Werbung

...
...

Migrationswende blockiert: Wie Faeser sich hinter dem Europarecht versteckt

Die Union fordert von Bundesinnenministerin Faeser endlich im großen Stil Flüchtlinge zurückzuweisen. Doch auf Basis des EU-Rechts Zurückschiebungen nur in seltenen Fällen möglich. Das europäische Asylrecht muss zurückgedrängt werden und das deutsche Recht wieder umfassend gelten.

Werbung

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat am Montag Grenzkontrollen an allen deutschen Landgrenzen angekündigt. Schon ab kommender Woche sollen entsprechende Maßnahmen greifen. Ob aus diesen Kontrollen jedoch auch Zurückweisungen resultieren, ist nach wie vor fraglich. Aktuell spricht alles dafür, dass die Ampel sich hierzu nicht durchringen kann. Damit wären die Kontrollen jedoch kaum wirksam und nicht mehr als ein stumpfes Schwert. Die Union hat deswegen nun die Gespräche im Rahmen des Asyl-Gipfels abgebrochen.

Schützenhilfe bekommt die Innenministerin nun vom Rat für Migration (RfM), einem Zusammenschluss von rund 200 Wissenschaftlern. Demnach seien Zurückweisungen an den deutschen Grenzen ein „gefährlicher Populismus in der migrationspolitischen Debatte“. Weiter heißt es: „Aus der geltenden Gesetzeslage ergibt sich unzweifelhaft, dass eine Zurückweisung von schutzsuchenden Personen rechtswidrig ist.“

Doch tatsächlich dürfen auf Basis der gegenwärtigen Rechtsprechung auf europäischer Ebene Binnenstaaten quasi keine Zurückweisungen vornehmen. Ein entsprechendes Urteil erging vom EuGH im vergangenen Jahr. Die Klage wurde von mehreren französischen Organisationen, darunter Anwälten für Asylrecht, eingereicht. Die Kläger wandten sich gegen eine französische Verordnung, der zufolge Drittstaatsangehörigen bereits an der Binnengrenze, insbesondere an der Grenze zu Italien, die Einreise nach Frankreich verweigert werden soll. Die Organisationen argumentierten, dass diese Regelung im Widerspruch zur EU-Rückführungsrichtlinie steht, die Anwendung findet, wenn Drittstaatsangehörige illegal in einen EU-Mitgliedstaat einreisen und sich dort ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung aufhalten.

Dr. Constantin Hruschka, Senior Researcher am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München, erklärte hierzu gegenüber LTO: „Im Falle von eingereisten Drittstaatsangehörigen muss zunächst eine Rückkehrentscheidung getroffen werden, was eine Abschiebungsandrohung mit einer Frist zur freiwilligen Ausreise bedeutet. Für Deutschland und alle anderen Mitgliedstaaten bedeutet das, dass direkte Zurückweisungen an der Binnengrenze auch dann illegal sind, wenn die Personen kein Asylgesuch stellen.“ Hruschka weiter: „Die in der öffentlichen Diskussion immer als Haupteffekt von Binnengrenzkontrollen geschilderte Folge der geringeren Anzahl von Einreisen können also mit diesen Kontrollen nicht rechtmäßig erreicht werden.“

Personen dürfen an den Binnengrenzen der EU daher nicht zurückgewiesen werden. Selbst wenn eine Person eine potenzielle Gefahr darstellt, ist es ihr gestattet, die Grenze zu überqueren. In solchen Fällen ist lediglich eine Inhaftierung möglich. Die Zurückweisung von Drittstaatsangehörigen ist somit ausschließlich an den Außengrenzen der EU rechtlich zulässig. Einer Steuerung der Migration, geschweige denn ihrer Begrenzung, schiebt der EuGH mit seinem Urteil einen Riegel vor. Die Union weiß offensichtlich um diesen Umstand. Aus diesem Grund fordert sie, den nationalen Notstand gemäß den europäischen Verträgen auszurufen, um hiermit eben doch Grenz-Zurückweisungen durchsetzen zu können.

Das deutsche Asylrecht muss wieder Anwendung finden

Ob dies vor den europäischen Gerichten jedoch Bestand haben wird, ist fraglich. Argumentativ könnte dies für Deutschland einige Schwierigkeiten bereiten. Immerhin ist die Situation an Deutschlands Grenzen im Kern seit 2015 unverändert. Deutlich wird, dass das EU-Asylrecht grundsätzlich falsch konzipiert ist. Zudem werden die EU-Außengrenzen nicht wirksam geschützt. Dieser Zustand ist Status Quo seit Jahren. Entweder müssen die Rechtsgrundlagen auf EU-Ebene umfassend geändert werden oder es muss wieder vorrangig das deutsche Asylrecht greifen. Dies sieht nämlich vor, dass Ausländern, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen, grundsätzlich die Einreise zu verweigern ist.

Lediglich Ausländer, die aus keinem sicheren Drittstaat einreisen, haben das Recht, ein Asylgesuch zu stellen. Dies gilt aber auch nur, wenn sie nicht zuvor in einen Staat der Europäischen Union eingereist sind. Deutschland als EU-Binnenstaat dürfte also nur in absoluten Ausnahmefällen für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständig sein.

Zwar kann das Innenministerium auch auf Basis von § 18 Absatz 4 des Asylgesetzes anordnen, dass „aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen“ die Einreise von Ausländern zu gestatten sei, jedoch ist dies als absoluter Ausnahmetatbestand ausformuliert. Diese Regelung ist für individuelle Einzelfälle konzipiert und legitimiert nach einhelliger juristischer Auffassung jedenfalls nicht die generelle und unregulierte massenhafte Einwanderung von Migranten.

Erforderlich ist also, dass die Ampel, aber auch die Union endlich das heiße Eisen anfassen. Auf Basis des EU-Rechts sind Zurückweisungen im großen Stil nicht möglich. Dies auf Basis eines Notstandes vorzunehmen, würde vom EuGH wohl wieder kassiert werden. Stattdessen muss das EU-Asylsystem umfassend reformiert werden. 

Werbung