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Grüner Stahl fällt aus: ThyssenKrupp kämpft längst ums Überleben

Die Nachfrage für deutschen Stahl schwindet. Seit Jahren schreibt die traditionsreiche Stahlsparte von ThyssenKrupp rote Zahlen, nun droht der Kollaps. Entstanden ist die Katastrophe auf einem Fundament der grünen Träume von Energiewende und grünem Stahl – jahrelang mitgetragen vom Management.

Sein Abgang steht symbolisch für die Krise in ThyssenKrupps Stahlsparte: Der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende von TKSE, Sigmar Gabriel

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Der Streit zwischen der Führung des Mutterkonzerns auf der einen Seite und der Stahlsparte von ThyssenKrupp auf der anderen Seite sorgte am vergangenen Donnerstag für Schlagzeilen (Apollo News berichtete). Der Vorstandsvorsitzende des Mischkonzerns, Miguel Lopez, möchte die Produktionskapazitäten der Stahlsparte deutlich reduzieren. Das Ziel des Konzernchefs ist es, ThyssenKrupp so schnell wie möglich wieder profitabel zu machen. Im vergangenen Jahr war das Unternehmen in die roten Zahlen gerutscht. Innerhalb von 2023 machte man 314 Millionen Euro Verlust. Der negative Trend setzt sich auch 2024 fort. Im dritten Quartal des laufenden Fiskaljahres musste der Konzern einen Verlust von 54 Millionen Euro hinnehmen (Apollo News berichtete).

Insbesondere die traditionsreiche Stahlsparte von ThyssenKrupp, die Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) ist dabei von den Problemen betroffen. Ihr operatives Ergebnis hatte sich in dem bereits angesprochenen dritten Quartal des laufenden Fiskaljahres halbiert. Seit Jahren schreibt sie rote Zahlen. Die angestrebte Umstrukturierung der Sparte ging dem Vorstandschef nicht schnell genug. Mitte August griff der Chef des Mutterkonzerns den Chef der Stahltochter, Bernhard Osburg öffentlich an – warf diesem „Schönfärberei“ vor. Lopez verlangte von der Stahlsparte schnelle Ergebnisse. Am Donnerstag eskalierte die Lage endgültig. Nahezu die gesamte Führung der TKSE trat zurück – unter anderem drei Mitglieder des Aufsichtsrats, inklusive dem Vorsitzenden Sigmar Gabriel, und Vorstandsvorsitzender Bernhard Osburg.

Nun hat die Konzernführung um Miguel Lopez freie Hand bei der Ausgliederung der Stahlsparte. Diese dürfte sehr auch mit einem erheblichen Abbau an Arbeitsplätzen und sogar Werksschließungen einhergehen. Im Hauptstandort der TKSE in Duisburg arbeiten 13.000 Menschen. Insgesamt beschäftigt die Stahlsparte 26.000 Menschen. Der Betriebsrat der TKSE erwartet bei Lopez Kurs bis zu 10.000 Stellen, die abgebaut werden könnten.

Schwindende Nachfrage und hohe Energiepreise

Es ist offensichtlich, die Krise der Stahlproduktion wird voraussichtlich nur noch drastischer werden. Bereits jetzt macht vor allem die schwache Nachfrage der TKSE Probleme. Die Autoindustrie, welche einer der Hauptverbraucher von deutschem Stahl ist, reduziert seit Jahren die Automobilproduktion, seit 2011 ist sie um etwa 30 Prozent gesunken. Auch in anderen Feldern sank die Nachfrage zuletzt. Eigentlich kein Wunder, denn gleichzeitig zum Nachfragenachlass steigen die Energiepreise deutlich. Das ist in einer energieintensiven Branche wie der Stahlproduktion Gift. Die Energiepreise werden dabei in Zukunft, aufgrund der kostenintensiven Energiewende, nur noch weiter in die Höhe klettern.

Gleichzeitig möchte ThyssenKrupp aber auch mehr „grünen Stahl“ produzieren. Dafür baute man, mithilfe von kräftiger finanzieller Unterstützung von Seiten des Staates, einen Hochofen um, sodass dieser nun klimaneutral betrieben werden kann.

Die Nachfrage für den grünen Stahl scheint aber nicht hoch genug zu sein. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck legte Ende Mai ein neues Konzept vor, welches grüne Grundstoffe, insbesondere auch Stahl, künstlich auf dem Markt fördern sollte. In der EU soll es eine Quotenregelung für grünen Stahl geben. Gleichzeitig stand im Raum, zukünftig öffentliche Aufträge bevorzugt an Unternehmen zu vergeben, welche grüne Grundstoffe nutzen würden.

Robert Habeck begründete die Hilfestellung für die grünen Bemühungen der Unternehmen damit, dass es das Ziel des Wirtschaftsministeriums sei, „auch energieintensive Produktion in Deutschland zu halten“. Bei seinem ehemaligen Staatssekretär Patrick Graichen klang das 2022 noch ganz anders: „Im Wesentlichen wird es wahrscheinlich bedeuten, dass energieintensive Industriezweige die Produkte, die man auch an anderen Orten einfach herstellen könnte, dorthin gehen, wo es den Strom für ein bis zwei Cent gibt“ stellte Graichen damals über die Energiewende nonchalant fest.

Es zeigt sich, die Energiewende macht die herkömmliche Stahlproduktion teuer und unattraktiv, während die grüne Stahlproduktion sowohl auf Angebots- als auch Nachfrageseite durch den Staat am Leben erhalten werden muss. Irgendwann, spätestens dann, wenn man von staatlicher Seite den Geldhahn zudrehen werden muss, könnte die Stahlproduktion vollends kollabieren. Doch schon jetzt droht erheblicher Stellenabbau. Hauptverantwortlich dafür sind grüne Luftschlösser von Energiewende und grünem Stahl. Mitgetragen wurde dieser Kurs allerdings jahrelang vom Management von ThyssenKrupp. Nun erntet man das, was man gesät hat.

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