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Das jämmerliche Versagen der deutschen Feelgood-Manager

Das Ende der VW-Jobgarantie in Deutschland ist ein Menetekel des deutschen Niedergangs - das VW-Problem ist ein Deutschlandproblem. Der Konzern wird beispielhaft ruiniert von völlig abgehobenen CEOs, die ihre Marken nicht begreifen und geflissentlich den Ast absägen, auf dem sie sitzen - und mit ihnen ganz Deutschland.

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„Strategisch, zukunftsgerichtet haben wir uns entschieden, auf das software-defined vehicle umzusteigen“. Das sind Sätze, die man hört, wenn Porsche- und Volkswagenchef Oliver Blume spricht. Ich weiß nicht, woran Sie bei einem Porsche denken. Die ikonischen Scheinwerfer, die berühmte Karosserie eines 911, den Klang des Motors? Ich weiß aber sicherlich, woran Sie bei einem Porsche nicht denken – an „software-defined vehicles“. 

„Unser Ziel ist, 2025 mehr fünfzig Prozent Elektroautos zu verkaufen“, verkündete Blume noch 2022 großspurig im amerikanischen Fernsehen für die Marke Porsche – 2030 sollten es gar über 80 Prozent Eine völlig wahnsinnige Zielmarke, mit der er natürlich krachend gescheitert ist: 2024 betrug der Verkaufsanteil von reinen Elektroautos weltweit nur knapp sechs Prozent. Mal eben um rund das Zehnfache am eigenen Ziel gescheitert. „Der Wechsel zum E-Auto dauert länger, als wir das vor fünf Jahren unterstellt haben“, erklärte Porsche dazu lapidar.

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Blume, der seit 2022 auch die gesamte Volkswagen-Gruppe führt, und Porsche waren mit diesem Scheitern aber voll auf Konzernkurs: Seit Jahren hatte Volkswagen seine Elektroauto-Familie ID als Schlüssel für seine Zukunft angepriesen, und auch die Tochter-Unternehmen wie Audi oder Porsche machten mit. Fast alle großen, deutschen Autobauer setzen mehr oder weniger auf Elektroautos, aber Volkswagen wollte ganz vorneweg marschieren – und ist damit gegen eine Wand gerannt.

Es ist der aktiv herbeigeführte Niedergang von Marken, die die Identität dieses Landes mitprägen. Porsche – das ist Sportlichkeit, Eleganz und vor allem Spitzenleistung deutscher Ingenieurskunst. Ein Australier am anderen Ende der Welt weiß nicht, wie man „Porsche“ ausspricht, aber sehr wohl, was „Porsche bedeutet“. Und Volkswagen verkörpert vielleicht den letzten Rest des bundesrepublikanischen Wirtschaftswunders, Stabilität, Erfolg, Langlebigkeit, Verlässlichkeit. Ein Job bei Volkswagen verspricht Sicherheit und gutes Gehalt und bildete für Millionen Deutsche das Rückgrat einer guten Mittelklasse-Existenz – ein guter Job fürs Leben, von der Ausbildung bis zur Rente. Ganze Städte, nicht nur Wolfsburg, leben regelrecht von der Volkswagen-Fabrik vor Ort. Noch zumindest.

Der Kern dieses Mythos ist jetzt weg: Die Jobgarantie, dieses fast schon heilige Versprechen, dass kein deutscher Volkswagen-Mitarbeiter seinen Job verliert, ist gestrichen. Es zeichnete Volkswagen immer als das deutsche Auto-Unternehmen aus, aber jetzt ist Schluss damit. In der deutschen, aber auch der internationalen Presse wird dieser Schritt als das Menetekel registriert, welches er auch ist.

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Das VW-Problem ist ein Deutschlandproblem

„Das wirtschaftliche Umfeld hat sich nochmals verschärft, neue Anbieter drängen nach Europa. Dazu kommt, dass vor allem der Standort Deutschland bei der Wettbewerbsfähigkeit weiter zurückfällt. In diesem Umfeld müssen wir als Unternehmen jetzt konsequent agieren“, klagt Blume über die Entwicklung, die er sicher nicht alleine verursacht hat – an der schlechten Standortpolitik in Deutschland, an hohen Energiepreisen und der Unwirtschaftlichkeit dieses Landes hat er keine Schuld. „Berlin hat die deutsche Automobilindustrie hängen lassen“, bilanziert der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer, Direktor am deutschen Car-Institut. „Berlin und die Politik lassen die Autoindustrie im Stich – schauen Sie doch Bosch an, schauen Sie ZF an, schauen Sie Conti an – Conti zerbröselt fast schon! Wir haben nicht nur ein VW-Problem, wir haben ein Deutschlandproblem.“

Doch Blume hat bei all diesen Entwicklungen nicht protestiert, sondern ist sie, wie schon sein Vorgänger Herbert Diess, gehorsam mitgegangen in Richtung Abgrund. Völlig vergessen hat er, was Volkswagen und Porsche sein sollten. Während sich diese für das ganze Land vernichtende Entwicklung fortschreibt, sitzt VW-Chef Blume im Interview mit auto, motor und sport und erzählt etwas vom „software defined Vehicle“. Herbert Diess erzählt derweil immer noch, dass Elektromobilität eine Wunderformel sei, die nicht nur das Autofahren emissionsfrei, sondern auch nahezu kostenlos machen werde, während sein ehemaliges Unternehmen in ebenjener Sparte kollabiert. Er habe die absurde Zielmarke Verbrenner-Aus 2035 „damals nicht kritisiert“, weil man den Kunden Orientierung, einen „Anker“ geben müsste. Aha. Hinterher will er eigentlich gegen die Politik gewesen sein, bei der er applaudierend nebenher marschiert ist.

