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Tricksen, täuschen, streichen? Der Haushalt 2025 wird zur finalen Belastungsprobe der Ampel

Der Haushalt 2025 könnte die Ampel sprengen - noch immer klafft ein Milliardenloch, das Lindner, Habeck und Scholz verzweifelt stopfen müssen. Aber mit welchen Finanztricks auch immer der Haushalt noch gerettet werden kann - politisch ist die Ampel schon bankrott.

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Eigentlich sollte der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr schon stehen – eigentlich. Der dritte Juli war als Zielmarke von Kanzler und Finanzminister ausgegeben worden und galt eigentlich als in Stein gemeißelt. Doch dieser Stein bröselt geradezu weg – noch am Dienstagabend ist unklar, ob die Ampel am nächsten Morgen einen Haushaltsentwurf hat. Alle Zeichen stehen auf Nein.

Denn die politische Realität hat der Ampel einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Noch immer spürt man in Berlin die Schockwellen des Verfassungsgerichts-Urteils, welches die milliardenschwere Schuldenaufnahmen der letzten Jahre am Grundgesetz vorbei für rechtswidrig erklärte. Plötzlich fehlten hohe Summen, mit denen man fest gerechnet hatte.

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Irgendwie zimmerten sich die Koalitionsparteien dann noch einen Haushalt zusammen, inklusive einer wirklich fragwürdigen Notlagen-Erklärung, die die Schuldenbremse für 2024 letztlich außer Kraft setzte. Aber 2025 ist ein neues Jahr. Diesmal soll die Schuldenbremse wirklich gelten, mahnt Finanzminister Lindner, der so ein zentrales FDP-Wahlversprechen doch noch irgendwie restaurieren will.

Haushaltslöcher und Mehrbedarf: Bund fehlen Milliarden

Das bedeutet aber, dass die Bundesregierung etwas tun muss, was ihr so gar nicht liegt: Sie muss sparen. Und zwar sehr, sehr viel. Schon die bestehende Haushaltslücke umfasst rund 15 Milliarden Euro – sie wäre schon so nur schwierig zu füllen. Dazu kommen noch Extra-Rechnungen, etwa die der Energiewende: Wegen der EEG-Gesetzgebung und niedriger Energiepreise muss der Bund die Erzeuger von „erneuerbarer Energie“, also vor allem Betreiber von Wind- und Solarkraftwerken, mit mindestens 8,8 Milliarden Euro bezuschussen.

Insgesamt dreht es sich um bis zu 25 Milliarden Euro, die die Ampel einsparen muss. Das entspricht circa dem Bruttoinlandsprodukt ganzer Länder, etwa von Madagaskar oder Mali. Eine Aufgabe, die vielen unlösbar erscheint – vor allem in der Koalition. Dort hängt gerade Rot-Grün an jedem Euro, den insbesondere ihre Minister ausgeben.

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Trotz Krise: Die absurden Ampel-Ausgabenwünsche

Eine vom Finanzministerium erarbeitete „Streich-Liste“, die Einsparungen kalkulierte, stieß bei Ministern von SPD und Grünen im Frühjahr auf scharfen Widerspruch: Entwicklungsministerin Svenja Schulze etwa, die Anfang des Jahres mit absurden Ausgaben etwa für „gendersensiblen Klimaschutz in Algerien“ oder der Finanzierung von Radwegen in Peru auf sich aufmerksam machte, ließ wissen, sie brauche mehr Geld, nicht weniger. Auch Baerbocks Auswärtiges Amt wehrte sich deutlich gegen Lindners Sparvorschläge. Und Lisa Paus‘ Familienministerium will 2,3 Milliarden mehr ausgeben, anstatt zu sparen, um so das grüne Prestigeprojekt der „Kindergrundsicherung“ zu ermöglichen – inklusive eines neuen Bürokraten-Apparats mit entsprechendem Stellenzuwachs.

Aber auch die FDP plante ursprünglich mit Milliarden aus dem Haushalt: Die Forderung nach einer Abschaffung des Solidaritätszuschlags etwa, der sich Lindner verschrieben hat, hätte zusätzliches 12-Milliarden-Loch gerissen. Als Finanzminister ist Lindner davon inzwischen notgedrungen abgerückt. Aber: Nach wie vor plant er, die deutsche Wirtschaft mit einem Milliardenpaket zu entlasten. Während Lindner dies aber durch weitere Einsparungen im Haushalt realisieren will, dachte Wirtschaftsminister Habeck an Schuldenfinanzierung – mit der FDP nicht zu machen, beschwört Lindner.

