Werbung:

Rapide senkt die EZB die Zinsen ab: Der bedrohliche wirtschaftlichspolitische Schmelztiegel in Brüssel

Am Donnerstag senkte die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen. Es war der achte Zinsschritt im aktuellen Zinszyklus. Kann die Geldpolitik die blutleere Eurozone aus dem Wachstumstal heben?

Werbung

Geldpolitik ist stets reaktiv. Sie bezieht sich auf ökonomische Daten der Vergangenheit und operiert in einem obskuren Raum von Vermutungen und spekulativen Erwartungen – soft data, wenn man so will. Zentralbanker präsentieren uns dieses Potpourri aus Daten und Zahlen letztendlich nur, um von einem Faktum abzulenken: Bei der Geldpolitik handelt es sich ausschließlich um die Manipulation der Kosten für Kredit.

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) bestätigte am Donnerstag diesen Befund, als sie den achten Zinssenkungsschritt seit dem Sommer 2024 präsentierte und den Bankeinlagenzins als den wichtigsten der Leitzinsen um 25 Basispunkte auf nun 2 Prozent senkte. Die Inflationsaussichten, so Lagarde, seien unsicherer als üblich – aufgrund volatiler geopolitischer Rahmenbedingungen und des Zollstreits. Dennoch sehe man sich in einer guten Position und die EZB nähere sich dem Ende des Zinszyklus. Zudem stützten ein stabiler Arbeitsmarkt in der Eurozone sowie steigende Reallöhne den geldpolitischen Kurs, meinte Lagarde.

Delivered by AMA

Folgt man den Worten der EZB-Präsidentin, könnte man den Eindruck haben, alles sei in bester Ordnung im Euroraum. Doch stimmt der Befund tatsächlich? Ist es so, dass die Geldpolitik die Strukturprobleme der Eurozone im Alleingang gelöst hätte?

Realzins bleibt negativ

Der Erfolg diskretionärer Maßnahmen der Politik sollte sich stets am realen Wohlstandszuwachs der Gesellschaft bemessen. Dazu bedarf es einer robusten Ökonomie, die ihren Kapitalbestand ausbaut und auf einem entsprechenden positiven Realzins im Kreditbereich operiert. Und an dieser Stelle wird es interessant: Bei einer Inflationsrate von etwa 2 Prozent schafft es die Zentralbank nicht, dauerhaft reale Zinsen in den Markt zu geben, ohne große Teile der Realwirtschaft in die Insolvenz zu treiben. Der Insolvenzrekord in Deutschland im ersten Quartal des laufenden Jahres mit 5.200 Firmenpleiten spricht Bände.

Lesen Sie auch:

Was bedeutet das? Wir erleben den Kollaps der durch jahrelange Nullzinspolitik herangezüchteten Zombie-Ökonomie. Hierbei handelt es sich um Unternehmen, die nicht in der Lage sind, ihren Schuldendienst in einem Umfeld positiver Realzinsen zu leisten und im Moment höherer Zinsen kollabieren. Die Folgen für den Arbeitsmarkt sind inzwischen unübersehbar. Deutschland registrierte zuletzt über 3 Millionen offiziell gemeldete Arbeitslose und steht damit im europäischen Vergleich noch relativ gut da.

Die geldpolitische Intervention der EZB während der Lockdown-Periode als 1,85 Billionen Euro in das Geldsystem injiziert wurden, löste einen massiven Boom-Bust-Zyklus aus, der sich nun entlädt. Mit den zügigen Zinssenkungen versucht man, diesen sozial schmerzhaften Prozess abzufedern, indem Kredit verbilligt werden soll. Genau hier liegt das Problem. Die EZB kann weder die Geschäftsbanken dazu zwingen, Kredite zu vergeben, noch kann sie privatwirtschaftliche Investitionsnachfrage stimulieren. Kreditprozesse unterliegen dem komplexen Erwartungsumfeld der Märkte und lassen sich nicht zentral planen.

