Werbung

...
...

Corona

Ungeimpft und ausgegrenzt: Kimmichs Tränen und die Verhöhnung durch die mediale Klasse

2021 veröffentlichte die BILD, dass Joshua Kimmich ungeimpft ist, was eine Welle der Entrüstung und ein mediales sowie politisches Mobbing gegen den Fußballstar auslöste. In einem emotionalen ZDF-Interview zeigte Kimmich, wie sehr ihn der öffentliche Druck belastet hat. Dennoch sehen viele noch heute den Umgang mit Kimmich für gerechtfertigt an.

Werbung:

Am 23. Oktober 2021 hat die BILD „exklusiv enthüllt“, dass Joshua Kimmich, damals mehr noch als heute einer der besten Fußballspieler Deutschlands, sich nicht gegen Corona geimpft hat. Diese eigentlich unspektakuläre Meldung löste einen Sturm der Entrüstung aus. Auf Kimmich prasselte ein organisiertes staatliches und mediales Mobbing ein

Noch am gleichen Abend, nachdem der FC Bayern die TSG Hoffenheim mit 4-0 geschlagen hatte, musste Kimmich in einem Interview, das mehr einer Inquisition glich, Rede und Antwort stehen. Sky-Reporter Patrick Wasserziehr ging dabei gleich in die Vollen, „Die Bild hat gemeldet, dass sie noch ungeimpft seien. Ist das zutreffend?“, so Wasserziehr. Kleinlaut erklärte daraufhin Kimmich, dass dem so sei. „Warum“ hakte Wasserziehr nach.

Werbung

Daraufhin bemängelte Kimmich in ruhigen Worten „fehlende Langzeitstudien“. Natürlich sei er sich aber seiner Verantwortung bewusst und halte sich an die Hygienemaßnahmen. Kimmichs Kampagne „We kick Corona“ nutzte Wasserziehr dann um ihm einen Strick zu ziehen. Mit dieser Kampagne würde Kimmich für Solidarität werben, so der Sky-Reporter. „Wieso leben sie das nicht an diesem speziellen Punkt“, der Impfung, so Wasserziehr weiter.

Als Kimmich darauf aufmerksam machte, dass es auch zu Impfdurchbrüchen kommt, warf der Sky-Reporter sofort ein, dass diese lediglich „selten“ vorkommen würden. Danach fragte er: „Wie würde die Welt wohl aussehen, wenn alle so handeln würden wie Sie?“ Wasserziehr hatte nie vor, Kimmich ein faires Interview zu ermöglichen, sondern wollte ihn vielmehr moralisch erniedrigen.

Kimmichs „Verlust des Denkens“

Nach diesem Interview begann jedoch erst die eigentliche Jagd auf Kimmich. Die Zeit urteilte im Zusammenhang mit Kimmich, es sei ein „unsolidarischer Akt“ sich nicht impfen zu lassen. Weiter hieß es in dem Artikel: „Es gibt übrigens sehr viele Menschen, die Angst vor der Impfung hatten und sich trotzdem impfen ließen. Im Sinne der Gemeinschaft“. Die FAZ attestierte dem Fußballspieler den „Verlust des Denkens“.

Werbung

Auch von Politik und aus seinem eigenen Metier, dem Fußball waren entrüstete Stimmen zu vernehmen. Fußballtrainer Jürgen Klopp erklärte: „Ein ungeimpfter Spieler ist eine ständige Bedrohung für uns.“ Der heutige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach übte ebenfalls Druck auf den damals 26-Jährigen aus und „Es ist nicht gut, dass er nicht geimpft ist. Wenn er sagt, er wartet ab, dann ist das schwierig.“ Alena Buyx, die damalige Ethikratsvorsitzende, hatte offenkundig ähnlich wie die FAZ Zweifel an der geistigen Konstitution des Bayernspielers.

„Es kommt jetzt darauf an, gut aufzuklären, dass es diese Form von Langzeitwirkungen nicht gibt“, so Buyx. „Dass die Leute jetzt nicht denken, weil er Sorge hat, muss ich auch Sorge haben.“ Der 26-Jährige sei „einer Falschinformation aufgesessen, so die Ethikratsvorsitzende weiter. „Er ist ganz schlecht beraten. Das ist etwas, was sich jetzt noch mal stark verbreitet hat und es wäre toll, wenn er seine Plattform genutzt hätte, um sich besser beraten zu lassen, um dann auch in der Hinsicht ein Vorbild zu sein.“

„Derjenige, der für die Ungeimpften steht, das ist Joshua Kimmich“

Kimmich wurde behandelt wie ein Aussätziger, wie jemand, der nicht mehr Teil der Gemeinschaft ist. Welches psychische Trümmerfeld die damalige Debatte bei ihm hinterlassen hat, erklärte Kimmich nun in einem ZDF-Interview. Unter Tränen führte Kimmich aus, wie sehr ihn die Situation belastet hat und offenbar noch immer belastet. Kimmich resümierte, dass es eine „brutale Zeit“ gewesen war.

Lesen Sie auch:

„Wenn du selbst Freunde hast, die einem sagen: Wenn man sich hätte impfen lassen, wären weniger…“, führt der Bayernspieler mit wässrigen Augen und stockender Stimme aus und kann den Satz dennoch nicht beenden. Dann setzte er erneut an: „Also ein Kumpel sagte mir, dass weniger Menschen gestorben wären, wenn ich mich hätte impfen lassen. Das ist brutal. Und wenn du da keine Familie hast, dann kannst du zerbrechen, klar.“

Je länger das mediale Trommelfeuer anhielt, desto mehr „wurde man eigentlich unter Druck gesetzt, dass man geimpft sein muss“, erklärte Kimmich weiter. Politisches und mediales Narrativ sei gewesen: „Es ist die Pandemie der Ungeimpften. Und derjenige, der für die Ungeimpften steht, das ist Joshua Kimmich. Also ist auch er für die Pandemie verantwortlich.“

Trotz dieser emotionalen Worte sind viele nach wie vor der Auffassung angemessen mit Kimmich umgegangen zu sein. Spiegel-Autor Stampf erklärte auf Twitter: „Viel Mitleid aus bestimmten Kreisen mit einem Fußballmillionär, der in der Pandemie kritisiert wurde, weil er sich nicht impfen lassen wollte. Auffällig wenig Empathie häufig mit Coronaopfern und Long-Covid-Kranken.“

Werbung

Verhöhnen statt entschuldigen

Und weiter: „Erwartbar die übertriebene Anteilnahme von all jenen, die damals selber die Impffeindschaft geschürt haben.“ Insgesamt hätte der 29-Jährige „schwere Schuld“ auf sich geladen. Auch der Arzt Marc Henefeld, der für die ARD unter anderem den Podcast zum Thema Corona-Impfung gemacht hat. Kimmich habe „eine medizinisch notwendige Maßnahme öffentlich torpediert und mit seinem Impact Impf-Skepsis befördert. Und heult jetzt große Krokodils-Tränen. Das ist einfach nur maximal erbärmlich, schwach und feige. Beschämend“, so Marc Hanefeld.

Einem jungen Mann, der sich öffnet und der Öffentlichkeit gesteht, dass er an dem Impfdruck innerlich fast zerbrochen wäre, wird verhöhnt. Das Kimmich-Interview und die Reaktionen darauf zeigen, dass Entschuldigungen und die Aufarbeitung der Corona-Zeit längst überfällig sind. Dass es dazu jemals kommen wird, darf aber bezweifelt werden.

Werbung

Werbung