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Die Schlupflöcher im Merz-Plan: Warum Zurückweisung nicht gleich Zurückweisung bedeutet

Schwarz-Rot verspricht im Sondierungspapier „Zurückweisungen“. Aber was heißt das konkret? Bereits unter Faeser gab es eine Zurückweisungsoffensive, die am Ende keine war. Es kommt auf die Umsetzung an – und da gibt es einige Schlupflöcher.

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Zurückweisungen – das ist aktuell das Zauberwort, wenn es um eine Wende in der Migrationspolitik geht. Schließlich hätten fast alle Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, von vornherein keinen Anspruch auf eine Einreise, geschweige denn Asyl. Darauf pochen Kritiker der deutschen Asylpolitik schon seit Jahren, denn im Grundgesetz (Artikel 16a) heißt es, auf Asyl kann sich „nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften […] einreist“ und im Asylgesetz (Paragraf 18), dass einem Asylbewerber die „Einreise zu verweigern [ist], wenn er aus einem sicheren Drittstaat (Paragraf 26a) einreist“.

Da so alle Nachbarn Deutschlands als sichere Drittstaaten gelten, könnte man faktisch die Asylmigration per Landgrenze komplett stoppen. Über den See- oder Luftweg kommen schließlich kaum nennenswerte Zahlen an Asylbewerbern.

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In der Flüchtlingskrise 2015 entschied sich die Regierung Merkel aber dagegen, Asylbewerber unter Berufung auf diese Regeln an der Grenze abzuweisen. Stattdessen führte man nur Grenzkontrollen ein, registrierte Asylbewerber und ließ die Einreise zu. 2018 versuchte CSU-Innenminister Horst Seehofer dann, Zurückweisungen einzuführen – der Streit mit der Merkel-CDU eskalierte so weit, dass sogar die Drohung im Raum stand, die CSU bundesweit aufzustellen. Am Ende aber legte man den Konflikt mit einem vagen Kompromiss zu europäischen Lösungen bei, was faktisch folgenlos blieb.

Jetzt, ein Jahrzehnt später, hat sich der Wind wieder gedreht. CDU-Chef Friedrich Merz versprach ausdrücklich, als Kanzler noch am ersten Tag seines Amtsantritts das umzusetzen, was Merkel damals blockierte: Zurückweisungen an den Grenzen. Im Sondierungspapier von Union und SPD findet sich nun folgender Satz dazu: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“

Was genau die „Abstimmung mit europäischen Nachbarn“ bedeutet, darüber gibt es bei CDU und SPD aber Streit. Nachdem Österreichs Innenministerium sich am Sonntag gegen Zurückweisungen an der deutsch-österreichischen Grenze stellte, betonen Unionspolitiker nun, dass „Abstimmung“ nicht „Einvernehmen“ bedeutet und man im Zweifel auch im Alleingang Zurückweisungen umsetzen werde. SPD-Chefin Saskia Esken hingegen lehnt genau solche Überlegungen ab: „Das halte ich für brandgefährlich und werde auch ganz klar dagegenhalten, wenn es weiter debattiert wird. Wir haben etwas anderes vereinbart – und dabei bleiben wir“, meint Esken.

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Unabhängig von der europäischen Komponente könnte es in den Koalitionsverhandlungen aber auch viel darum gehen, was überhaupt unter „Zurückweisungen“ zu verstehen ist. Denn in der Vergangenheit verstand man darunter mitunter auch ganz andere Dinge als die strikte Zurückweisung aller Asylbewerber an den Landgrenzen. Man erinnere sich: Bereits im letzten Jahr machte die Merz-CDU nach dem Terroranschlag in Solingen Druck auf die Ampel, endlich Zurückweisungen umzusetzen.

Faeser kündigte damals eine Zurückweisungsoffensive an. Aber die „echten“ Zurückweisungen, die die Union gefordert hatte, waren das nicht. Direkt an der Grenze sollten nur Migranten, die keine Aufenthaltsberechtigung in Deutschland haben und kein Asyl beantragen, wirklich abgewiesen werden. In einer Antwort auf eine FDP-Anfrage schlüsselte das Innenministerium unter Verweis auf eine andere Anfragen-Antwort auf, was man unter den Faeser-Zurückweisungen versteht: „Bei Feststellung unerlaubter Einreisen werden einreiseverhindernde/aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geprüft und ergriffen.“

Der entscheidende Punkt kommt aber im Folgesatz: „Schutzbegehrende Drittstaatsangehörige werden dabei grundsätzlich an die zuständige Erstaufnahmeeinrichtung im Inland zum Zwecke der Prüfung asylrechtlicher Belange einschließlich etwaiger Überstellungen in andere EU-Mitgliedstaaten nach Maßgabe der Dublin-III-Verordnung weitergeleitet.“ Heißt: Asylbewerber werden aktuell immer erst mal nach Deutschland in eine Asyleinrichtung mitgenommen. Ein „inhaltliches Prüfungsrecht“ des Asylantrags liegt beim BAMF, nicht bei den Bundespolizisten an der Grenze, so Faesers Ministerium.

