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Potsdam-Treffen

Kritik an Correctiv: Jetzt nimmt sogar die Zeit den „Geheimplan“-Bericht auseinander

Correctiv muss sich jetzt wegen der „Geheimplan“-Recherche verantworten. Die Behauptung, bei dem Potsdam-Treffen sei die millionenfache Remigration deutscher Staatsbürger geplant worden, wird vor Gericht angefochten. Ein Autor verstrickt sich derweil in Widersprüche: „Natürlich war es gemeint“.

Die Villa Adlon war Schauplatz des Treffens, auf dem angeblich auch über die Remigration deutscher Staatsbürger gesprochen wurde.

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Vor fast genau einem Jahr erschien die einflussreiche Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“. Auch in den etablierten Medienhäusern wird der Bericht mittlerweile infrage gestellt – nach zahlreichen erfolgreichen Klagen gegen einzelne Darstellungen möchten Teilnehmer des in dem Artikel dargelegten Treffens jetzt auch die Kernaussage juristisch anfechten: Die Behauptung, die beteiligten Personen hätten eine millionenfache Ausweisung von Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft gefordert.

Mit der Veröffentlichung am 10. Januar 2024 stieß Correctiv bundesweit eine Debatte über den Umgang mit der AfD an – Millionen Menschen sollen in den Wochen darauf „gegen Rechts“ und die Partei demonstriert haben. Seitdem hat Correctiv vor Gericht einige Niederlagen einstecken müssen, Teile der Berichterstattung mussten korrigiert werden. Auch anderen Akteuren wurden Berichte über das Potsdam-Treffen, das Ende November 2023 zwischen rechten Politikern und Unternehmern stattgefunden hatte, untersagt (Apollo News berichtete).

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Jetzt berichtet die Zeit in einem großangelegten Beitrag über die Ungereimtheiten und die Kritik an der „Geheimplan“-Recherche. Die Zeitung hat einige der Teilnehmer des Potsdam-Treffens angefragt. Das Ergebnis: Die zwölf Personen, die sich zu einer Antwort bereit erklärten, streiten ab, dass Remigration im Kern des Treffens im Landhaus Adlon stand. „Die Teilnehmer der Runde sagen, sie hätten weder einen Mitschnitt noch ein Protokoll angefertigt. Die Correctiv-Reporter wiederum machen keinerlei Angaben zu ihren Quellen, auch nicht dazu, ob sie über einen Mitschnitt verfügen“, so die Zeitung.

Bereits nach der Veröffentlichung des Correctiv-Berichts hatten einzelne Teilnehmer zwar die Diskussion über Remigration im Rahmen eines Vortrags von Martin Sellner bestätigt, über die Ausweisung deutscher Staatsbürger sei dabei aber nicht diskutiert worden. Diese Darstellung bestätigten die befragten Teilnehmer jetzt gegenüber der Zeit. „Es ist nie über millionenfache Vertreibung gesprochen worden“, soll beispielsweise der Besitzer der Villa Adlon, Wilhelm Wilderink, zu verstehen gegeben haben. Auch die infolge der Correctiv-Veröffentlichung in den Fokus gerückte AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy dementierte derartige Konsultationen.

„Dennoch ist offenbar der lebhafte Eindruck entstanden, es sei genau darum gegangen“, resümiert die Zeit. Der Anwalt von Correctiv erklärt währenddessen, nur zwei Personen, Sellner und der Organisator Gernot Mörig, sollen planvoll vorgegangen sein – die anderen Teilnehmer hätten „die Präsentation eines Plans als Zuschauer und Zuhörer verfolgt und nachgefragt“. Ein „Geheimplan“ wurde diesen Ausführungen zufolge nicht kollektiv geschmiedet.

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Sellners Vortrag wird in dem Correctiv-Bericht ausführlich beleuchtet: Der ehemalige Sprecher der Identitären Bewegung in Österreich soll die Ausweisung von „nicht assimilierte Staatsbürger“ gefordert haben – auch von Menschen mit deutschem Pass. Aufgeschnappt wurde das von dem Correctiv-Journalisten Jean Peters, der während des Treffens vor Ort recherchiert haben soll. Gegenüber der Zeit ist er auskunftsfreudig, solange es nicht um den Kern der Recherche geht.

Auf die Frage, ob auch Vertreibung auf dem Potsdam-Treffen thematisiert worden sein, lenkt Peters ein: „Nein. Aber natürlich war es gemeint.“ In der Unterzeile der „Geheimplan“-Recherche findet sich dennoch der auf die Teilnehmer bezogene Satz: „Sie planten nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland.“

In der deutschen Medienlandschaft hatte sich infolge des einschlägigen Correctiv-Artikels der Tenor durchgesetzt, auf dem Treffen seien massenhafte Deportationen deutscher Staatsbürger besprochen worden. Diese Konnotation verfing, obwohl Correctiv so etwas nicht explizit in dem Text erwähnt. Vielmehr sind die Darstellungen durchzogen von teils schwammigen Formulierungen: „Er unterstellt, statt zu belegen, er raunt, statt zu erklären, er interpretiert, statt zu dokumentieren“, kritisierte auch Übermedien im Sommer 2024.

Auch Peters kann keine klaren Antworten liefern. Auf mehrfache Nachfrage der Zeit, was sich im Landhaus Adlon konkret abgespielt habe, erwidert er: „Wirklich? Ist das die Frage?“ oder „Was machen wir hier gerade?“. Bereits unmittelbar nach der Correctiv-Veröffentlichung stand der Journalist direkt unter Druck: „Ich entwickele Aktionen und erfinde Geschichten, mit denen ich in das politische und ökonomische Geschehen interveniere“ – so beschrieb sich Peters selbst auf seiner Webseite. Diese Beschreibung wurde jedoch ersetzt: „Ich arbeite mittlerweile als investigativer Journalist bei Correctiv“.

Als solcher könnte sich Peters demnächst verantworten müssen: Vergangene Woche reichten zwei Teilnehmer eine Klage gegen Correctiv sowie die fünf Autoren hinter der „Geheimplan“-Recherche beim Landgericht Hamburg ein. Hier hatte der Jurist Ulrich Vosgerau, der ebenfalls an dem Treffen teilgenommen hatte, mehrfach und oftmals erfolgreich gegen einzelne Bestandteile des Textes geklagt. Jetzt möchte er erstmals die Kernaussage, es sei auch über die millionenfache Abschiebung von deutschen Staatsbürgern gesprochen worden sein, juristisch angreifen.

Vor rund einem Jahr wollten die Teilnehmer diesen Schritt aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten nicht vollziehen – das hat sich in den Augen von Vosgeraus Anwalt Carsten Brennecke jetzt durch die Rechtsprechung gegen andere Medien, die über die angeblichen millionenfachen Remigrationspläne berichteten, geändert. Während in den vergangenen Monaten nach und nach immer mehr Details der „Geheimplan“-Recherche zurückgewiesen worden waren, konnte das als gemeinnützig geltende Medienhaus dennoch einen Medienpreis nach dem anderen gewinnen – und sich Steuergelder für Projekte gegen Desinformation von der Bundesregierung sichern (Apollo News berichtete hier und hier).

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