Das Kreditgeschehen im gewerblichen Sektor der Eurozone wirkt paralysiert und zeigt nur verhaltene Impulse. Im Jahr 2024 wuchs das Kreditvolumen an Unternehmen lediglich um 0,2 Prozent, während für 2025 zwar ein moderates Plus von etwa 3,1 Prozent erwartet wird, was aber angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kaum als stimulierend einzuschätzen ist. Die Geldpolitik der EZB, trotz der jüngsten Zinssenkungen, wirkt wie Schattenboxen in totaler Finsternis.

Privatsektor schrumpft

Die Zurückhaltung im Kreditgeschäft spiegelt sich in der Realökonomie wider. Für das laufende Jahr rechnet die EZB mit einem Wachstum der Eurozone von 0,9 Prozent. Schauen wir auch hier etwas genauer hin. Ziemlich genau die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts wird von den Staaten des Währungsverbundes verbraucht. Die Staatsquote in der Eurozone hat mittlerweile 49,5 Prozent erreicht. Im laufenden Jahr werden die Staatshaushalte mit einer Neuverschuldung von voraussichtlich 5 Prozent belastet. Auch diese Zahl zieht ein in die Berechnung des offiziellen Bruttoinlandsprodukts. Daraus können wir schließen, dass der private Sektor voraussichtlich um 4 Prozent schrumpfen muss.

Diese latente ökonomische Schwäche schlägt sich auch in weiterem Zahlenwerk nieder. In Südeuropa, um nur ein Beispiel zu nennen, beträgt die Jugendarbeitslosigkeit regional stellenweise über 25 Prozent. Dies ist besonders fatal, da es impliziert, dass die junge Generation die Eurozone nicht mehr als offenen Chancenraum versteht. Wir durchleben eine Phase ökonomischer und kultureller Desintegration einer ganzen Generation.

Doch es ist nicht nur der Arbeitsmarkt, der Symptome einer tiefen ökonomischen Erkrankung zeigt. Es ist der EZB nicht gelungen, im Zusammenspiel mit den Mitgliedstaaten, die Lehren aus der letzten Staatsschuldenkrise vor anderthalb Jahrzehnten zu ziehen und entsprechende Weichenstellungen zu wählen, um die Schuldenspirale zu bremsen. Ganz im Gegenteil. Mit ihrer Nullzinspolitik hat sie nicht nur die ideologisch-politisch geförderten und ineffizienten Sektoren der Ökonomie mit billigem Kredit versorgt. Sie hat auch den überschuldeten Staaten jeden Anreiz zur Reform ihrer Staatsfinanzen genommen, als sie Staatsanleihen in Billionenhöhe auf ihre Bilanz nahm.

Das Ergebnis dieses fatalen Zusammenspiels aus Zinsmanipulation, keynesianischer Zentralsteuerung und einem wachsenden Staatsinterventionismus ist omnipräsent. Die Eurozonenökonomie ist ausgeblutet, der öffentliche Sektor bindet wachsende Kapitalpotenziale zur Refinanzierung seines Schuldenbergs und erschwert so die private Kapitalbildung zusätzlich.

Geldpolitik ist kein seligmachendes Instrument der Wirtschaftspolitik. Sie ist eingebettet in eine technokratische Agenda, die von dem Gedanken geprägt ist, Komplexität ließe sich auf lineare Funktionszusammenhänge zusammenziehen. Die andauernde Wirtschaftsschwäche in der Eurozone, exemplarisch am Niedergang der deutschen Industrie beschrieben, ist Beleg für diese These. Brüssel, gemeinsam mit den Hauptstädten der Europäischen Union, nimmt sehr wohl zur Kenntnis, dass ihre am Reißbrett geplante Ökonomie des Green Deals gescheitert ist. Ihre Reaktion auf den ökonomischen Verfall ist eine Flucht nach vorn, die zügige Integration von Staaten wie Kroatien oder Bulgarien in die Eurozone. In Brüssel wie auch im Frankfurter EZB-Tower ist man der festen Überzeugung, dass die komplette Steuerungsgewalt über das Geldsystem das Problem der Strukturkrise Europas lösen wird.

