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Klingbeilisierung: Mit blankem Sozialpopulismus geht die SPD in die Bundestagswahl

Mit üppigen Versprechen startet die SPD in einen Wahlkampf des Sozialpopulismus - sie will sich ihre Wähler quasi kaufen. So kommt man an die Grenze der Demokratie - die SPD nimmt Abstand von Seriosität und Realität.

Mit „Klingbeilisierung“ beschreiben Kritiker einen dumpfen Populismus, den der jetzige SPD-Chef Klingbeil gerne in Wahlkämpfen betreibt. Jetzt wurde die SPD auch inhaltlich „klingbeilisiert“.

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Was kostet ein Wähler? Die SPD schickt sich dieser Tage an, diese Frage zu beantworten. Sie will es zumindest versuchen und ist bereit, viel Geld in die Hand zu nehmen. Das Gute ist: Es ist nicht ihr Geld. Stattdessen verteilt die SPD das Geld anderer Leute so üppig, wie andere Parteien vielleicht Flyer und Kugelschreiber verteilen. Wenn es um Wahlgeschenke geht, schöpft die SPD aus dem Vollen – vor allem aus den vollen Kassen des Staates.

Im neuen Strategiepapier der SPD sitzt das Geld wirklich locker: Steuersenkungen für 95 Prozent, gleichzeitig „Rekordinvestitionen“. Unternehmen, die in von den Sozialdemokraten ausgemachten Zukunftsbranchen investieren, sollen „Superabschreibungen“ bekommen. „Wer in Deutschland investiert, erhält steuerliche Vergünstigungen“, heißt es.

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Eine dieser ausgemachten Zukunftsbranchen ist die strauchelnde E-Autoindustrie: Sie soll massiv gefördert werden, unter anderem mit neuen Kaufanreizen. Für Leasinganbieter soll eine verpflichtende E-Quote gelten, E-Dienstwagen sollen steuerlich subventioniert werden. Belastet werden sollen dafür nur die „Besserverdienenden“, das berühmt-berüchtigte „eine Prozent“. Im Papier heißt es: „Die Steuerpflichtigen mit den allerhöchsten Einkommen können dafür etwas mehr Verantwortung übernehmen, um eine Steuersenkung für den Großteil der Menschen zu finanzieren“

Die SPD erklärt die Trennung von der Wirklichkeit

Die SPD fordert in dem Papier außerdem erneut eine Reform der Schuldenbremse und wirbt für die Einrichtung eines „Deutschlandfonds“ am Kapitalmarkt, um privates und öffentliches Geld für Zukunftsinvestitionen zu mobilisieren. Konzepte für einen solchen Staatsfonds sind nicht neu, auch die SPD hat sie bereits gefordert. Grundsätzlich sieht die Idee einen quasi öffentlich-rechtlichen Staatsfonds vor, der „gemeinwohlorientiert“ handelt und dessen Aufsichtsrat von Vertretern der Arbeitnehmer- sowie Arbeitgeberseite paritätisch besetzt ist.

Befüllt werden würde der Fonds mit Mitteln der betrieblichen Altersversorgung und anderen Rentenanlagen, sowie aus Pensionsfonds oder Lebensversicherungsanlagen. So schlägt es zumindest das Konzept eines Staatsfonds vor, das von der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Verena Hubertz initiiert wurde.

Viel Geld für viele Leute – bei gleichzeitigen Entlastungen. „Etwas stärker belastet“ werden sollen nur die „Besserverdienenden“, also Menschen mit 15.000 Euro Monatseinkommen oder mehr. Im Bundesfinanzministerium hat man die SPD-Pläne durchgerechnet: Sollen 95 Prozent der Steuerpflichtigen also um insgesamt elf Milliarden Euro entlastet werden, müsste der sogenannte Reichensteuersatz um elf Prozentpunkte angehoben werden, um das Geld beim obersten Prozent wieder reinzuholen. Er müsste demnach von derzeit 45 auf 56 Prozent steigen.

Zusammen mit dem Solidaritätszuschlag würde die Gesamtbelastung bei 59 Prozent liegen. Radikale Belastung für die Leistungsträger, die ohnehin schon ein Gros der Steuerlast stemmen – das Finanzministerium hat berechnet, dass das oberste eine Prozent aktuell schon knapp 25 Prozent des gesamten Lohn- und Einkommensteueraufkommens zahlt.

