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Elon Musk, die AfD und die totale Kernschmelze im politischen Berlin

Elon Musk bekennt sich zur AfD - und im politischen Berlin bricht alles zusammen. Journalisten wittern großangelegte Wahlmanipulation, Politiker betteln auf Englisch um seine Aufmerksamkeit. Was für eine Kernschmelze wegen einer konsequenzlosen Meinungsäußerung.

Ein Satz reicht, damit Berlin um ihn kreist: Elon Musk.

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„Only the AfD can save Germany“ – nur die AfD kann Deutschland retten. Das meint zumindest Elon Musk. Und löst damit einen Sturm der Empörung aus. Jetzt drehen alle frei – was erlauben Musk? Und direkt ist man auch mit allerlei Geschwurbel zur Stelle. Unbelegbare Verschwörungstheorien über angeblich manipulierte Algorithmen, Vorwürfe der Wahlbeeinflussung, gar das Ende der liberalen Demokratie wird ausgerufen. Der ehemalige ARD-Journalist Ulrich Deppendorf erklärt erst: „Elon Musk ist der wahre US-Präsident, Trump seine Marionette.“ Und dann einen Satz weiter: „Er mischt sich in den deutschen Wahlkampf ein. Im Auftrag von Trump?“. Trump steuert Musk, der wiederum Trump steuert. Muss man das verstehen?

Belege für all das Geschwurbel legen die Journalisten, Politiker und andere X-Nutzer, die sowas behaupten, nicht vor. Es gibt sie auch nicht wirklich. Es ist also das, was man sonst eine „Verschwörungstheorie“ nennen würde. Manipulation? Eigentlich sind die Algorithmen von X Open Source, also einsehbar.

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Naja, geschenkt. Die Empörung wirft jedenfalls die Frage nach doppelten Standards auf. Darf Musk seine Meinung zur deutschen Politik überhaupt äußern? Oder nur, wenn er sich nicht für die AfD ausspricht? 2018 riefen etwa diverse Hollywood-Promis dazu auf, die AfD nicht zu wählen. Auch reiche, einflussreiche Amerikaner – aber komischerweise meldete sich dort kaum einer, der jetzt ausländische Einmischung beklagt.

Gute Einflussnahme, schlechte Einflussnahme

Und als die ehemaligen Chefs des ehemaligen Twitters tatsächlich die Algorithmen manipulierten, regte sich in Deutschland auch kaum einer. Als der chinesische Konzern TikTok dem AfD-Politiker Maximilian Krah im Europawahlkampf die Reichweite drosselte, applaudierten manche gar, die jetzt Musks Meinungsäußerung in Grund und Boden verurteilen. Was gilt denn nun? Oder gibt es gute Einflussnahme und schlechte Einflussnahme?

An dieser Stelle sei daran erinnert: Es war das Auswärtige Amt, welches sich ohne Not in den US-Wahlkampf eingemischt hat. Von so ziemlich höchster Stelle kommentierte der deutsche Staat die Aussagen Trumps und damit die Wahlkampagne, deren Teil Elon Musk war. Was ist da die kurze Äußerung eines Musks, der immerhin noch Privatmann ist? Aber schon fordern Leute die Enteignung Musks, oder zumindest rechtliche Maßnahmen der EU gegen X. Ein peinlicher Doppelstandard.

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Für mich ist es ehrlich gesagt unverständlich, dass so viele der Meinung eines amerikanischen Milliardärs so viel Wert beimessen. Auch wenn er das Ohr des designierten US-Präsidenten hat und in dessen Regierung offenbar viel Einfluss ausübt – was weiß Musk denn über die deutsche Politik, dass man so um seine Äußerungen kreisen muss? Man könnte es als das abtun, was es ist: die Meinung eines Außenstehenden, die vielleicht fundiert, vielleicht dahingerotzt ist. Und einfach weitermachen.

Stattdessen so ein peinliches Schauspiel. Und zahlreiche Politiker, die sich nicht zu schade sind, auf Englisch um Musks Aufmerksamkeit zu buhlen. Christian Lindner fleht „Elon“ um ein Treffen an und will ihm erklären, dass er ja eine Politik-Debatte losgetreten habe, die „von deinen Ideen inspiriert“ und die FDP deshalb viel besser als die AfD sei. „Lass uns treffen“, bettelt er. Und Alice Weidel meint, direkt ein Video an „dear Elon“ richten zu müssen, das schon ganz hart auf der Grenze des Einschleimens steht. Wie kann es Spitzenpolitikern nicht peinlich sein, sich diesem Mann so würdelos an den Hals zu werfen? Dear Elon, bitte beachte mich.

Ob Elon Musk die AfD, die Grünen oder die Anarchistische Pogo-Partei für die Retter Deutschlands hält – völlig egal. Und anstatt bei einem exzentrischen Milliardär aufzuschlagen wie ein 13-jähriges Fangirl bei ihrer liebsten Boyband, könnten die Politiker einfach ihren Job – gute Politik – machen. Dann bemerkt Musk sie vielleicht ganz von selbst.

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