Nachdem in der Erstaufnahmeeinrichtung festgestellt wird, dass die Asylbewerber keinen Asylanspruch haben – eigentlich ein No-Brainer, schließlich kommen sie gerade aus einem sicheren Drittstaat – können diese dann in den Erst-EU-Staat (etwa Italien, Griechenland, Bulgarien, etc.) zurückgeschickt werden. All das ist aber ein aufwendiges Verfahren, das aktuell oft scheitert. Denn die Asyl-Behörden sind chronisch überlastet und langsam – nach sechs Monaten ist aufgrund der aktuellen Rechtslage dann der deutsche Staat zuständig. So war es etwa im Falle des Solinger Messer-Attentäters.

All das könnte beschleunigt werden, etwa indem man den entsprechenden Asylbewerber zunächst in Haft nimmt und so ein Untertauchen verhindert. Aber auch das ist nicht immer einfach und dürfte gerade in der Breite schwierig sein – es „erfordert bei Vorliegen eines Haftgrundes einen Haftbeschluss und eine Haftkapazität“, betont auch die Bundesregierung in ihrer Antwort. Es müssen also etwa genügend Plätze vorgehalten werden.

Auch dann könnte man hier aber noch nicht von echten Zurückweisungen sprechen. Jeder hat also sein eigenes Verständnis davon, was unter den Begriff fällt: Seien es graduelle Verfahrensbeschleunigungen à la Faeser oder eine tatsächliche Abweisung an der Grenze – es herrscht viel Interpretationsspielraum. Deshalb wird es auf die tatsächliche Umsetzung der großen Migrationsversprechen von Schwarz-Rot ankommen. Und genau die ist durchaus fraglich, denn die SPD kassiert offenbar jetzt schon wieder erste Punkte der Einigung.

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24 Kommentare

  • Es wird überhaupt keine Zurückweisungen geben. Merzel wollte das nie, er wollte nur Stimmen damit ergattern.

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  • Uns.

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  • Ich verstehe das ganze Theater nicht. Wenn ein junger Mann ohne Papiere, vorgeblich aus Ganzweitwegistan, aus einem Nachbarland nach Deutschland einreist, dann ist die Rechtslage in Deutschland und Europa dazu eindeutig. Da braucht es keine wochenlangen Kungeleien, die im Ergebnis ein „weiter so“ der seit Jahren illegalen Praxis festschreiben.

  • Das ganze Gerede um Zurückweisungen ist Augenwischerei. Die Pullfaktoren bestehen nach wie vor, die Turboeinbürgerungen ebenfalls. An den letzten beiden würde man ansetzen, wenn man wirklich etwas ändern wollte.

    Keine Geldzahlungen, keinen Familiennachzug, harte Strafen für Straftäter, Einbürgerungen erst nach mindestens 10 Jahren Aufenthalt und nur für jene, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen können.

    Dann braucht man sich um Zurückweisungen an den Grenzen kaum noch Sorgen zu machen.

  • Auflösung des noch nicht konstituierten Bundestages und Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen.
    Merz wird nie Kanzler gewesen sein.

    Ansonsten brennt die Luft, das versprech‘ ich!
    Wenn wir dieses Debakel zur Situation in Rumänien und der aktuellsten Ansage von Lagarde hinzuaddieren, dann möchte ich ein unrühmliches Zitat abwandeln:

