Werbung

...
...

Reformstaatsvertrag: Wie die Länder jetzt den Presse-Machenschaften des ÖRR ein Ende bereiten könnten

Bis Freitagabend beraten die Ministerpräsidenten über einen Reformstaatsvertrag, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einschränken soll. ARD, ZDF und Co. sind nicht nur kostspielig, sondern greifen mit ihren Angeboten unerlaubterweise in den freien Pressemarkt ein. Das soll sich jetzt ändern.

Die Bundesländer streben eine einschneidende Reform des Medienstaatsvertrags an.

Werbung

Bald könnten die Forderungen nach einer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in die Tat umgesetzt werden. Die Bundesländer haben Ende September einen 112-seitigen Entwurf für einen Reformstaatsvertrag präsentiert, der einschneidende Veränderungen vorsieht, vor allem die Verschlankung der Sender und eine transparentere Finanzierung. Die Maßnahmen könnten die Rundfunkgebühren sinken lassen und den Aufgabenbereich von ARD, ZDF und Co. durch konkrete Zuschreibungen genau festlegen.

Spätestens mit dem Aufstieg der AfD in Sachsen und Thüringen ist klar: Ein großer Teil der Gesellschaft befürwortet eine Reform des Medienstaatsvertrags. Nachdem der konkrete Entwurf veröffentlicht wurde, zeigten sich ARD und ZDF schockiert und als Opfer einer solchen Novellierung. „Was ist hier los?“, fragten Instagram-Konten von Tagesschau und ZDFheute in Beiträgen, die mit einem schwarzen Zensurblock verdeckt waren (Apollo News berichtete).

...
...

Die Sender beziehen sich damit auf einen Neuerungsvorschlag der Länder. Im Fokus steht der dritte Abschnitt des Medienstaatsvertrags, der die Zuständigkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks regeln soll. Unter Paragraph 30 finden sich die genauen Regulierungen für Telemedien, die Online-Angebote der Rundfunkanstalten. „Die eigenen Portale sowie Telemedien auf Drittplattformen dürfen jeweils nicht presseähnlich sein. Sie sind im Schwerpunkt mittels Bewegtbild oder Ton zu gestalten“, soll es dort jetzt heißen. Lediglich „sendungsbegleitende Texte“, Überschriften, Foren oder Ähnliches sind zulässig.

Auf Instagram haben die Tagesschau sowie ZDFheute bereits auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. Konkret würde der Reformstaatsvertrag vorsehen, dass die Internetangebote „weniger Text und mehr Video“ anbieten müssten und erst über ein Thema berichten dürften, wenn dieses von den Rundfunkangeboten, also Fernsehen oder Radio, behandelt wurde, klagen die Sender.

Der Reformstaatsvertrag soll auf den bereits bestehenden Verträgen aufbauen (Quelle: Rundfunkkommission).

In den im Vertragsentwurf festgehaltenen Anmerkungen heißt es dazu: „Der Bezug muss zu einer eigenen Sendung hergestellt werden, wobei ‚eigen‘ nicht zwangsläufig selbst produziert bedeutet, aber im eigenen Angebot genutzt.“ Brisant: Die entscheidende Formulierung findet sich fast wortgleich im aktuell gültigen Vertrag. „Die Telemedienangebote dürfen nicht presseähnlich sein. Sie sind im Schwerpunkt mittels Bewegtbild oder Ton zu gestalten, wobei Text nicht im Vordergrund stehen darf“, heißt es da.

Die Befürchtung der öffentlich-rechtlichen Medien, sie könnten in Zukunft keine Textbeiträge auf Plattformen wie Instagram verbreiten dürfen, ist eigentlich obsolet – denn diese Regelung ist längst gültig. Mit anderen Worten: Tagesschau und Co. verstoßen momentan bereits gegen den Medienstaatsvertrag. Schon heute heißt es, Telemedienangebote sollen „nach Möglichkeit eine Einbindung von Bewegtbild oder Ton“ verfolgen – der Großteil der Instagram-Beiträge von Tagesschau und ZDFheute sind Bildbeiträge mit Text.

Auch mit Blick auf das öffentlich-rechtliche Netzwerk Funk, das die Online-Angebote von ARD und ZDF betreut, könnten die Rundfunkanstalten eingeschränkt werden. Die Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sollen in zwei bis drei Angebote zusammengeführt werden. Im Umkehrschluss könnte das bedeuten, dass sämtliche Funk-Kanäle in einem übergreifenden Angebot verbunden werden müssen.

