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Von wegen Zugpferd: Der Kanzler zog die SPD nach unten

Die Europawahl ist eine historische Klatsche für die SPD - Scholz ist kein Zugpferd, sondern ein Mühlstein am Hals der Partei. Nur noch ein Drittel der Deutschen wählt die Ampel-Parteien: Die Grünen sind Verlierer des Abends, bei der FDP macht sich Angst breit.

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Der Amtsbonus bei Wahlen ist ein oft beschriebenes Phänomen, das irgendwo zwischen Aberglaube und statistischer Beweisbarkeit liegt. Dass es aber auch das Gegenteil eines solchen Amtsbonus gibt, zeigt am Sonntagabend die SPD.

Ihnen ist es auch aufgefallen: Der Bundeskanzler ist im Straßenbild omnipräsent. Auf großen wie auf kleinen Plakaten ist der runde Halbglatzkopf unseres Regierungschefs zu sehen, er ist auf den Wahlplakaten der Sozialdemokratie fast präsenter als EU-Spitzenkandidatin Katharina Barley. Er und sie sollen „Deutschlands stärkste Stimmen in Europa“ sein.

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Dass man mit einer abgehalfterten Ex-Ministerin die Leute nicht für die strauchelnde SPD begeistert – geschenkt. Aber mit dem Bundeskanzler? Ob das so klug war? Scholz ist immerhin Chef der unbeliebtesten Bundesregierung aller Zeiten. Auch persönlich erreicht er Negativwerte ungekannten Ausmaßes. Da fragt man sich schon, was die Wahlkämpfer bei der SPD geritten hat, ausgerechnet den Kanzler als Zugpferd für die Europawahl auszuwählen. Jetzt ist klar: Er ist stattdessen Mühlstein am Hals der SPD.

Es geht nach unten – mit Olaf vorneweg

Jetzt eine historische Klatsche: 14 Prozent sind eine niederschmetternde Ohrfeige für die Sozialdemokraten und ihren Kanzler-Wahlkampf. Zum Vergleich: 2019 hatte die SPD bei der Europawahl noch 15,8 Prozent geholt. Das führte damals zum Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Nahles und wurde medial als „Desaster“, „SPD-Katastrophe“ und „Implosion der SPD“ beschrieben. Aus der Partei heraus gab es „Positionspapiere“ zum „SPD-Wahldesaster“. Über die Regierung hieß es damals übrigens, sie sei „fertig“ und habe „die Quittung für ihre Konturlosigkeit und die Beschäftigung mit sich selbst bekommen.“

Die SPD hat die Europawahl offiziell zur Abstimmung über Scholz und seine Bundesregierung gemacht. Gemeinhin gilt bei Wahlen: Wer aufs Plakat kommt, steht zur Wahl. Jetzt kann sich niemand vor der 14-Prozent-Klatsche wegducken. Scholz inszenierte sich als Friedenskanzler – unter der Überschrift: „Besonnenheit“. Es war ein Flop. Genauso wie seine Inszenierungen als Sozialkanzler, Abschiebekanzler, Erneuerungskanzler. Wegen seiner Führungsschwäche und Arroganz wird Scholz inzwischen zur größten Hypothek für die SPD.

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Aber statt Köpferollen und parteipolitischem Abgesäge sieht man das Gegenteil: Generalsekretär Kühnert nimmt die Niederlage am Abend in der ARD einfach hin und bekennt Nibelungentreue der Partei zum schwachen Kanzler. Die SPD scheint längst in Wagenburg-Mentalität stoisch bereit, die dauernde Negativphase in der öffentlichen Meinung auszusitzen.

Medial wird das gerne als „Geschlossenheit“ gelobt. Schwer vorstellbar ist es, dass Lars Klingbeil oder Saskia Esken oder Generalsekretär Kühnert zurücktreten. Olaf Scholz schon gar nicht. Dabei wäre eigentlich der Rücktritt aller vier SPD-Granden angemessen, denn die historische Europawahl-Klatsche unterstreicht den stetigen Niedergang der Regierungspartei. Wird die noch stillhalten, wenn sie den Verlust einer ganzen Reihe von Mandaten bei den folgenden Bundestagswahlen befürchten und in den Landtagswahlen zu viele herbe Niederlagen muss?

Ein dicker Sargnagel für die Ampel

Die Ampel-Koalition gesamt kommt überhaupt nicht gut weg. Insgesamt nur noch 35 Prozent – nur noch knapp über ein Drittel der Deutschen findet die Ampel gut. Die Grünen verlieren über acht Prozent, gerade die jungen Wähler laufen ihnen in Scharen davon

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Die FDP hält sich derweil zumindest knapp an den symbolisch wichtigen fünf Prozent. Überraschend – Spitzenkandidatin Strack-Zimmermann ist am Abend sichtlich erleichtert und froh. Aber: Millionen Ex-Wähler der Ampel-Liberalen machten ihr Kreuz stattdessen bei der Union. Für die FDP ein dunkles Omen: Ähnliche Wählerwanderungen bei der Europawahl dürften die Freien Demokraten den Einzug in den Bundestag kosten – bei fünf Prozent ist der Faden dieses Damoklesschwertes hauchdünn.

Ob die Wagenburg-Mentalität der SPD auch für die Ampel gilt? Gerade bei der FDP müsste es brodeln – auch, wenn es in informierten Kreisen als sicher gilt, dass die Parteispitze die Koalitionszusammenarbeit bis zum (bitteren) Ende durchziehen wird. Vielleicht hoffen Lindner und Co., dass knappe fünf Prozent noch den Deckel auf Angst und Unzufriedenheit in der Partei halten können.

Nichtsdestotrotz: Die politischen Zukunftsaussichten für diese Regierung sahen selten schlechter aus.

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