In Berlin haben gestern Zehntausende Menschen gegen die israelische Politik im Gazastreifen demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 100.000, die Polizei von 60.000 Teilnehmern. Unter dem Motto „All Eyes on Gaza – Stoppt den Genozid!“ hatten ursprünglich die Palästinensische Gemeinde Deutschland, eye4palestine, Amnesty International in Deutschland und medico international zu einer Demonstration vom Alexanderplatz zur Siegessäule aufgerufen. Aber auch Die Linke, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, der Zentralrat der Muslime, Fridays for Future und Sea Watch unterstützten den Aufruf und beteiligten sich an der bisher größten antiisraelischen Protestveranstaltung auf deutschem Boden.

Ebenso breit gefächert wie die Liste der Veranstalter und Unterstützer gestaltete sich denn auch die Teilnehmerschaft: Auf der Straße liefen Studenten mit Palästinensertuch neben einstigen Klimaprotestlern, linken Politikern, aggressiven pro-palästinensischen, islamistischen Aktivisten und friedlichen Familien mit Kindern. Neben „Free Palestine“-Rufen erklangen Bongos und altbekannte „Alerta Alerta antifascista“-Sprechchöre.

Eine Abordnung der Linken skandierte „Hoch die internationale Solidarität“, während aus dem nächsten Demoblock arabische, nicht selten israelfeindliche, Parolen zu vernehmen waren. Auf Pappschildern wurde Israel immer wieder ein Völkermord an den Palästinensern unterstellt, auf Plakaten konnte man Forderungen nach einem Stopp deutscher Waffenlieferungen an Israel oder nach einem Ende der „illegalen Besatzung Palästinas“ lesen.

In Kreuzberg wurde derweil eine pro-palästinensische Versammlung mit etwa 1.200 Teilnehmern von der Polizei schließlich aufgelöst. Bereits zu Beginn soll es dort zu „Ausrufen und Zeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ gekommen sein. Darüber hinaus wurde ein Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz festgestellt und es soll Demoteilnehmer gegeben haben, die Pressevertreter bedrängten und bei ihrer Arbeit behinderten.

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Auch der ehemalige Hamas-Anführer Yahya Sinwar, verantwortlich für Morde und Vergewaltigungen an unzähligen Israelis, wurde auf offener Straße lautstark gefeiert – die Ordner konnten laut Polizei die Lage nicht beruhigen. Wie die Bild berichtet, soll es vonseiten der Demoteilnehmer zudem zu Pro-Hamas-Ausrufen und zu Holocaust-Relativierungen gekommen sein. Einzelne Teilnehmer hätten sogar „Merz hängen sehen“ wollen. Die Auflösung der Demonstration verlief nicht friedlich – die Polizei musste „freiheitsbeschränkende Maßnahmen“ zur Anwendung bringen. (Apollo News berichtete).

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Die Großdemo vom Alexanderplatz zur Siegessäule blieb zwar insgesamt größtenteils friedlich, auch dort gab es aber Schilder mit Israelauslöschungsfantasien wie „from the river to sea“-Slogans oder Schlimmerem: Ein Mann setzte auf seinem Schild etwa die Situation in Gaza mit dem Konzentrationslager Auschwitz gleich. Was man dagegen auch hier vergeblich suchte: Statements, die sich für die Freilassung der Geiseln stark machen oder sich ausdrücklich gegen die Gewaltideologie der Hamas wenden.

Man sieht: Im Windschatten des Zeitgeistes und der Anerkennung eines palästinensischen Scheinstaates durch zahlreiche westliche Staaten fühlen sich auch in Deutschland immer mehr Menschen dazu ermutigt, bisherige Hemmungen abzulegen und ihren antiisraelischen Affekten freien Lauf zu lassen. Unterstützt werden sie dabei jetzt auch ganz offiziell von der Parteiführung der Linken, die in Person von Ines Schwerdtner gestern erstmals von einem „Genozid“ sprach.

Vielsagend und ebenso demaskierend ist dabei, dass ausgerechnet Die Linke, die sonst Demonstrationen und Anliegen ihrer politischen Gegner durch permanente Kontaktschuld-Vorwürfe zu delegitimieren sucht, ihrerseits nun keinerlei Berührungsängste mehr zu teils radikalen Islamisten und Israelhassern zu haben scheint.

Interessanter ist aber ein anderer Aspekt. Denn beim Blick auf das breite Spektrum an Initiatoren, das sich von Gewerkschaften, der Linken, sozialistischen Studentengruppen und der Klimabewegung bis hin zu einer Reihe palästinensischer und islamistischer Organisationen erstreckt, drängt sich vor allem eine Frage auf: Wie passen diese auf den ersten Blick völlig heterogenen, in ihren Anliegen scheinbar unvereinbaren und sogar widersprechenden Gruppen überhaupt zusammen?

Wenn man sich die Organisationen näher anschaut, die nun einträchtig im Kampf für Gaza vereint sind, zeigt sich, dass es nicht die positiven Ziele der einzelnen Gruppen sind, die sie in einer Art Querfront linker bis radikal-islamistischer Kräfte zusammenführen. Der allerorten in der westlichen Welt zu beobachtende Zusammenschluss postkolonialer linker und islamistischer Kräfte ist vielmehr das Resultat tiefliegender ideologischer Geistesverwandtschaften.

Denn sieht man einmal von den oberflächlichen Unterschieden ab, tritt offen zutage, dass die an den Protesten beteiligten Organisationen mehr gemein haben, als man zunächst annehmen mochte: Sie sind im Kern antiwestlich, antifreiheitlich, antikapitalistisch und in weiten Teilen auch antisemitisch. Sie verachten den Westen und all seine Errungenschaften. Das Abendland gilt ihnen nicht als historisch einmaliger Garant für Aufklärung, individuelle Freiheit und Wohlstand, sondern als Hauptverantwortlicher für Umweltzerstörung, Klimakatastrophe, Ungleichheit und koloniale Ausbeutung.

Auch wenn ihre je eigenen Ziele sich gegenseitig ausschließen mögen: das gemeinsame Feindbild, der internalisierte Selbsthass auf die eigene Zivilisation und der einende Opferkult sind der Kitt einer im Kern autodestruktiven Bewegung, in der augenblicklich scheinbar völlig unvereinbare ideologische Versatzstücke miteinander verschmelzen.

Die realsatirische Konsequenz dieser Entwicklung sah man auch gestern wieder auf den Straßen Berlins: „Queers for Palestine“ sind dabei letztlich nur der sinnfälligste Ausdruck einer allgemeinen Tendenz. Für die Linke, SDS, Regenbogen-Aktivisten und Islamisten ist der Kampf für Gaza im Grunde ein willkommener Anlass und Deckmantel für ihren gemeinsamen Hass auf Juden und Israel und die ganze zivilisierte Welt. Ihr Anliegen ist im Kern nicht pro-palästinensisch, sondern anti-westlich.

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