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Einreise-Zirkus: Wie sich die Bundesregierung von Sellner vorführen ließ

Der Einreise-Zirkus rund um den rechten Identitären-Aktivisten Martin Sellner beweist einmal mehr: Die Denkfaulheit im „Kampf gegen Rechts“ und der daraus resultierende Klamauk am Passau Grenzübergang sorgen dafür, dass Sellner gar nicht den Staat „delegitimieren“ muss, das schafft der mit solchen Aktionen ganz alleine.

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Ein Mietwagen, ein Mitstreiter auf dem Fahrersitz – so fährt Martin Sellner in Richtung Deutschland. Angeblich arbeite der deutsche Staat an einem Einreiseverbot für den rechten Aktivisten aus Wien – das will er herausfordern. Im Livestream nutzt er die Aufmerksamkeit, um über seine Vorstellungen von Remigration zu referieren – tausende Leute schauen ihm dabei zu. Irgendwann kommt er an der Deutsch-Österreichischen Grenze an. Sellner wird festgesetzt, schlussendlich wird ihm die Weiterreise doch gestattet.

Freilich hat Sellner seine Tour gut inszeniert. Er hat den deutschen Beamten sogar noch angekündigt, wo er die Grenze übertreten wollen würde, und servierte sich quasi selbst auf dem Silbertablett. Aktivismus, Stunts dieser Art für Aufmerksamkeit, sind seit Jahren Sellners Geschäftsmodell – er selbst spricht im Stream von „trolling“. An diesem Montagabend springt der deutsche Staat über sein Stöckchen.

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Was hatten sich Politik und Medien überschlagen nach dem „Geheimtreffen“ in Potsdam, bei dem Sellner ja sowas wie der oberste Rassenideologe gewesen sein soll. Dafür ist das Polizeiaufgebot, das den Österreicher mit diversen Beamten in Empfang nimmt, fast wieder zu klein. Am Ende heißt es, die Polizei habe „keine Gründe gefunden, die darauf hindeuten, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt“. Das nehmen zu diesem Zeitpunkt über 10.000 Menschen wahr. Blankoscheck für Sellner.

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Der Österreicher führt den deutschen Staat durch die Manege und entblößt damit auch die deutsche Politik als Zirkus. Vor zehntausenden Zuschauern delegitimiert so nicht etwa Sellner den deutschen Staat – der Staat delegitimiert sich selbst. Er hat sich hochnehmen lassen von einem Berufsaktivisten, der genau solche Inszenierungen zu seinem täglich Brot gemacht hat. Sellner konnte nur gewinnen:

Hätte der deutsche Staat ihn an der Grenze zurückgewiesen, wäre es ein Offenbarungseid für ebenjenen Staat, der ja seit fast 10 Jahren behauptet, solche Zurückweisungen seien eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Dass man ihn, nach all dem Klamauk der letzten Tage, jetzt doch durchlässt, ist nun aber ebenso eine Blamage für die Politik. So eine Situation hätte man mit etwas Wissen um den Österreicher und seinen aktivistischen Stil vermeiden können. Aber in Deutschland, in der deutschen Politik, setzt man sich nicht mehr mit seinen Gegnern auseinander – man beschimpft sie nur.

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Das zeigt auch das „Geheimtreffen“ von Potsdam, das einem nur „geheim“ vorkommen kann, wenn man geflissentlich alle jahrelang öffentlich zur Schau getragenen Gedanken, Vorträge und Bücher des rechtsradikalen Lagers um Sellner und Co. ignoriert hat. Denn der behauptete Inhalt dieses „Geheimtreffens“ wird seit Jahren offen verbreitet. Doch die Akteure des politischen Mainstreams sind längst zu faul geworden. Sie wollen die Ideen, die Konzepte und Handlungsmaximen ihres Gegners gar nicht mehr begreifen. Wobei das doch das erste wäre, was man tun sollte – kenne deinen Feind. Stattdessen beschimpft man lieber konstant.

Der Sellner ist ein Rechtsradikaler! Deswegen müssen wir uns mit seinen Ideen, Konzepten und seiner Arbeit gar nicht mehr beschäftigen. Es reicht das Label „rechtsradikal“. Die Methode, die inhaltliche Auseinandersetzung zu meiden wie der Teufel das Weihwasser, war ja schon bei der AfD ein absolut durchschlagender Erfolg: Über 10 Jahre „Nazi, Nazi“-Rufe haben die Partei nicht etwa nachhaltig zerschmettert, sondern stabil zur zweitstärksten Kraft im Land gemacht. Gelernt haben Politik und Presse daraus offensichtlich wenig, wie sich jetzt im Umgang mit Sellner zeigt. Denkfaulheit im „Kampf gegen Rechts“ bringt einen nicht sehr weit – im Gegenteil.

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