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Scholz kommt mit allem davon – Miosgas Softball-Interview wird zur journalistischen Bankrotterklärung

Caren Miosga umging am Sonntagabend kritische Nachfragen an Olaf Scholz und ließ dessen fragwürdige Antworten einfach stehen. Der Bundeskanzler konnte seine Erzählung des Ampel-Endes verbreiten. Wenn es brenzlig wurde, wechselte Miosga das Thema.

Mit einem Lächeln begegnete Caren Miosga Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag – kritische Fragen blieben größtenteils aus.

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Obwohl Olaf Scholz spätestens seit vergangener Woche im Fokus der politischen Öffentlichkeit steht, verlief die ARD-Sendung mit Caren Miosga recht einfach für den Bundeskanzler. Während Scholz mit dem Ende der Ampelkoalition und der im Raum stehenden Einflussnahme auf die Bundeswahlleiterin im Epizentrum einer gigantischen politischen Krise steht, erhielt Miosga auf ansatzweise kritische Fragen nur nichtssagende Antworten – und akzeptierte die Ablehnung des Bundeskanzlers während des einstündigen Gesprächs.

Kritische Nachfragen bleiben aus, wenn Scholz einsilbig einer echten Beantwortung von Miosgas Fragen entgeht. So wollte die Moderatorin den SPD-Politiker mit Robert Habecks Kritik an den Vorgängen konfrontieren. „Also ist es auch ihm aufgestoßen?“ Die Antwort „Gerne“ lässt Miosga überfordert zurück, danach wechselt sie das Thema.

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Scholz verweist neben seinen teils ablehnenden Antworten immer wieder darauf, dass die Bundestagsfraktionen sich verständigen sollten. Die Vertrauensfrage sei vor Weihnachten möglich, „wenn das alle gemeinsam so sehen“ – dass ihm als Bundeskanzler dieser Schritt obliegt, ignoriert Scholz, während Miosga diese Frage gar nicht erst stellt. Auch als Scholz dann konstatiert, dass er davon ausgeht, vom Volk ein weiteres Mandat als Bundeskanzler der stärksten Partei zu erhalten, verweist Miosga zwar auf seine fatalen Umfragewerte – wirklich kritisch wird es in diesem Themengebiet aber auch nie.

Die Moderatorin schafft es an diesem Abend, dringliche Fragen an den Bundeskanzler abzuschwächen oder gar nicht erst zu stellen und unbefriedigende Antworten zu schlucken. So vergeht zu Beginn eine Viertelstunde, in der sich der Bundeskanzler zunächst – auch hier ohne kritische Nachfrage – nochmals über Christian Lindner und dessen angebliche fehlende Kooperationsbereitschaft und Vertrauensbruch beklagen kann (Apollo News berichtete), bevor Neuwahlen wirklich thematisiert werden. Auch hier lässt sich Miosga völlig von Scholz‘ Spins umgarnen. 

In diesem Themenblock bleibt gänzlich unerwähnt, dass Scholz und die SPD derzeit im Verdacht stehen, Einfluss auf die Bundeswahlleiterin und damit auf den demokratischen Prozess der Wahlen ausgeübt zu haben. Zunächst hatte die Bundeswahlleiterin Neuwahlen für möglich erklärt – ehe sie plötzlich Zweifel äußerte. Zuvor soll das Kanzleramt Kontakt aufgenommen haben (Apollo News berichtete). Miosga fragte Scholz nicht, ob er Einfluss auf die Wahlleitung genommen hat.

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An diesem Punkt hätte das Gespräch für den Bundeskanzler unangenehm werden können. Denn die Argumentation der Bundeswahlleiterin entspricht den Wünschen der SPD, Neuwahlen so spät wie möglich durchzuführen. Offiziell wird das mit noch nicht vollendeten Gesetzesvorhaben begründet. Bei einer Vertrauensfrage im Januar könnten Neuwahlen allerdings nach den Hamburg-Wahlen stattfinden – wo SPD und Grüne in Umfragen dominieren. Der Einfluss auf das Wahlamt würde einem so drastischen Schritt des Kanzleramts entsprechen, dass die Position von Scholz gewaltig ins Wanken gebracht werden würde.

Miosga schreckte aber immer wieder davor zurück, den Finger in die Wunde zu legen. Als Scholz mehrfach betonte, Lindner und die FDP hätten eine Rentensenkung gefordert, um die Ukraine mit weiteren Milliarden zu unterstützen, hakt sie nicht nach. Dass die FDP eine Rentenreform und eine Anhebung des Renteneintrittsalters forderte, ist bekannt. Jedoch begründete die Partei diesen Schritt mit der schwachen Wirtschaftslage – nicht mit dem Krieg in der Ukraine.

Auch als Scholz mit Lindners Vorwürfen, der Bundeskanzler habe ihn ultimativ vor die Wahl zwischen Koalitionsbruch oder Verfassungsbruch gestellt, konfrontiert wird, weicht der SPD-Politiker aus. Lindners Entweder-Oder-Forderungen seien nicht zielführend gewesen. Auch hier bleibt ein wichtiges Detail ungenannt: Lindner beharrte bei der Haushaltsplanung immer wieder auf die Schuldenbremse – weil sie im Grundgesetz verankert ist. Doch auch dazu musste Scholz am Sonntagabend keine Stellung beziehen.

Scholz weicht bei Haushaltsfragen wie auch bei der Rente aus. Er sei nicht damit einverstanden, dass „die Bürgerinnen und Bürger die Ukraine-Unterstützung bezahlen sollten“, der ehemalige Finanzminister hätte genau das auf Kosten der Rentner und der Zukunft Deutschlands bewirkt, deutet Scholz immer wieder an. Miosga lässt das zu, sogar in den Momenten, in denen Scholz ihr unverhohlen ins Wort fällt und ihre Fragen abwürgt.

Als Scholz dann Miosgas kritischsten Fragen des Abends zu seiner Verantwortung am Scheitern der Koalition und der absurden Reaktion seiner Fraktion nach dem Ampel-Aus umgeht, indem der Bundeskanzler einfach nicht auf die Frage eingeht, gibt sich Miosga mit den Nicht-Antworten auch zufrieden. Oft lässt sie die Aussagen stehen, besteht nicht auf eine konkrete Beantwortung der zuvor geäußerten Sätze.

Abgerundet wird die Sendung mit einem Gespräch über Donald Trump und den Krieg in der Ukraine, diese Themen werden jedoch nicht tiefergehend behandelt. Was Miosga zu keinem einzigen Zeitpunkt anspricht, ist die fatale wirtschaftliche Lage Deutschlands, die unter der Ampelkoalition einsetzte. Für kein Fehlmanagement muss sich der Bundeskanzler jedoch im Gespräch bei der ARD rechtfertigen.

Fragen zur unkontrollierten Migration, dem wachsenden Unsicherheitsgefühl der Menschen, vor allem der Frauen in Deutschland, oder zur steigenden Gewaltkriminalität – all das bleibt völlig außen vor. Fast schon fahrlässig überlässt Miosga Scholz damit das Feld, der sich als routinierter Politiker die Welt schönreden kann.

Nur einmal zu Beginn der Sendung unterbricht Miosga den Bundeskanzler bei seinen weitschweifigen Ausführungen, die über die Frage der Moderatorin hinausgingen. Scholz‘ Gesichtsausdruck spricht Bände: überrascht und fassungslos schaut der Bundeskanzler in Miosgas Gesicht. Danach kommt eine derartige Unterbrechung nicht erneut vor.

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