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Bundestag

SPD empört: peinliches Brandmauer-Drama im Petitionsausschuss

Union, FDP und AfD lehnen im Petitionsausschuss einen Antrag der Linken ab. Die SPD tobt und sieht einen Tabubruch - die CDU spricht von einer schäbigen Kampagne und beteuert, fest zur Brandmauer zu stehen. Um Bürger-Anliegen geht es nicht mehr.

Die Mitglieder des Petitionsausschusses liefern sich eine politische Schlammschlacht. Mit dabei: Linken-Politiker Sören Pellmann (ganz links), CDU-Mann Andreas Mattfeldt und SPD-MdB Axel Echeverria (beide rechts)

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„Heute früh stimmten CDU/ CSU, FDP und AfD im Petitionsausschuss gemeinsam ab. Das war‘s dann mit der viel beschworenen Brandmauer und der Absage an eine Zusammenarbeit. Union und FDP sind umgefallen.“ SPD-Politiker Dirk Wiese zeigt sich empört über einen angeblichen Skandal. Es geht mal wieder nicht um Sachfragen, sondern um sogenannte politische Hygiene. Auch die Grünen machen mit bei der Empörung über diesen sogenannten Vorgang.

Was war passiert? Tatsächlich kam im Petitionsausschuss eine Mehrheit mit Stimmen von Union, FDP und AfD zustande. Was Rot-Grün jedoch zu einem Skandal heraufbeschwören will, ist das Produkt langweiliger, normaler Verfahrensfragen – und eine Posse, mit der das Parlament lächerlich gemacht wird.

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Im Bundestag, auch in den Ausschüssen, gibt es seit dem Ampel-Aus keine Regierungsmehrheit mehr. Wohl auch aus Angst vor dem, was CDU-Chef Merz „Zufallsmehrheiten“ nannte, brachte die Unionsfraktion im Petitionsausschuss den Antrag ein, in dieser Legislatur keine öffentlichen Beratungen mehr im Petitionsausschuss durchzuführen. Vor allem Vertreter der Regierung und der sie tragenden Fraktionen antworten in diesen Beratungen auf die Anliegen der Petenten. Dies sei nicht sinnvoll sei, wenn eine Regierung keine Parlamentsmehrheit hinter sich habe, erklärte der Obmann der Union im Ausschuss, Andreas Mattfeldt (CDU), gegenüber Welt. „Auf diese Position haben wir uns am Dienstagabend im Obleute-Gespräch verständigt.“ Es habe also Einigkeit bei den Fraktionen geherrscht, den Unions-Vorschlag umzusetzen – so zumindest behauptet es Mattfeldt.

SPD und Grüne erzählen derselben Zeitung derweil, dass es so eine Einigung nicht gegeben habe – man habe in der Runde der Obleute am Vorabend der Ausschusssitzung gegen den Vorschlag der Union gestimmt. Weil aber der Obmann der Linken aber nicht da war, hatten SPD und Grüne keine Mehrheit.

Ebenjener Obmann war dann aber in der Sitzung am Mittwoch anwesend – und verlangte, den CDU-Antrag nochmal neu zur Abstimmung zu stellen. Am Morgen habe Sören Pellmann von der Linken erklärt, er wolle, „ dass der CDU-Antrag noch einmal aufgerufen wird“, heißt es laut Welt aus SPD-Kreisen. „Es gab eine kurze Sitzungsunterbrechung, dann wurde über den CDU-Antrag abgestimmt.“ Die Abstimmung sei mit den Stimmen von Union, FDP und AfD gegen Rot-Rot-Grün 14 zu 12 ausgegangen.

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Das Ergebnis freier Abstimmungen – für die Sozialdemokraten und die Grünen ein Skandal. „Dass der Unionsantrag mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit gefunden hat, ist ein Eklat“, sagt Axel Echeverria, Obmann der SPD-Fraktion im Ausschuss. „Für mich stellt sich die Frage, ob die Brandmauer Richtung AfD noch existiert.“

Es wäre in der Tat ein Novum, wenn ein Antrag der Union mit den Stimmen der AfD in einer offiziellen Sitzung eine Mehrheit erhielte – die Union hat das bisher auch immer lautstark als Option ausgeschlossen. Kein Wunder, wenn also aus den Reihen der Union das Gegenteil dessen behauptet wird, was die SPD erzählt: „Wenn die SPD nun behauptet, dass wir heute über einen Antrag der Union abgestimmt hätten, dann ist das eine Lüge“, sagt der Unions-Obmann im Ausschuss, Andreas Mattfeldt. „Wir haben über einen Antrag der Linken abgestimmt.“ Mattfeld ist sich sicher: Die Linke habe spontan im Ausschuss einen Antrag gestellt, im Januar eine öffentliche Beratung zu organisieren. Die Union habe damit nichts zu tun.

Stattdessen hätte Rot-Grün, die den Vertrauensbruch zwischen „demokratischen Fraktionen“ beklagen, die Absprache zwischen ebenjenen Parteien gebrochen. „Entgegen den Absprachen haben SPD und Grüne nach einer Sitzungsunterbrechung beschlossen, dem Antrag der Linken zuzustimmen“, sagt Mattfeldt. „Wir haben im Einklang mit der Absprache am Dienstag gegen den Antrag der Linken gestimmt. Es ist keine Sachentscheidung gefallen, keine Brandmauer eingerissen. Es ging nur um eine Terminabsprache. Von einem Einriss der Brandmauer zu sprechen, ist schäbig und unterirdisch.“ Linken-Politiker Pellmann bestätigt die Darstellung der Union: Der Linke-Politiker sagte Welt selbst, dass er, wie von Mattfeldt beschrieben, einen entsprechenden Antrag gestellt habe. 

„Es ist vorgesehen, dass, wenn 30.000 Menschen eine Petition einreichen, diese öffentlich behandelt wird“, sagte Pellmann. Dies hätten die Obleute am Dienstagabend abgesetzt. „Deshalb habe ich heute Morgen den Antrag gestellt, dass diese Sitzung stattfinden soll.“ 

Bei der betroffenen Petition ging es um „Verschärfung der Gesetze in Bezug auf das Posten und Vermarkten von Kindern im Internet“, 54.000 Menschen hatten diese unterzeichnet. Die Union will diese Petition und andere nun nicht mehr öffentlich behandeln – und Rot-Grün dreht aus dieser Ablehnung wiederum einen Strick für CDU und CSU, um mit „Brandmauer“-Dreck zu werfen. Und das Anliegen von zehntausenden Bürgern? Das spielt in der ganzen Posse überhaupt keine Rolle mehr.

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