    „Europa wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich drauf!“

  • Es wird sich nichts ändern, denn Merz ist einfach damit nur auf Stimmenfang gegangen. Alleine die sofortige Umstellung von Geld- auf komplett Sachleistungen, Bett, Brot, Seife, würde schon einen deutlichen Rückgang an Migranten bewirken, kein freies Aufenthaltsrecht in der gesamten Republik, nur in Bezirken, keine neu gebauten Wohnungen, keine Vollversorgung von den Krankenkassen, kein Rentenanspruch, ohne vorherige Einzahlung, kein Recht auf Staatsbürgerschaft, ohne Job, Wohnung, Deutschkenntnisse, kein Familiennachzug. All diese Dinge würden Deutschland nicht mehr attraktiv für Migranten machen und an den Punkten könnte, bzw. muss endlich angesetzt werden. Aber diese neue Regierung hat nur wieder ein Sondierungspapier mit viel bla, bla, geschrieben, Handlungen erfolgen daraus nicht, da der politische Wille fehlt. Und ich höre schon, dafür bräuchte es eine Änderung des Grundgesetzes. Ja, hier geht es natürlich nicht, bei Schulden ohne Ende soll es gehen.

  • Generalsstreiks sind in Deutschland verboten.
    Bürgerverarschung allerdings auch!

    Bald gelten keine Regeln mehr.
    Das ist kein Aufruf sondern eine Prophezeiung.

    5
  • Es braucht primär die Zurückweisung der Politik(er).

    Erst dann können die an den Grenzen folgen, denn diese werden von jenen bewusst verhindert seit 2015.

  • Gesetze ändern, Abkommen kündigen. Grenzen dichtmachen. Ganz einfach. Man braucht nur Eier. Vielleicht kann man sich in den USA welche leihen.

  • Das ganze ist eh eine Farce. Wir sind Anfang Januar bei Küstrin über die Oder nach Deutschland eingereist. Da war nichts was nach Repräsentanz des deutschen Staat aussah. Null, niente, nada war da. Auch nicht im Hinterland

  • Zwischen D-land und Belgien gibts nen Streifen Niemandsland, im ehemaligen Jugoslawien auch, man muss nur gucken.

  • Wir steuern auf einen Bürgerkrieg zu, die Luft brennt schon. Ich muss an den Grenzen auch meine Papiere zeigen, sonst werde ich zurückgeschickt.

  • Bayerns Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl zeigt sich auf BR24-Anfrage verstimmt:
    „Es gab mit mir nur einen kurzen SMS-Kontakt sowie ein kurzes Telefonat mit meinem Gegenüber in der CSU. Gespräche im Sinne eines inhaltlichen Austauschs gab es bisher nicht.“
    Damit fehlten den Freien Wählern nach wie vor wichtige Informationen, auf deren Basis sie eine tragfähigen Entscheidung treffen könnten.
    Streibls Forderung an die CSU: „Ich erwarte vom Koalitionspartner, dass wir uns zeitnah zusammensetzen.“
    https://www.br.de/nachrichten/bayern/milliardenpaket-freie-waehler-veraergert-ueber-soeder-aeusserung,Uf3DCFi

  • Wieso man keine geltende Gesetze anwendet ist das fragwürdigste was sich je in Deutschland abgespielt hat .

    Andere europäische Länder winken alle durch und Deutschland nimmt sie auf .

    Man verstößt gegen geltendes Recht und selbst ein BVG greift nicht ein .
    Für was steht dieses Gericht ? Für das Land oder für die Partei ?

    Gesetze gelten nur noch für den Steuerzahler .

  • „Wir haben etwas anderes vereinbart – und dabei bleiben wir“, meint Esken.

    Aha !

    Mal davon abgesehen, dass die CDU mit windigen Formulierungen die Leute ver….. will, hat sie mit der SPD auch etwas anderes vereinbart.

    Da wünscht man sich ja fast schon die Grünen zurück. Merz gibt seiner Partei den Rest. Es wird gelogen und betrogen auf Teufel komm raus.

  • Ein NIE dagewesener gigantischer Strudel aus Lügen, Parteien-Medien-Verflechtung, Überfremdung und Volksverachtung ist im Gange.
    Und diese politischen Amokläufer machen ALLE weiter.
    Es WIRD hier knallen.
    Wie, da schweige ich noch zu. Allein aus Restoptimismusgründen.
    Trump, hilf!

  • „Ich werde im Fall meiner Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium im Wege der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen…“

    :o)))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))

  • stellt den Apollo Zensor an die Grenze….

    unfassbar, selbst dafür gibt’s schon Sperre. 🤮🤮🤮🤮🤮🤮🤮🤮🤮🤮🤮🤮🤮🥱

  • Bei aller Liebe – anhand der paar veröffentlichten Worte aus den sog. Sondierungen eine Zukunftsvision für Deutschland zu spinnen ist lächerlich.
    Von Apollo News hätte ich mir so einen Unsinn nicht erwartet.

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