Nahost-Nachdenker. Ja, ganz schlimm, was am 7. Oktober passiert sei, aber was Israel da macht, das geht ja gar nicht. Noch im November sagte Baerbock: „Natürlich sind meine Gedanken bei den Geiseln und erst recht bei den Menschen, die in Gaza leben, den zwei Millionen Palästinensern“. Die Prioritäten sind klar.
Mittlerweile ist das Auswärtige Amt ganz zurück im alten Modus: Israel soll sich zurückhalten, einfach still sein, wenn 200 ballistische Raketen aus dem Iran kommen. Monatelang war man besorgt um die Zivilbevölkerung, als Israel den Hisbollah-Chef, einen der definitiv Schuldigsten, attackierte, war es auch wieder falsch.
In Deutschland blickt man vom hohen moralischen Ross herab. Dabei könnte man vor allem viel bewundern: Eine hochmoderne Gesellschaft, weich und zerstritten wie die deutsche, findet dazu, sich zu wehren. Tausende junge Menschen sind bereit, für ihr Volk ein großes Opfer zu bringen, tausende Israelis, die im Ausland leben, fliegen nach Hause, um zu kämpfen. Und das Militär wartet auf seine Chance und schafft das Unmögliche: tötet Hamas- und Hisbollah-Chefs, die vom iranischen Geheimdienst maximal geschützt werden. Den Iran, jenes Land mit der fast 10-fachen Bevölkerung, führt man mehrfach vor und wehrt Attacken ab. Einen Sieben-Fronten-Krieg muss Israel führen und bisher behauptet man sich – trotz fragiler Unterstützung aus dem Westen. Gleichzeitig gelingt es, sich an seine stabilen arabischen Nachbarn weiter anzunähern und gegen etwa die Huthis zusammenzuarbeiten. Und das normale Leben kommt langsam zurück nach Israel, We Will Dance Again, sagt man sich, wir werden wieder tanzen.
Die israelische Führung hat ihr Können bewiesen, Netanyahu seine Nerven. Woher nun ausgerechnet Annalena Baerbock & Co. die Arroganz nehmen, dieses Land auch noch in militärstrategischen Fragen zu belehren, bleibt unerklärlich. Netanyahu war Soldat in einer Eliteeinheit, beteiligt an Kommandoaktionen, wurde mehrfach im Krieg verwundet, einmal traf eine Kugel seine Schulter. Vielleicht weiß er es doch besser als das deutsche außenpolitische Establishment.
Es bleibt die einfachste Frage der Welt: Als am 7. Oktober Baklava auf der Sonnenallee verteilt wird, wird klar, wo die Front verläuft. Der IS-Terror in Deutschland, der Hamas-Terror in Israel – an der Seite Israels zu stehen ist keine Frage hehrer moralischer Überzeugung, sondern eine Selbstverständlichkeit. Uns herauszunehmen und als ganz unbefangene Beobachter im existenziellen Kampf gegen den Islamismus zu positionieren, ist ein luxuriöser, naiver Irrglaube. Wir müssen lernen, wieder zu unterscheiden, jenen einfachen und eindeutigen Unterschied zu machen, den jahrelange postkoloniale Gedankenverdrehung uns verbieten will: zwischen Zivilisation und Barbarei. Westliche Gesellschaften und islamistische Terrorfürsten stehen nicht auf einer Ebene, sind nicht gleich. Und wir sind für Israel, weil wir zivilisierte Menschen sind.
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So ist es. Es war der blanke Hass, der sich am 7. Oktober 23 Bahn brach – und der richtet sich auch gegen uns, da sollte man sich nichts vormachen.
Ich denke, Israel muss versuchen zu erreichen, dass sich solche Ereignisse wie das Massaker vom 07.10. niemals mehr wiederholen können.
Dazu braucht man auf der einen Seite Frieden, das heißt eigentlich eine militärische Nichtreaktion.
Auf der anderen Seite muss aber dafür Sorge getragen werden, dass nicht immer neue Israel hassende Menschen in die Phalanx nachrücken. Die Hamas hat das Erziehungswesen im Gazastreifen systematisch so gestaltet, dass jede neue Generation wieder zum Hass gegen Israel aufgestachelt wird. Die Indoktrinierung fängt spätestens im Kindergarten an. Man kann Videos dazu zum Beispiel bei YouTube sehen.
Und genau deswegen muss die Hamas weg. Gaza braucht eine De-Hamasierung. Vorher wird kein langfristiger Friede möglich sein. Es muss der Bevölkerung dort klargemacht werden, dass das höchste Ziel nicht das islamische Märtyrertum sein kann, sondern das Leben in Frieden.
Deswegen ist die militärische Reaktion notwendig.
Es wird schwierig bleiben.
Chapeau, Herr Mannhart.
Es ist der Unterschied zwischen Zivilisation und Barbarei
Der Haß gegen die Juden, wie auch gegen alle anderen „Ungläubigen“, ist eine zentrale Lehre des Koran. Es ist nichts, was Juden oder „Ungläubige“ verschuldet hätten, es sei denn dadurch, daß sie sich nicht „freiwillig“ der fremden Gottheit unterwerfen. So müssen sie eben zum Ruhme dieser und für paradiesischen Lohn umgebracht werden.
Es ist vergeblich, darauf zu hoffen, daß der Haß der Muslime ein Ende findet. Sie wären dann keine Muslime mehr.
„…… an der Seite Israels zu stehen ist keine Frage hehrer moralischer Überzeugung, sondern eine Selbstverständlichkeit.“
Das ist auch mein Selbstverständnis und Danke für Ihren Artikel
Vielen Dank für diese klaren und wahren Worte. Es ist in dieser Zeit unverzichtbar solche auszusprechen und Israel bei seinem aufgezwungenen Existenzkampf bei zu stehen. Stehen wir Israel bei mit dem Herzen und mit Courage. Am Israel Chai
Während Frau Baerbock alles besser weiß, befindet sich die Familie Bibas irgendwo in Gaza. Deutsche Staatsbürger werden als Geiseln gehalten, niemand weiß, ob sie noch leben und die deutsche Außenministerin hat versagt.