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Dank neuem Wahlrecht: Wenn der Wahlkreissieger der größte Verlierer wird

Die Chancen stehen gut, dass Robert Habeck den Kampf um sein Direktmandat gegen eine CDU-Kandidatin verliert und trotzdem anders als sie in den Bundestag einzieht – dank dem neuen Ampel-Wahlrecht. Ein Überblick über die anstehenden Absurditäten.

Mit Wahlplakaten werben die Parteien auch um den Sieg in den jeweiligen Wahlkreis. Doch ob ein Sieger auch wirklich einzieht ist dieses Jahr nicht gewiss.

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In mehreren Wahlkreisen wird es am 23. Februar zwar einen Wahlkreissieger geben, aber dieser nicht im Parlament landen. Denn aufgrund der Wahlrechtsreform der Ampel verfallen Wahlkreissiege, wenn diese nicht mit der Zweitstimme der Partei gedeckt sind, also wenn der Partei zum Beispiel nach dem Zweitstimmenergebnis fünf Mandate zustehen, sie aber sechs Direktmandate gewinnt. In einem solchen Fall wird das prozentuale Ergebnis aller Gewinner der Partei unter die Lupe genommen. Der Gewinner mit dem schlechtesten prozentualen Sieg wird dann nicht in den Bundestag einziehen. Dies soll dazu dienen, den Bundestag zu verkleinern.

Während im Osten vor allem die AfD davon betroffen wäre, wäre es im Westen vor allem die Union. Für alle anderen Parteien würde es mangels Wahlkreisgewinnern zu keinen Verlierern unter den Wahlkreisgewinnern kommen.

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Ein Blick auf die genauen Wahlkreise zeigt, wie die Wahlrechtsreform die Wahlkreise ad absurdum führt. In Schleswig-Holstein könnte es ein besonderes Drama im Wahlkreis Flensburg geben. Diesen gewann 2021 Robert Habeck. Dieses Jahr könnte Petra Nicolaisen den Wahlkreis wieder für die CDU zurückgewinnen. Es wäre ein starker Sieg gegen einen der bekanntesten Politiker des Landes. Doch ihr Einzug ist fraglich.

Von den 11 Wahlkreisen werden die Grünen voraussichtlich einen gewinnen, und zwar Kiel. Die anderen Wahlkreise gehen an die CDU. Von diesen würden laut INSA drei verfallen, unter anderem der Wahlkreis, den Nicolaisen gewinnt. Zwar hat der Wahlkreis zukünftig noch Vertreter im Deutschen Bundestag, da der Einzug von Habeck, den die Grünen auf Listenplatz 2 gewählt haben, als sicher gilt und auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), der aufgrund seiner Minderheitenrechte sehr sicher einzieht, ebenfalls einen Abgeordneten aus dem Wahlkreis stellen wird, doch zeigt dies die Absurdität, dass ein Wahlkreis ausgerechnet von einem Wahlkreisverlierer im Bundestag vertreten werden würde.

In Ostdeutschland ist aktuell die AfD in nahezu allen Wahlkreisen Favorit. Schon 2021 konnte die Partei im Osten der Republik 16 Mandate direkt gewinnen. Davon allein in Sachsen 10 der 16 möglichen Direktmandate des Freistaats. Parteiintern rechnet man mit mindestens einem verfallenden Direktmandat pro Bundesland, in größeren könnten es sogar mehr sein.

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In Mecklenburg-Vorpommern trifft das neue Wahlrecht den wohl bekanntesten AfD-Politiker des Bundeslandes: Dort muss Landeschef Leif-Erik Holm um den Einzug in den Bundestag zittern. Holm tritt zum ersten Mal in seinem Heimatwahlkreis, dem Wahlkreis Schwerin – Ludwigslust-Parchim I – Nordwestmecklenburg I, an, nachdem er zuvor zweimal im Wahlkreis von Angela Merkel antrat. Sein jetziger Wahlkreis war nach dem Bundestagswahlkreis Rostock der zweitschlechteste für die Partei im nördlichsten ostdeutschen Bundesland bei der letzten Bundestagswahl. Der AfD müssten nach dem Zweitstimmenergebnis also fünf Mandate zustehen, damit Holm sicher in den Bundestag kommt; aktuell werden der Partei in dem Bundesland vier Mandate erwartet.

Denn noch etwas wird die Arithmetik bei der Bundestagswahl verändern. Die Zahl der Sitze ist auf 630 begrenzt, was zwar 32 Sitze mehr sind, als die Sollgröße 2021 vorgab. Die Verteilung nach den Bundesländern erfolgt aber noch nach einem weiteren Faktor, der Wahlbeteiligung. Diese schwankte 2021 zwischen 67,9 Prozent in Sachsen-Anhalt und 79,9 Prozent in Bayern. Aus diesem Grund bekam Bayern allein aufgrund der höheren Anzahl an Wählern Ausgleichsmandate zugesprochen. Auch bei dieser Wahl wird es in Bayern eine hohe Wahlbeteiligung geben. Dies könnte den voraussichtlichen CSU-Wahlkreisgewinnern im umkämpften München helfen, ihr Mandat zu behalten, auch wenn die CSU nicht die Hälfte der Zweitstimmen bekommt.