Die Einführung des digitalen Euro, eines programmierbaren Geldes, soll den gordischen Knoten durchschlagen. Er soll leisten, was klassische Geldpolitik nie leisten konnte: Eine effiziente Steuerung von Kapital, eingebettet in das ideologische Grundmuster der EU-Politik. Zentral gesteuerte Geldpolitik auf der Basis eines programmierten digitalen Kontrollgeldes wäre das Anathema für die freie Bildung von Kapital in einem privaten Sektor mit minimaler Regulierung. Der digitale Euro wäre damit nicht nur das größte Projekt der Europäischen Zentralbank, er wäre auch der letzte Sargnagel für die Eurozonenökonomie.

Werbung

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Strafbare Inhalte, Beleidigungen oder ähnliches sind verboten. Bitte haben Sie Verständnis, dass es ggf. zu längeren Bearbeitungszeiten kommt. Kommentare sind auf maximal 1.000 Zeichen limitiert.

21 Kommentare

  • Das Problem ist mMn der € selbst. Man kann nicht starke und schwache Volkswirtschaften unter dieselbe Währung bringen, denn es beraubt die Landesbanken der Möglichkeit, ihre Währung nach Bedarf auf- oder abzuwerten u. Investitionen anzuregen. Viele Volkswirte warnten damals vor €-Einführung davor und redeten sich die Münder fusselig.

    Weitere Probleme sind die Energie-/Klimapolitik, die Wirtschaft und Bürger zusätzlich belasten, die Migrationspolitik mit Einwanderung in die Sozialsysteme und generell die zunehmende Kommandowirtschaft von Seiten Brüssels.

    Eine Notenbank senkt die Zinsen, um Kredite zu erleichtern und Investitionen zu fördern, und sie hebt die Zinsen, um ein Zuviel an Geld aus dem Umlauf zu nehmen und so der Inflation entgegenzuwirken.

    Schafft man aber Probleme, wo man beides gleichzeitig tun muss (Investitionen ankurbeln und Inflation bekämpfen) dann steht man vor diesem jetzigen Dilemma.

    Dann ruft man nach Digitalgeld als angeblichem Retter.
    Ein Schelm …..

    36
  • Jenseits der Zinsen stimmen die politischen Rahmenbedingungen nicht für wirtschaftliche Expansion.
    Der Krieg in der Ukraine, steigende Energiekosten, der Stromausfall in Spanien bzw die fehlgeleitete Energiewende, die stetig expandierende Bürokratie und Regelungswut, mangelhaft kontrollierte Migrationskrise und die dadurch verursachten maroden Sozialkassen und steigenden Steuern und Abgaben, nicht zuletzt die offiziellen Planungsspieler der WHO für die nächste Pandemie, wo sich gleichzeitig herausstellt, dass die letzte Pandemie höchstwahrscheinlich eine Nebenwirkung medizinischer Forschung war.
    Wer möchte denn in so einem Umfeld expandieren? Da tut man nur was einigermaßen sicher und planbar ist, also das was man letztes Jahr um diese Zeit gemacht hat, ein Rezept für Stasis.
    Die meisten Punkte betreffen mangelhafte politische Leistung, auch weil die Politik durch Ideologie geprägt wurde:
    „Wir sind von Realität umzingelt“ R. Habeck.

  • Zentrale Planwirtschaft und Steuerung von Kapital hat noch nie zum Wohlstand der Allgemeinheit geführt. Es ist genau das Problem und nicht die Lösung. Wie sehr der Verfall unseres ungedeckten Geldes von statten geht, merkt jeder an der Supermarktkasse. Die Preise von begrenzten Werten wie Edelmetallen, Bitcoin oder gar einer Simson S50 (Moped) zeigen in unmissverständlicher Weise auf, dass man sich durchaus mit der Frage auseinandersetzen sollte, ob es ratsam ist, in Währungen wie dem Euro zu sparen.

