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Die Haltung der Grünen zur Gentechnik ist schizophren

Grüne Bundesminister haben sich gegen eine Lockerung der Gentechnik-Regelung in der EU ausgesprochen. Prinzipielle Vorsicht könnte man verstehen - allerdings irritiert: Bei der gentechnisch veränderten Corona-Impfung, die viel direktere Auswirkungen hat, sehen die Politiker keine Probleme. 

Es war ein dunkler Nachmittag im Hörsaal, als meine Kommilitonen und ich von einer Genetikerin über die Möglichkeiten der neuartigen CRISPR/Cas-Methode unterrichtet wurden. Während die Dame sprach, wachte im Hörsaal ein müdes Studentengesicht nach dem anderen auf, beugte sich interessiert nach vorn, machte Notizen. Auch ich war sehr angetan von den Schilderungen der Forscherin – immerhin klangen sie nach einer Mischung von Sci-Fi, Weltrevolution und dem menschlichen Greifen nach Göttlichkeit. 

Die 2012 erstmalig vorgestellte Genschere, so erklärte man uns, eröffne zahlreiche Möglichkeiten für die Medizin. Man könne gezielt in die Erbinformation der menschlichen Zellen eingreifen und so beispielsweise krankmachende Gene ausschalten. Erbkrankheiten wie die Sichelzellenanämie könnten dadurch endlich geheilt werden. Ein Wissenschaftler in China habe sogar behauptet, die Gene in den Keimzellen von Embryonen so verändert zu haben, dass sie ihr Leben lang vor HIV geschützt seien. Er wurde für diese Menschenexperimente von der chinesischen Justiz bestraft. Seitdem fragen sich Forscher auf der ganzen Welt, was noch möglich ist. Krebs heilen? Das Aussehen von Kindern noch vor der Geburt nach Wünschen der Eltern verändern?

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Und auch für die Landwirtschaft eröffne die Methode bahnbrechende Möglichkeiten. Anstatt wie bisher verschiedene Nutzpflanzen auf gut Glück radioaktiv zu bestrahlen und auf nützliche Mutationen zu hoffen, könne man nun gezielt störende Gene ausschalten und nützliche Gene von verwandten Arten einbringen. So könne zum Beispiel eine Kartoffel, die anfällig für Fäule ist, durch das Einbringen von erblicher Information aus einer Kartoffelart, die nur selten fault, selbst resistent gegen Fäule werden und so mehr Ertrag bringen. 

EU-Verhandlungen am Montag gescheitert

Mit der Nutzung der CRISPR/Cas-Technologie in der Landschaft schlägt sich die Europäische Union nun schon seit Jahren herum. Erst am Montag scheiterte ein erneuter Versuch der Landwirtschaftsminister der verschiedenen EU-Staaten, sich auf eine Lockerung der Regelungen zum Einsatz der Gentechnik-Methode zu verständigen. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, die Kennzeichnungspflicht und die Auflagen für Risikoprüfungen der gentechnisch veränderten Produkte stark zu lockern und teilweise gänzlich abzuschaffen.

Befürworter der Lockerungen argumentierten, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass die neue Genscheren-Methode in irgendeiner Weise gefährlicher sei als die klassische Gentechnik durch Bestrahlung. Letztere unterliege jedoch deutlich weniger Regulationen. Gleichzeitig ermögliche die neue Methode, Pflanzen in Europa ertragreicher und weniger anfällig für Klimaveränderungen zu machen.

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Vor allem Deutschland tritt in der europäischen Debatte als Bedenkenträger auf. Bei der Abstimmung am Montag enthielt sich Landwirtschaftsminister Özdemir – mit Rücksicht auf Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger von der FDP, die den Neuerungen positiv gegenüber steht. Özdemir selbst hat gemeinsam mit Partei-Kollegin und Bundesumweltministerin Steffi Lemke jedoch nicht viel für die gentechnisch modifizierten Pflanzen übrig. Er sprach sich dafür aus, dass Verbraucher auch in Zukunft deutlich erkennen können müssen, ob Produkte durch Gentechnik hergestellt wurden oder nicht, um selbst wählen zu können, ob sie gentechnische Lebensmittel konsumieren wollen.