Die Union hat in ihrem Wahlprogramm bereits angekündigt, das Wahlrecht wieder zu ändern. Um dennoch eine Verkleinerung des Bundestags zu bewirken, will die Union die Anzahl der Wahlkreise reduzieren. Im Raum steht eine Reduktion um 29 Wahlkreise auf 270. Womöglich wird der Druck auf eine solche Reform voraussichtlich steigen, wenn die Auswirkungen des Ampel-Wahlrechts bei der anstehenden Bundestagswahl sichtbar werden.

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40 Kommentare

  • Gab schon andere Machthaber die das System zu ihren Gunsten änderten. Wir nannten sie Autokraten. Und ich dachte echt, die Menschheit entwickelt sich weiter.

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  • Ich mutmasse mal, dass es doch hauptsächlich das Ziel war der Grünen, sich mit dem neuen Wahlrecht einen Vorteil zu verschaffen und insbesonders die Bayern-CSU loszuwerden.

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  • Und wegen dieser Wahlrechtsreform will Bayern nach der Wahl nichts mit den Grünen zu run haben.

    In diesen 3 Ampeljahren wurden so viele Gesetze durchgeboxt–von denen viele Bürger gar nichts wissen.

    Auch, dass man jährlich sein Geschlecht im Pass ändern lassen kann–wurde nur bekannt, weil die AfD im Bundestag deswegen beinahe ausflippte. Man unterstellte der AfD damals Fake-News zu verbreiten ..und homophob zu sein.–Ich hatte die Debatte damals zufällig live verfolgt.

    Als ich damals in Kommentaren davon schrieb hat man mich als geisteskrank bezeichnet.

    Ich kann nur jedem raten, sich Debatten des Bundestages oder auch von Landtagen selbst anzusehen–und sich auch Dokumente von Parlamenten selbst durchzulesen.

    So manche vorgeworfene Geisteskrankheit oder Phobie–auch das Nazi-Sein –läßt sich so schnell durch „Fakten-Beweise“ direkt von der Quelle aus– heilen.

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  • Was nicht passt , wird passend gemacht .
    Diese Wahl besteht daraus die AfD zu verhindern was konservative Politik für das Land betrifft.
    Herr Merz , das ist ein Fehler , sie haben jetzt wieder rot/ grün , aber Hauptsache man hat einen lukrativen Posten ergattert.

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  • Ganz einfach gesagt !! Betrug am Wähler und damit am Volk .

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  • Alte Weißheit: ändere das Wahlrecht und wähle die Auszähler derart, dass am Ende das gewünschte Wahlergebnis heraus kommt!
    Am Sonntag wird sich zeigen, ob die Linken es wieder „vollkommen überraschend“ schaffen werden …

  • Also alle Zweitstimmen entscheiden die Wahl und die Direktstimmen sind eigentlich egal, weil diese nach der Zweitstimme nur sagen, wer dann von einer Partei nach dem verfügbaren Zweitstimmen den Bundestagssitzung bekommt.
    So habe ich das verstanden.

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  • Sie machen sich nach DDR- Art ihre Gesetze nach Gutdünken und sind entsetzt darüber, wenn die Amerikaner den Finger in die Wunde legen um auf undemokratische Zustände in D aufmerksam zu machen. Sie entlarven sich stets selbst.

    In 4 Tagen ist Wahl. Wer eine andere Politik will, muss sein Wahlverhalten entsprechend ausrichten. Sonst wird es nichts mit der notwendigen Wende.

  • also: 1, und 2. stimme für die partei, die der wähler im bundestag haben möchte ankreuzen.

    16
  • Ich möchte hier noch mal darauf hinweisen: Die CDU hat bei dieser Reform zugestimmt! Abgesehen davon sollte ein BVG, wenn es noch bei Sinnen ist, diesen Unsinn komplett vom Tisch wischen.

    12
  • Da es immer noch so viele Grün-, Linkswähler gibt oder (andere Bezeichnungen, kann jeder selber ausfüllen) _________________, sind die eigentlichen Verlierer, die Mehrheit der Bürger.

    Ich befürchte, dass es nach der Wahl zum absoluten Chaos kommen kann.
    Bis die Einsicht kommt, dass nur eine Wende und Rettung Deutschlands mit anderen Bündnissen gelingen kann.

  • Eigentlich ist das alles völlig egal , denn Fakt ist doch schon „vor der Wahl“, das wir wieder eine Linksgrüne Regierung und Politik bekommen in de mindestens ein , wenn nicht 2 Wahlverlierer abgewählten „Ampel Parteien“ in der Regierung haben ! Die Frage ist doch , wozu soll man in dieser Bananenrepublik eigentlich noch wählen gehen ?