Funk umfasst derzeit 60 bis 70 Formate auf YouTube und in den sozialen Netzwerken. In den Anmerkungen zu den Änderungen der Telemedien-Regeln halten die Länder klar fest, dass „es einer aus dem Auftrag abgeleiteten Begründung für jedes einzelne (also ‚eigenständige‘) eigene Portal geben muss“. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Länder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wieder zu den Funktionen, die sich aus seinem Namen ableiten lassen, zurückführen möchten.

Lesen Sie auch:

An verschiedenen Stellen wird darauf hingewiesen, dass die öffentlich-rechtlichen Medien die Lebensrealität der Menschen auf regionaler und vor allem bundesweiter Ebene wahrhaftig wiedergeben sollen. Ein Verbot von Exklusiv-Recherchen ergibt sich daraus nicht, jedoch ist der Auftrag klar: Der freie Markt soll mitspielen können. Meldungen sollen die Berichterstattung dominieren. Vor allem in Textform greifen die beitragsfinanzierten Medien, beispielsweise die Webseite der Tagesschau, allerdings immer wieder mit exklusiven Recherchen in den freien Markt ein.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht mehr als er soll

Der Bundesverband der Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), der Interessenverband der deutschen Tages-, Sonntags- und politischen Wochenpresse, moniert schon seit Jahren, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender ihre Online-Angebote mit Texten und Beiträgen immer weiter erweitern.

Weil die Finanzierung gesichert ist, sind öffentlich-rechtliche Medien nicht auf den Erfolg der eigenen Recherche angewiesen und beeinträchtigen somit die freien Medien, die aus einschlägigen Recherchen Einnahmen schöpfen. Aus diesem Grund sieht der Reformstaatsvertrag vermutlich die Rückkehr zu mehr audiovisuellen Inhalten vor, wodurch drastische Eingriffe in den freien Markt verhindert werden können, da journalistische Publikationen nach wie vor in Textform dominieren.

Um das zu erreichen, möchten die Länder auch die „Reduktion der Anzahl digitaler Spartenkanäle“, den „Abbau von Mehrfachstrukturen“ sowie die „Nutzung der Möglichkeiten der Flexibilisierung“ festlegen, wie den Anmerkungen zu Paragraph 28 zu entnehmen ist.

Die Verschlankung des gesamten Komplexes beginnt beispielsweise mit dem Plan, die Kulturkanäle 3sat und arte nach Möglichkeit zusammenzuführen, wobei ersterer in arte integriert werden soll. Zudem sollen tagesschau24, Phoenix, ARD-alpha und ZDFinfo in maximal zwei Angebote zusammengefasst werden. Neben der Reduktion von Zweit- oder Drittkanälen sollen auch die Rundfunkanstalten konsolidiert werden: In Paragraph 30e wird eine engere Kooperation der öffentlich-rechtlichen Sender untereinander dargelegt.

Die geplante Konsolidierung der Spartensender (Quelle: Rundfunkkommission).

Als Ausnahme gilt unter anderem, wenn „eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ergeben hat, dass keine langfristige Kosteneffizienz zu erwarten ist“. Solange eine Zusammenarbeit kostengünstiger ist, müssen ARD, ZDF und Deutschlandradio also kooperieren – was sich für den Nutzer positiv auf die Rundfunkgebühren auswirken könnte.

Für die Berechnung der Beiträge soll nach wie vor die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) zuständig sein, die alle zwei Jahre einen Bericht zur Finanzlage der Rundfunkanstalten vorlegen muss. Die Finanzierung ist der umstrittenste Punkt der Reform. Die KEF hat die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro im Monat ab Januar empfohlen – einige Länder haben sich bereits skeptisch geäußert (Apollo News berichtete).

Wie die KEF soll auch ein neuer unabhängiger übergeordneter sechsköpfiger Medienrat einen Bericht bezüglich der Auftragserfüllung alle zwei Jahre ausarbeiten, wie in Paragraph 26b des Entwurfs zu lesen ist. Die in den einzelnen Landesrundfunkanstalten organisierten Rundfunkräte, die die inhaltliche Überprüfung vornehmen, bleiben überdies bestehen.