Die Umweltministerin hat Sicherheitsbedenken

Lemke wiederum erläuterte vor wenigen Tagen im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen, dass sich ihre Zurückhaltung gegenüber den diskutierten EU-Reformen vor allem auf anhaltenden Sicherheitsbedenken gründe. Sie erklärte, dass die Genschere in Regionen des Genoms vordringen könne, die von der Natur vor Veränderungen geschützt seien. „Wenn wir an dieser Stelle gezielt eingreifen und kein Wissen über die Folgen haben, gilt für mich: Erst die Auswirkungen bewerten, und dann über eine großflächige Anwendung der neuen Methode entscheiden.“ Es gehe ihr nicht um ein Verbot von Crispr-Cas. Sie wolle aber erreichen, dass der Einsatz „so sicher wie möglich“ sei. 

Ob diese Bedenken begründet sind, bewerten verschiedene Wissenschaftler unterschiedlich. Die deutsche Nationale Akademie der Wissenschaften, auch als Leopoldina-Akademie bekannt, erklärte beispielsweise im Oktober 2021 in einem Beitrag: „Für neue molekulargenetische Verfahren wie CRISPR/Cas liegen noch keine Langzeiterfahrungen vor. Zugleich gibt es aber auch keine wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass die zielgerichteten Methoden der Genomeditierung mit spezifischen Risiken verbunden sind.“

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Grundsätzlich besteht sowohl bei der klassischen Gentechnik als auch bei der neuen CRISPR/Cas-Methode die Gefahr, dass durch den menschlichen Einfluss auf das Erbgut nicht nur die gewünschten Teile des Erbguts verändert werden können, sondern auch andere Bereiche. Die Folgen dieser Veränderungen lassen sich schwer abschätzen. Schweizer Forscher argumentieren, dass die genetischen Veränderungen, die durch die Genschere verursacht werden, „um ein Vielfaches geringer“ seien als bei der durch radioaktive Strahlung oder Chemikalien angeregten Gentechnik. 

Parallelen zur Corona-Impfung

Man kann die Bedenken der Grünen zur CRISPR/Cas-Methode auf dieser Grundlage berechtigt finden oder nicht – betrachtet man ihre Argumentation mit Blick auf die Debatte zur Sicherheit der Corona-Impfungen, erscheint sie vor allem als skandalös unstringent, um nicht zu sagen schizophren. Bekanntlich handelt es sich auch bei den mRNA-Impfstoffen um gentechnisch veränderte Produkte, die jedoch nicht in Pflanzen, sondern direkt in den menschlichen Körper eingebracht werden. Dort baut sich die genetischen Produkte, anders als anfangs behauptet wurde, nicht sofort ab. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass die durch die mRNA produzierten Spike-Proteine auch noch Monate nach der Impfung im ganzen Körper nachweisbar sind. 

Zudem haben zahlreiche Wissenschaftler Verunreinigungen der Impfstoffe mit DNA-Partikeln festgestellt, bei denen aufgrund der speziellen Wirkweise der Impfung über Lipidnanopartikel die Gefahr besteht, dass diese direkt in den Zellkern gelangen und sich dort möglicherweise in das körpereigene Erbgut integrieren. Dies könnte potentiell gesundheitsschädigende Folgen haben. Amerikanische Krebsspezialisten wiesen unter anderem zuletzt vermehrt auf die – geringe – Gefahr hin, dass durch die Veränderungen des Erbguts Krebs ausgelöst werden könnte (Apollo News berichtete). 

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Vor diesem Hintergrund wirkt Lemkes Forderung in Bezug auf die Genschere, „erst die Auswirkungen [zu] bewerten und dann über eine großflächige Anwendung der neuen Methode [zu] entscheiden“ geradezu absurd. Die Grünen treten bis heute als Unterstützer der Corona-Impfung auf. Im April 2022 stimmte ihre Fraktion im Bundestag gemeinsam mit der SPD mehrheitlich für eine allgemeine Impfpflicht. Nur der Widerstand der anderen Parteien ließ den Gesetzesentwurf scheitern. Wäre es nach den Grünen gegangen, hätten sich alle Deutschen ein gentechnisch verändertes Produkt injizieren lassen müssen, das – anders als die Genschere – nicht seit über zehn Jahren entwickelt und eingesetzt wird, sondern innerhalb eines Jahres auf den Markt gebracht wurde. Sicherheitsbedenken aufgrund der neuen Methodik hatten die Grünen hier nicht.

Die grüne Ablehnung den Gentechnik in der Landwirtschaft zeigt, dass sich die Abgeordneten anscheinend mehr um die Gesundheit der Natur als um die der Menschen sorgen. Mit gesundem Menschenverstand ist das nicht zu erklären. Vielleicht sollte sich Lemke auch einmal wieder in einen Hörsaal setzen.

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