Der Haushalt wird zum Wahlkampf-Budget

Die Ausgabenwünsche scheinen also, anders als die haushalterischen Mittel, unendlich. Zwar zeigen sich insbesondere FDP-Vertreter zuversichtlich, eine Einigung erzielen zu können – aber die Zusammenstreichung von mindestens 25 Milliarden ist politisch keine leichte Aufgabe. Vor allem bei Koalitionspartnern, die sich dagegen mit Händen und Füßen wehren. Schon im Mai zitierte die Wirtschaftswoche hochrangige Grüne, die der Koalition im Haushaltsstreit überhaupt nur eine 50/50-Überlebenschance einräumten. Gute Aussichten sind das nicht.

Dazu kommt: Der Haushalt 2025 ist der letzte vor der Bundestagswahl im September. Hier wird, insbesondere nach den Krisen-Budgets zuletzt, jede Partei noch ein Zeichen für ihre Wähler setzen wollen. Schwer vorstellbar, dass die Sozialdemokraten ausgerechnet im Wahlkampfjahr am Sozialen oder die Grünen am Klimaschutz sparen wollen – und die FDP wird wiederum nach einer vernichtenden Ampel-Performance versuchen, genau solche Einsparungen durchzusetzen, um sich selbst zu retten.

Mit diesem gefährlichen Trick könnte Lindner arbeiten

Keine leichte Ausgangslage also – auch, wenn das tatsächliche Haushaltsloch laut Spiegel inzwischen „nur“ unter 10 Milliarden betragen soll. Immerhin: Bundeskanzler Scholz stärkt seinem Finanzminister den Rücken und erteilt Forderungen nach einem Lockern der Schuldenbremse, auch aus seiner eigenen Partei, eine klare Absage. Trotzdem muss Lindner an diversen Stellschrauben drehen, diverse Mittel verschieben und strecken und wahrscheinlich auch ein bisschen tricksen müssen, um den Haushalt wasserdicht hinzubekommen.

Ein möglicher Kniff ist dabei auch an der Grenze der Verfassungsmäßigkeit – das Instrument der sogenannten „globalen Minderausgabe“. Dieses haushälterische Instrument sieht vor, dass eine generelle Einsparung im Haushalt veranschlagt wird – wo genau sie greift, ist aber zunächst nicht spezifiziert. Im Grunde ist es ein Spar-Vorsatz, der in den Haushalt geschrieben wird. So könnte die Bundesregierung die noch bestehende Milliardenlücke formal schließen – indem sie einfach sagt: Gekürzt wird später.

So eine globale Minderausgabe ist grundsätzlich nicht verboten, kann jedoch missbraucht werden. Wenn eine globale Minderausgabe zwar veranschlagt, aber nicht erfüllt wird, käme sie einem Bilanztrick gleich, der Ausgaben verschleiern und den Haushalt nur formal an die Schuldenbremse anpassen soll – das wäre höchstwahrscheinlich verfassungswidrig und das nächste scheppernde Urteil aus Karlsruhe könnte drohen. Trotzdem, so berichtet der Spiegel, zirkuliert die globale Minderausgabe als Notnagel in den Gedankenspielen der Koalition in Berlin.

Pokern die Ampel-Partner schon mit Neuwahlen?

Klar ist: Scheitert der Haushalt, scheitert die Koalition – selten wäre der Begriff „Bankrotterklärung“ treffender gewesen als in diesem Falle. Wirklich Angst vor so einem Koalitions-Kollaps will keiner haben: Dann würden Sozialdemokraten und Grüne einen möglichen Neuwahl-Kampf als Verfechter des Sozialen und die FDP als Verfechter der Haushaltsdisziplin antreten – und beide rechnen sich aus, damit punkten zu können, heißt es. Scholz könnte auch eine rot-grüne Minderheitsregierung führen und den Termin für Neuwahlen hinauszögern. Einen Misstrauensantrag etwa aus der Union hätte er kaum zu fürchten: Zu groß wäre bei CDU und CSU wahrscheinlich die Angst, dann in einem „Kemmerich-Szenario“ ihren Kandidaten mit AfD-Stimmen zum neuen Kanzler gemacht zu haben.

Wie auch immer es am Ende ausgeht – ob die Koalition bricht oder ob es doch noch irgendwie einen Haushalt gibt: Im Grunde ist die Ampel tot und mindestens politisch bankrott. Eine Regierung, die keinen Haushalt hinkriegt, kann nicht regieren – und wer nicht regieren kann, kriegt, wie die Ampel, keinen Haushalt hin.

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