Diess ist jetzt Manager in der Solarbranche – und erzählt noch immer, dass „die neue CO₂-freie Welt in vielen Bereichen leistungsfähiger und effizienter, ja sogar billiger wird.“ Nachdem er mit seiner Elektro-Strategie bei Volkswagen Ruinen hinterlässt, macht er einfach da weiter, wo er aufgehört hat. „Das Thema, das ich derzeit vorantreibe, ist das Nutzen der E-Auto-Speicher im Stromnetzwerk. Das wird fast zu einer Wunderformel: Man kann umsonst Elektroauto fahren und gleichzeitig mehr Erneuerbare Energien ins Netz stellen. Aber das ist sehr komplex, da geht es um Software und Systemwissen“, erzählt er im Interview mit dem Klimaportal Focus Online Earth. Er meint: „Es macht einfach Spaß, E-Auto zu fahren und eine Wärmepumpe zu haben und Solaranlagen am Dach“ – und „keine Stromrechnung zu zahlen.“ In so einer völlig abgehobenen Gedankenwelt muss man erstmal leben, in der man dank der spaßigen Energiewende keine Stromrechnung zahlt.

Es ist kein Wunder, dass solche Männer nur den Niedergang ihrer Unternehmen verwalten – wer so redet, hat von der DNA seiner Marken (im unerträglichen Business-Englisch moderner Konzerne würde man „corporate identity“ sagen) nichts verstanden. Das Rückgrat der deutschen Automobilindustrie ist der Verbrenner. Das E-Auto kann es nicht sein. Anstatt aber gegen das wahnsinnige Verbot anzukämpfen, stürzt man sich bereitwillig selbst ins Schwert und hat auch noch „Spaß“ dabei.

Solche Leute begreifen gar nicht mehr, dass niemand einen Porsche wegen der „Software-Lösungen“ fährt. Es ist das Röhren des Motors, das Fahrgefühl, was Porsche aus- und international berühmt und zu einem Auto macht, dass keiner braucht, aber jeder will. „Strategisch, zukunftsgerichtet“ steuern CEOs wie Oliver Blume und Herbert Diess ihre Marken in eine Zukunft, die ohne Porsche und Volkswagen auskommen wird. Spät hat man bei VW zumindest halbwegs anerkannt, dass man damit in Richtung Abgrund steuert. Zu spät?

Diess und Blume: Palliativ-Pfleger der Autoindustrie

Bei Porsche brach der Absatz von Elektroautos im ersten Quartal 2024 um 54 Prozent ein. Auch der Absatz von E-Autos Marke VW kollabierte der Absatz von rund 240.000 E-Autos auf 136.000. Im Sommer dieses Jahres räumte Blume ein, dass man jetzt als Gesamtkonzern mehr auf Hybrid-Technologie setzen, um die sinkenden Verkäufe von reinen Elektroautos auszugleichen.

Die angeblich so mächtige Auto-Lobby – wo ist sie eigentlich? Man würde sich ja wünschen, dass sie mal aktiv gegen ihren eigenen Niedergang ankämpfen würde. Sie tut es nicht. Nur für einen peinlichen Anruf von Blume bei Christian Lindner, man möge doch die Augenwischerei E-Fuels festschreiben, reicht die stets beschworene Macht der Autoindustrie noch. Dabei ist bekannt, dass E-Fuels den Verbrenner nicht retten werden, sondern nur sein sanfter Begleiter ins Grab sind. Mehr sind CEOs wie Blume auch nicht mehr. Im Großen und Ganzen hat man den eigenen Untergang nicht nur akzeptiert – man will geflissentlich vorneweg mit weißen Turnschuhen in den Abgrund marschieren.

Branchenverbände verstümmeln ihre Industrie in einem absurden, vorauseilendem Gehorsam selbst: Im Zweifel muss man es mit der Brechstange erzwingen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) fordert, dass in Deutschland ab 2045 kein Diesel und Benzin mehr verkauft werden darf. So sollten „radikale Maßnahmen“ wie Fahrverbote verhindert werden. Klar: Einem Auto ohne Treibstoff muss man das Fahren nicht mehr verbieten, das ist bestechende Logik. Und wenn ihr Kunden unsere E-Autos nicht kaufen wollt, zwingen wir euch halt. Die Automobilindustrie klatscht als verlängerter Arm der Regierung den eigenen Untergang herbei – das ist das, was vom einstigen Lobby-Monster, das angeblich die politischen Geschicke in Deutschland bestimmte, übrig geblieben ist.

Diess und Blume sind Manager, die alten Erfolg bestenfalls noch verwalten und modern anstreichen wollen. VW-Chef – das war mal fast ein Staatsamt. Die beiden sind nur noch Palliativ-Pfleger, Sargträger des Konzerns, der mal für deutschen Wohlstand stand, wie niemand sonst.

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