Das ist natürlich gefährlich – macht man sich nämlich klar, dass zu diesen „Besserverdienenden“ tausende Mittelständler gehören, für die die private Einkommenssteuer auch die Unternehmenssteuer darstellt, begreift man die wahre Bedeutung dieser Pläne: massive Steuererhöhungen für das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die kleinen und mittelständischen Betriebe. Das liest sich nur nicht so gut wie „etwas mehr Belastung“ für „die Besserverdienenden“, womit man Reflexe des Sozialpopulismus hervorragend bedienen kann.

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Rechnen muss sich das nicht – nur für die SPD am Wahltag

Politisch ist das extrem billig – für uns alle aber extrem teuer. Es stellt sich aber noch eine tiefergehende Frage: Was ist das für ein Wählerbild? Und ab wann kann man eigentlich von Bestechung oder Wählerkauf sprechen, wenn die Regierungspartei mit beiden Händen tief in die Taschen mit anderer Leute Geld greift, um eine Wahl zu gewinnen? Sind rein von Geldgeschenken motivierte Wahlen noch über den formalen Akt hinaus demokratisch? Man kommt zumindest nahe an Friedrich August von Hayek, der einst fürchtete, dass auch „soziale Demokratie keine Demokratie ist.“

Aber liberale Denker wie ihn hat man in der Sozialdemokratie ohnehin nie geschätzt – und die SPD scheint sich eher konsequent dem Geist der sogenannten Modernen Monetärtheorie zuzuwenden, nach dem Geld ohnehin eine fiktionale Größe ist, die unendlich sei und auch so behandelt werden sollte. Oder wie Grünen-Finanzpolitikerin Jamila Schäfer es einmal ausgedrückt hat: Man kann in seiner eigenen Währung gar nicht pleitegehen, die Zentralbank gibt einem einfach neues Geld.

Einfach mehr Geld drucken – im Endeffekt ist es das, was hinter den SPD-Konzepten steht. Geld aus dem Nichts erschaffen, durch massive Staatsschulden, womit man wiederum die üppigen Ausgaben trägt – die einem die Wählergunst sichern sollen. Renommierte Kritiker des Wohlfahrtsstaates warnten schon vor langer Zeit, dass genau das passieren würde: Mit Sozialgeschenken würden die Parteien sich Wähler kaufen. Mit der SPD ist Deutschland jetzt genau dort angekommen. Nicht erst seit dem jüngsten Strategiepapier, sondern schon seit Jahren.

„Langfristig wird das kaum finanzierbar sein“

Die SPD, die etwa die deutschen Rentenkassen vor zehn Jahren noch mit der „Rente mit 63“ für Wahlgeschenke plünderte, macht zum wiederholten Male Wahlkampf „für gute Renten“. Bedeutet natürlich: Mehr Belastung des klammen Budgets und im Zweifel noch mehr Zuschüsse in die geleerten staatlichen Kassen, die der Bürger auf die eine oder andere Art mitzahlen darf. Für junge Leute ein Hohn: Die SPD predigt „sichere Renten“, wird ihnen aber eine verwüstet-leere Rentenkasse zurücklassen.

Dazu soll jetzt das umstrittene „Rentenpaket II“ kommen – mit ihm will die SPD das Rentenniveau in Beton gießen, gleichzeitig soll die Beitragsgrenze entfallen, also nach oben offen sein. Auch es soll laut SPD-Strategiepapier unbedingt durchgesetzt werden. Ein kaum verhohlenes Wahlgeschenk an die Rentner-Klientel, die die SPD vor allem noch wählt – die Jungen dürfen die Zeche zahlen.  