Zudem soll das Angebot der Sender mit Leistungsanalysen überprüft werden, sodass beispielsweise die „Ausgewogenheit sowie Themen- und Meinungsvielfalt“ stetig gegeben sind. Aktuell wird in Paragraph 26 lediglich festgehalten: Der „Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen.“

Dieser Auftrag wird in dem Entwurf ergänzt: ARD, ZDF und Deutschlandradio sollen „interaktive Kommunikation mit den Nutzern“ anbieten „sowie verstetigte Möglichkeiten der Partizipation“. Eine derartige klare Aussage über die Teilhabe der Nutzer am Angebot fehlte zuvor. Später wird festgehalten, ein „Gesellschaftsdialog“ sollte angestrebt werden, sodass auch die Bedürfnisse derjenigen berücksichtigt werden, die das Angebot nicht nutzen. Damit könnten Ablehnungstendenzen, sowohl auf Seiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als auch seitens dessen Gegner, bestmöglich verhindert werden.

Der Entwurf sieht ganz klar vor, den Nutzer und dessen Bedürfnisse stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Das zeigt sich auch in Paragraph 35, der die Kostensteuerung bestimmt. „Bei Aufstellung und Ausführung ihres Haushaltsplans haben die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten“, heißt es da. Ein klarer Auftrag an die Sender zu sparen.

Massiver Senderabbau geplant

Das wird auch durch eine Novellierung des Hörfunkangebots der Landesrundfunkanstalten deutlich. Künftig soll es pro Anstalt nur vier derartige Angebote, also vier Radiosender oder auch Podcasts, geben, plus ein zusätzliches für jeweils sechs Millionen Einwohner im Sendegebiet. Grundsätzlich gilt zudem: Eine Anstalt darf mindestens so viele Hörfunkangebote etablieren, wie sie Länder betreut. Momentan dürften damit 53 Programme geführt werden: Acht vom NDR, sieben jeweils vom MDR und WDR, jeweils sechs vom SWR, RBB sowie BR. Außerdem fünf vom HR und jeweils vier von RB und SR. Über 20 Radiosender könnten wegfallen.

Eine Forderung, die in den letzten Jahren aufgrund des wachsenden Angebots der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten immer häufiger geäußert wurde. Auch Vorschläge für gemeinsame technische Lösungen der einzelnen Sender wurden immer wieder verbreitet. Die unterschiedlichen Portale, beispielsweise Mediatheken, sollen laut dem Länder-Entwurf zentraler organisiert werden. Denkbar wären gemeinsame Zugänge zu den Radiosendern über eine Audiothek oder eine gemeinsame Mediathek beziehungsweise Übertragungsseite der unterschiedlichen Kanäle.

Als Beispiel: Übertragungen der Fußball-Nationalmannschaftsspiele oder Wiederholungen der Olympischen Spiele sind im Internet entweder auf der Seite der ARD oder des ZDF zu finden. Künftig könnten beide Programme in einem Portal angeboten werden. Dieser Vorstoß wird in Paragraph 30f konkret festgehalten: „Ziel des gemeinsamen technischen Plattformsystems ist der Aufbau einer gemeinsam genutzten Infrastruktur.“

Bis Freitagabend soll die Novellierung des Medienstaatsvertrags auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig thematisiert werden. Anschließend könnte der Entwurf bei einer bislang nicht vorhersehbaren Einigung den Länderparlamenten zur Vorunterrichtung vorgelegt, von den Ministerpräsidenten unterzeichnet und anschließend von den Landtagen wiederum ratifiziert werden. Bereits im Sommer 2025 könnte der Reformstaatsvertrag dann in Kraft treten.

Während interne Strukturen größtenteils aufrechterhalten werden, sollen offenbar vor allem übergreifende Verbindungen stark verändert und eingeschränkt werden. Letztlich könnte der Reformstaatsvertrag eine Verschlankung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bezwecken – weniger Mitarbeiter, weniger Formate, geringere Rundfunkgebühren.

Damit würden vor allem SPD und CDU, die derzeit jeweils sieben Ministerpräsidenten stellen, der AfD zuvorkommen. Diese hatte angekündigt, nach den Landtagswahlen im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg den Medienstaatsvertrag zu kündigen, wenn die Partei in Regierungsposition kommt. Danach sieht es jedoch momentan nicht aus. 

Einerseits werden die Befugnisse des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Änderungen derartig eingeschränkt, dass sich viele Wähler zufrieden zeigen dürften. Andererseits werden die Strukturen und Arbeitsplätze erhalten, die durch eine Kündigung des Vertrags entfallen wären. Betroffen wären nicht nur Redakteure, sondern eben auch Techniker oder die Musiker der Rundfunkorchester – beispielsweise des MDR in Leipzig. Man schlägt jetzt einen Mittelweg ein. 

Werbung