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Wenn die AfD zu stark wird, könnte die ganze Wahl in Brandenburg verfassungswidrig werden

Am 22. September wählt Brandenburg einen neuen Landtag. Ministerpräsident Woidke hat angekündigt nur Ministerpräsident zu bleiben, wenn die SPD stärkste Kraft wird. Im Extremfall kann die Wahl jedoch verfassungswidrig sein, wenn die AfD zu erfolgreich wird.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat angekündigt, dass er nur Ministerpräsident bleibt, wenn die SPD bei der Landtagswahl stärkste Kraft wird.

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380.717 Brandenburger wählten bei der Europawahl die AfD. Die SPD kam nur auf 181.697 Stimmen, fast 200.000 Stimmen weniger als die AfD. Ministerpräsident Dietmar Woidke hat im Wahlkampf mehrfach betont, dass er nur Ministerpräsident bleibt, wenn die SPD stärkste Kraft wird, also vor der AfD landet. Woidkes Schachzug ist klar: Alles soll auf die Wahl „Woidke oder AfD“ hinauslaufen, auch wenn er mit der Polarisierung einen abrupten Abbruch seiner Politikerkarriere riskiert.

Schon 2019 funktionierte eine Polarisierung „Woidke gegen die AfD“ für die SPD recht gut. Während in den Umfragen die SPD und die AfD lange Zeit auf einem ähnlichen Niveau bei um die 20 Prozent lagen, konnte sich die SPD bei der Wahl mit 26,2 Prozent doch recht klar vor der AfD platzieren, die auf 23,5 Prozent der Stimmen kam. Anschließend kam es in Brandenburg zu einer Koalition zwischen SPD, CDU und Grünen, einer Koalition, die vor allem von Streit geprägt war. Insbesondere zwischen CDU und Grünen gab es wenig Harmonie. Die CDU hat im Wahlkampf mehrfach betont, nicht mehr mit den Grünen koalieren zu wollen.

Bei der Koalitionsfrage hängt viel davon ab, welche Parteien in das Parlament einziehen. Umfragen zufolge stehen Linke, Grüne und BVB/Freie Wähler auf der Kippe, wobei Grüne und BVB/Freie Wähler neben dem Einzug in das Parlament über das Erreichen der fünf Prozent auch um ein Direktmandat kämpfen. Die Grünen wollen ihr Direktmandat in Potsdam verteidigen, die Freien Wähler ihr Direktmandat in Bernau. Die einzige Koalition, die unter Berücksichtigung aller Brandmauern und aktuellen Umfragen rechnerisch funktionieren würde, wäre eine Koalition aus SPD, CDU und BSW.

Wenn die AfD zu stark wird, kann die Wahl verfassungswidrig werden

Am Wahltag könnte es noch zu einer überraschenden Wendung kommen. Im regulären Brandenburger Landtag sitzen 88 Abgeordnete, von denen 44 in den Wahlkreisen gewählt werden. Laut dem Institut Wahlkreisprognose könnte die AfD 37 der Direktmandate gewinnen. Laut Umfragen käme die AfD jedoch nur auf 27 Sitze, die ihnen zustehen würden. Um keine Verzerrung im Parlament zu haben, müssten in einem solchen Fall 10 AfD-Überhangmandate ausgeglichen werden. Das wäre aber nicht vollständig möglich, denn laut Wahlgesetz ist der Landtag auf 110 Abgeordnete begrenzt. Zwar ist es laut Urteilen des Bundesverfassungsgerichts möglich, einzelne Überhangmandate nicht auszugleichen, das Limit liegt aber bei der Hälfte der geforderten Mindestanzahl an Abgeordneten, die eine Fraktion haben muss. Die Fraktionsstärke beträgt in Brandenburg 5 Abgeordnete, wodurch die Anzahl der akzeptierten Überhangmandate ohne Ausgleich bei zwei bis drei liegt.

Sollte es zu einem solchen Fall kommen und die Wahl im Nachgang für verfassungswidrig erklärt werden, wäre der Aufschrei groß. Dabei kommt eine solche Entwicklung nicht unerwartet. Bereits bei der Wahl 2019 konnte die SPD ihre 26,2 Prozent der Zweitstimmen komplett mit den gewonnenen Direktmandaten decken. Es kam nur nicht zu Überhangmandaten, weil die SPD mit der AfD einen fast gleich starken Kontrahenten hatte und die AfD insgesamt 15 Direktmandate gewann. Hätte die SPD einen Großteil der AfD-Direktmandate gewonnen, bei gleichem Zweitstimmenergebnis, wäre die Situation schon 2019 aufgetreten.

Für die Ampel kann es brenzlig werden

Für Olaf Scholz ist die Wahl im Vergleich zu Thüringen und Sachsen brisant. Denn während man sich in den beiden anderen Ost-Bundesländern damit herausreden kann, dass die SPD in den Ländern bei Landtagswahlen schon seit längerem sehr schwach ist, sieht es in Brandenburg anders aus. Seit 1990 stellt die SPD den Ministerpräsidenten und wurde immer stärkste Kraft.

Brandenburg ist aufgrund der Historie ein Prestigebundesland der SPD, auch wenn die Partei außerhalb von Landtagswahlen in diesem Bundesland schwach ist. Zwar konnte die SPD 2021 stärkste Partei bei der Bundestagswahl in dem Bundesland werden, zuvor gelang dies der SPD das letzte Mal 2005, als Gerhard Schröder Kanzlerkandidat war.

Doch nicht nur für Scholz wird die Wahl eine Schicksalswahl, sondern auch für FDP-Chef Christian Lindner. Die FDP kämpft in Brandenburg realistischerweise lediglich um die Parteienfinanzierung, die man bei Landtagswahlen ab 1 Prozent der Stimmen bekommt. Ihr schlechtestes Ergebnis holte die FDP 2014, kurz nachdem sie nach einer schwarz-gelben Koalition unter Angela Merkel aus dem Bundestag geflogen war. Damals votierten 1,5 Prozent der Brandenburger für die FDP. Bei einem ähnlich schlechten Ergebnis muss sich Lindner die Frage stellen, ob er die FDP nicht gegen die Wand fährt. Bei der Bundestagswahl 2021 gaben noch 9,3 Prozent der Wähler den Liberalen ihre Stimme.

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