Ökonom Martin Werding, Wirtschaftsweiser, kritisiert: Die Regierung kündige mit der Reform die bisherige Lastenverteilung zwischen den Generationen auf. Konsequenz sei eine „einseitige Belastung jüngerer Versicherter“. Grob ließe sich sagen: Wer heute 47 Jahre und älter ist, profitiere von der Reform – wer 46 oder jünger ist, werde benachteiligt. Rentenexperte Axel Börsch-Supan merkt laut t-online an: „Langfristig wird das kaum finanzierbar sein.“

Die Sozialdemokraten machen aber nicht nur Wahlkampf mit Staatsgeldern – sondern mit dem Geld von Unternehmen und Arbeitgebern. 2013 wurde das Mindestlohngesetz gerade von der SPD oft damit gerechtfertigt, dass es auf Tarifpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften beruhe, nicht auf politischem Dirigismus. Zwölf Jahre später wird die SPD zum zweiten Mal in Folge einen Wahlkampf damit bestreiten, den Mindestlohn staatlich-politisch festzulegen. Erst zwölf, jetzt 15 Euro. Das ist schon deutlich eher Kommandowirtschaft als soziale Marktwirtschaft.

Und es lässt sich beliebig oft fortsetzen – auch, weil es ja das Geld der Arbeitgeber, der Unternehmen ist. Die können ruhig „etwas mehr Verantwortung“ übernehmen. Und im nächsten Wahlkampf dann 17 Euro? Dann 20? Man kann diesen blanken Sozialpopulismus natürlich beliebig weiter eskalieren. Das ist das Gefährliche.

„Klingbeilisierung“ im Endstadium – Sozialpopulismus pur

Was die SPD hier betreibt, ist nämlich nichts anderes als Sozialpopulismus in einer Dreistigkeit, für die sich selbst die Linke an guten Tagen vielleicht noch zu schade wäre. Und es drückt einen Geist aus, der eher an Kommandowirtschaft des Sozialismus als an Marktwirtschaft erinnert. Vielleicht hat Christian Lindner recht, wenn er zu den SPD-Plänen sagt: „Die nächste Wahl entscheidet über gelenkte Verwaltungswirtschaft oder Soziale Marktwirtschaft.“ Vielleicht will die SPD auch gerade ihn und seine Partei mit solchen Thesen auch aus der Koalition herausekeln – um dann einen vorgezogenen Wahlkampf machen zu können. Dann nämlich neben „Blackrock-Heuschrecke Friedrich Merz“ auch noch die „kalte, neoliberale FDP“ zum Gegner zu haben, die soziale Wohltaten verhindern wollte – für jeden Sozialpopulisten ein Paradies.

Lars Klingbeil hat die SPD schon als Generalsekretär verlässlich auf den Pfad der Dumpfheit und des Linkspopulismus geführt – als Parteichef will er diesen Weg jetzt auch konsequent zuende gehen. Die „Klingbeilisierung“, womit SPD-Kritiker den toxischen Populismus von Klingbeils Kampagnen bei der letzten Bundestagswahl beschrieben, kommt jetzt auch auf der inhaltlichen Ebene an – nichts anderes drückt ein unseriöses Strategiepapier wie dieses aus. Endstadium für tatsächliche Inhalte oder Seriosität, die man von einer Kanzlerpartei naiverweise doch noch erwartet. Wie ein roter Faden zieht sich durch die Ideen der Sozialdemokraten der völlig kopflose Umgang mit Geld, ob Steuergeld oder direkt dem Geld anderer Leute.

Rechnen muss sich das alles nicht – nur für die Sozialdemokratie am Wahltag. Der Vorwurf an die SPD, sie habe das alles nicht durchgerechnet, wäre im Angesicht eines Papiers wie diesem wahrscheinlich nichtmal polemisch oder unfair, sondern einfach zutreffend – eine tatsächliche Bilanz der eigenen Pläne hat man ja auch überhaupt nicht vorgelegt. Wahrscheinlich läuft die Rechnung auch plus X, und X ist ein geradezu mythisch-magischer, bodenloser Schuldentopf. Da wird aus Mathematik aber eben Mystik. Wieviel Geld will die SPD ausgeben? Wie viele Schulden möchte sie wirklich machen? Seriös wäre es, den Wählern auch das zu sagen.

Realistischerweise bleibt auch die Frage: Wie will die SPD nach der Wahl eine solche Reform der Schuldenbremse und anschließend üppige Verschuldungspolitik durchsetzen? Eine Zweidrittelmehrheit für die notwendige Verfassungsreform scheint, gelinde gesagt, sehr ambitioniert. Aber das ist der Vorteil des Populismus: Er lässt die Grenzen des Tatsächlichen und des Faktischen hinter sich. Die SPD hat klar gemacht, dass sie im kommenden Wahlkampf genau diesen Weg gehen möchte.

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