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Der D-Day und die FDP: Gespielte Aufregung und Harakiri

Medien empören sich über ein Strategie-Papier der FDP, die mit ihrer Kommunikation völlig kollabiert. Der wahre Skandal ist aber nicht das Papier, sondern die Kopflosigkeit in der FDP: Das, und nicht der „D-Day“, wird eine Hypothek für den kommenden Wahlkampf.

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Man hatte ja fast schon Hoffnung. Hoffnung auf ein Rückgrat, das sich bei der FDP im Zuge des Ampel-Aus gebildet haben könnte. Aber das Chaos der letzten Tage beweist, dass es damit doch noch nicht so weit her ist. Erst erklärt die Partei, es gäbe kein Ampel-Aus-Papier namens „D-Day“ und spuckt noch Gift und Galle gegen die Journalisten, die das Ganze recherchiert hatten. Dann, als Zeit und Süddeutsche Zeitung drohen, das Papier zu veröffentlichen, steckt man es aus der Partei erst an ein weiteres Medium durch und veröffentlicht es dann direkt selbst. Sich selbst öffentlich der Lüge überführen – ist das noch Flucht nach vorne oder schon Harakiri?

Dabei wäre die ganze Lügerei um das Papier und den Ampel-Ausstieg überhaupt nicht nötig gewesen. Im Gegenteil: Hätte die FDP den Ampel-Austritt selbst offen vollzogen und dann zur „offenen Feldschlacht“ gegen Rot-Grün geblasen, hätte sie richtig profitieren können. Lindner und seine Freunde hätten sich hinstellen und den Leuten erklären können: Wir haben Schluss gemacht mit der Regierung, die keiner mag. Wir haben euch von der Ampel erlöst. Stattdessen so ein peinliches Hickhack. Lindner bewirft den Bundeskanzler mit Schuhen, die er sich selbst anziehen muss, die FDP inszeniert erst Empörung und bricht dann kommunikativ zusammen.

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Es kommt einfach verdammt schlecht rüber, dem Bundeskanzler seine Planungen zum Ampel-Aus zum Vorwurf zu machen, wenn man selber solche Pläne in der Schublade hat. Und wenn Köpfe der Partei dann die Unwahrheit dazu erzählen, gar lügen – nur, um dann doch überführt zu werden – dann wird aus schlecht katastrophal. Der Generalsekretär erklärt am Abend gegenüber Welt-Journalist Robin Alexander noch, er sähe keinen Grund für einen Rücktritt – über Nacht senkt die Parteiführung um Lindner dann offenbar den Daumen über Djir-Sarai, der am nächsten Morgen kleinlaut in einem Sekunden-Statement seinen Hut nimmt. Der Skandal ist nicht das Papier – der Skandal ist die Kopflosigkeit in der FDP. Das, und nicht der „D-Day“ selbst, wird den Liberalen im kommenden Wahlkampf empfindlich schaden.

Die linkslastige Medienlandschaft inszeniert Empörung – und die FDP lässt sich mal wieder treiben. Aus einem arroganten „Wo ist die Nachricht?“ des Parteichefs, das dann Parteimitglieder in Reaktion auf die Recherche eifrig nachplapperten, ist ein kommunikatives Desaster geworden, das sich die Freien Demokraten schlicht und ergreifend selbst eingebrockt haben. Die Ampel ist aus, aber das Rückgrat fehlt der Partei noch immer – die FDP scheint nicht kampagnenfähig.

Dabei wäre ein Gegenangriff auf die inszenierte Empörung so einfach. Die Aufregung rund um die Begrifflichkeiten des Papiers – „D-Day“, „offene Feldschlacht“ – ist affig. Wer schonmal einen Blick in die interne Kommunikation anderer Parteien geworfen hat, weiß: Bei sowas ist niemand ein Kind von Traurigkeit. Aus dem „D-Day“ jetzt, wie es einige tun, gar eine Verharmlosung des Zweiten Weltkrieges abzuleiten, sind lächerliche Hirnverrenkungen von Leuten, die der FDP sowieso immer alles ankreiden würden. Kaum ein möglicher FDP-Wähler wird der Partei Planungen zum Ampel-Aus zum Vorwurf machen – viel eher, die eigenen Pläne nicht mit Rückgrat umgesetzt zu haben.

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Anstatt mal aufrecht zu kämpfen, sägt die FDP sogar noch die Stimmen ab, die immerhin am meisten Widerstand gegen den Ampel-Wahnsinn geleistet haben. Bijan Djir-Sarai war in der Ampel als „Querulant“ gefürchtet – ausgerechnet er soll jetzt gehen. Klassisch-liberale oder rechtsliberale Stimmen wie Linda Teuteberg oder Katja Adler werden von ihrer Partei abgesägt und mit stromlinienförmigen Ja-Sagern ersetzt. Der linksliberale Flügel der Ampel-Claqueure hingegen bleibt unangetastet, und Lindner selbst natürlich auch. Stattdessen rollen die Köpfe, die für einen Neuanfang hätten stehen können. Und anstatt in den Angriff zu gehen, liegt die FDP zusammengekauert am Boden und lässt die Presse auf sich eintreten.

Jetzt betreiben manche Medien wieder ihren liebsten Sport, das FDP-Bashing. Um Scholz und die Rest-Ampel oder gar um politische Inhalte geht es nicht. Stattdessen ergeht sich die Berlin-Blase im Hauptstadtklatsch. Wenn jetzt noch herauskommt, dass Christian Lindner Robert Habeck bei seinem Geburtstag im Bällebad ausgeladen hat, laufen die Computer in den Redaktionen so richtig heiß. Aber über das Regierungsviertel hinaus wird die Empörung über die FDP wenig verfangen.

Der einzige wirkliche Skandal am „D-Day“-Papier wird in den Augen der Menschen sein, dass man es nicht entschlossener und früher umgesetzt hat. Die FDP wollte mit dem „D-Day“ das Land, aber vor allem sich selbst, von der Ampel-Regierung befreien – doch bleibt getrieben von links. Diese Landung ist im medialen Sperrfeuer jedenfalls zum Desaster geworden. 

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