  • Wen ich mir nur die beiden Damen anschaue, Legarde für die Zinsen, v.d Leyen für den Green Deal, da ist mir sonnenklar, es kann nur noch weiter bergab gehen. Wenn die Euro Zone nichts besseres aufzubieten hat wie die zwei, dann braucht es einen nicht verwundern, dass alles abwärts geht. Ich wundere mich immer mehr, dass die Menschen diesen Leuten folgen, vor allem, dass sie den digitalen Euro einfach so hinnehmen.

    27
  • Solange die Geldmenge nicht an das Bruttosozialprodukt angepasst wird. Steht das ganze auf tönernen Füßen. Banken melden ihren Kredit Bedarf an bei der Zentralbank und die tippt einfach die benötigte Geldmenge ein.
    Schaft aber kein Vertrauen in die Währung.

  • Zinssenkung bedeutet einfach Enteignung derer die gespart haben.
    Ein Europa das Geld an Banderastan oder Pfizer verschenkt ist nicht Teil der Lösung, es ist das Problem.

    30
  • Die EU wird es schon noch schaffen Maos großen Sprung zu toppen.

  • Das System kollabiert. Es wird Zeit, dass die Wähler aufwachen.

  • Der stellvertretende Vorsitzende des baden-württembergischen Verbands der Arbeitgeber in der Metall- und Elektroindustrie, Dr. Harald Marquardt, kritisierte zuletzt noch am 28.12.2024 im Gespräch mit der „Wirtschaftswoche“, dass inzwischen mit Macht eine Politik betrieben wird, die einfach das „abtötet“, was laut der Leibniz’schen Theodizee seit jeher als das Beste gilt. Angesichts dessen kommt es nicht von ungefähr, wenn privatwirtschaftlich geführte Unternehmen gegenwärtig nicht mehr investieren. Selbst bei einem negativen Zinssatz wäre dazu keine verantwortliche Geschäftsleitung mehr bereit. Insofern handelt es sich insbesondere bei dem Vorhaben eines digitalen Euro in Wirklichkeit um nichts weiter als eine technische Spielerei. An den äußerst ungünstigen Bedingungen für eine freie Entfaltung unternehmerischer Initiative ändert sich dadurch nicht das Geringste. Im Gegenteil. Womöglich verschärft sich die ohnehin schon schwere Krise noch zusätzlich.

  • Geliefert wie bestellt !!!!!!

    7
  • Abnormale Sondervermögen bedürfen abnormaler Zinssätze…
    Was aber wird auf der anderen Seite passieren: Die dadurch ausgelöste Assetpreisinflation rechnet die Sachwertbesitzer vermeintlich reicher, die Kleinsparer sowie Lohn- und Rentenempfänger werden tatsächlich ärmer. Das ist dann die große Zeit der Umverteiler, von Linkspopulisten und Raubtiersozialismus.

  • Mde. Lagarde war Synchron-Schwimmerin, das scheint ihre Kernkompetenz zu sein. Ich frage mich nur, wer sie aktuell „synchronisiert“, gegenüber ihrem aktuellen Job scheint sie ja völlig ahnungslos zu sein. Wer hat ihren autopen?

  • Die sitzt mit ihrem Murks wohl noch bis zum nächsten Urknall auf ihrem Posten.

  • Der Euro ist eine Totgeburt gewesen.
    Und seitdem stirbt er täglich neu und reißt ganze Länder und Staaten mit.
    Eine sozialistische Idee von fanatischen Ideologen.
    Due EU als Wirtschafts- und Handelsunion hätte den Euro ablehnen müssen.
    Aber für die Kommission war der Ausbau ihrer politischen Einflußnahme und ihre ideologische Macht wichtiger als die Wirtschaft Europas.
    Alle die sich gegen diese linke grünrote Politik nicht emanzipieren konnten leiden jetzt mit.

  • Nichts passiert zufällig in der Politik und der Zentralbankster 🤡🌍. ( ist Lagarde nicht eine verurteilte, wo das Urteil nur nicht rechtskräftig gesprochen wurde?! Warum wohl? )🤔
    Irgendwann merken es auch die letzten 🐑, das unsere wannabe Eliten, uns nicht wohlgesonnen sind.
    Ps. Der letzte macht das Licht aus.🤫😅✌🏻😎

Werbung