    10
  • Moin der Ansatz den Bundestag zu verkleinern ist gut selbst wenn er immer noch zu groß ist.
    Die Umsetzung wie alles andere ist in Deutschland schwierig.
    Keiner will auf Privilegien verzichten.
    Die Unterlegenen der Wahl kommen dann in der ausufernden Bürokratie zum Einsatz.
    Die Parteien Sorgen schon für ihre Leute ein warmer gut bezahlter Job ist immer drin.
    Also den Schaden hat wie immer der Wähler weil er mit nichtgewählten Parlamentariern konfrontiert wird.
    Aber wie immer wird es wieder viele Klagen bei Gerichten geben.
    Die haben ja sonst nichts zu tun.
    Also im Westen nichts neues………

  • Auf der anderen Seite führen drei „schlecht“ gewonnenen Wahlkreis zum Einzug in den Bundestag

  • Das Deutsche Wahlrecht ist demokratiefeindlich. Lt. GG besteht der Bundestag aus 598 Mitgliedern, die eine Hälfte direkt gewählt, 299 Wahlkreise, also Wahlkreisgewinner, die andere Hälfte über Landeslisten. Dazu kommen dann noch Überhang und Ausgleich. Und schon hat der BT mehr als im GG verankerte Mitglieder, derzeit 736. Die größere Hälfte ist also über die Partei im BT gelandet. Wem werden die sich wohl verantwortlich fühlen? Wie immer bei deutscher Perfektion beginnt irgendwann die Pervertierung des beabsichtigten Ergebnisses. D. h. doch nur, daß die Parteien den BT gekapert haben. Durch Abschaffung der Länderlisten und bilden von Bundeslisten wäre die Verteilung der anderen Hälfte, nämlich 299 Mandate so gesichert, daß es keinen Überhang und Ausgleich gäbe.
    Es wäre wirklich Hälfte/Hälfte. Wenn dann noch die Nichtwähler berücksichtigt werden, also deren Anteil verringert die Zahl der Abgeordnetenmandate prozentual, dann und nur dann hätte der Wähler Einfluß.

  • Es gäbe drei tatsächlich demokratische Lösungen:
    Reine Wahlkreiswahlen, nur direkt gewählte Abgeordnete.
    Reine Verhältniswahl (mit oder ohne niedrige Hürde).
    Eine Kombination in der ein Teil der Abgeordneten Wahlkreissieger sind und ein anderer, maximal gleich großer Anteil nach der Verhältniswahl bestimmt wird.
    Was die Ampel wollte war verfassungswidrig, die jetzige BVerfG-modifizierte Variante des verfassungswidrigen Ampelwahlrechts ist nicht schlüssig und akzeptiert die wenig hilfreichen Teile mit denen der Wähler mehr oder weniger verhöhnt werden wird.

  • Im alten Athen wurden am Ende die Ämter verlost.
    Statistisch gesehen verhindert das langfristig wenigstens die Dominanz der Unterdurchschnittlichen.

  • Diese Ampel-Änderung des Wahlumsetzungsrechts ist Grund falsch gewesen. Es stützt nicht die Direktgewählten, sondern wieder einmal die Parteien. Es wäre ein Leichtes gewesen, die BVerfG-Richtlinie umzusetzen. Die Wahlkreise werden wieder bürgernah gestalten und von vorher 299 Wahlkreise auf 598 Wahlkreise verdoppelt. Die Direktmandatsgewinner kommen dann alle in den Bundestag plus die 10% der besten zweiten Sieger, sind gleich 30 Mandate, macht 628 Abgeordnete. Dauerhaft!

  • Allerdings sollte man nicht verschweigen, dass jeder Wahlkreisgewinner der mehr als 50% der Erststimmen erzielt auch in den Bundestag einzieht. Betroffen von den Mandatsverlusten sind jene Gewinner, die nur mit einer kleinen relativen Mehrheit gewonnen haben. Eine Alternative wäre daher, diese Kandidaten mit dem Zweitplatzierten in eine Stichwahl zu senden. Dann wäre das Problem gleich viel kleiner.

  • Mein Nachbar sagte: Wer CSU wählt, wählt Verbrecher und Überwacher

  • Egal, wie die Wahl ausgeht. Berlin wird brennen. Bei dieser aufgeheizten Situation sehe ich vor allem im linken Sektor die dafür Verantwortlichen.

  • Die Sache hat noch einen anderen Aspekt: wenn der Direktkandidat einer Partei, die man nicht mag, besonders inkompetent, unerfahren etc. und zugleich der wahrscheinliche Wahlkreisgewinner ist, dann ist es ratsam, den zu wählen und mit Stimmen weiter zu stärken.

    Man füllt dann sozusagen die Fraktion der Partei, die man nicht mag, mit „Nullen“ auf.

    0
  • Bis zu 44 wahlkreisgewinner bekommen ihr Mandat nicht, deshalb Erststimme Freie Wähler, damit bürgerliche Krafte im Parlament gestärkt werden.

    -9

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