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Bundesverwaltungsgericht

Dieses Urteil stellt den ganzen Rundfunkbeitrag auf den Prüfstand

Das Bundesverwaltungsgericht verwirft ein Urteil aus Bayern zum Rundfunkbeitrag. Eine Beitragspflicht besteht demnach nur, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Auftrag, „Vielfalt zu sichern“, erfüllt.

Betroffen von der Klage ist der Bayerische Rundfunk, der den Beitrag in Bayern erhebt. (IMAGO/S. Gottschalk)

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Ist das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verfassungsgemäß? Diese Frage muss nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom Mittwoch neu diskutiert werden. Denn die Bundesrichter stellen fest: Das „Gesamtprogrammangebot“ muss „Vielfalt und Ausgewogenheit“ sicherstellen.

Die Prüfung selbst wird nun zunächst der Verwaltungsgerichtshof in München vornehmen. Dieser müsste bei hinreichenden Mängeln eine Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht anstrengen – und so das bestehende Rundfunkrecht zumindest teilweise für verfassungswidrig erklären lassen. Die Klägerin aus Bayern hatte beanstandet, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk kein „vielfältiges und ausgewogenes Programm“ biete. Vielmehr diene er der „vorherrschenden staatlichen Meinungsmacht als Erfüllungsgehilfe“. Da sie keinen Vorteil aus diesem Angebot ziehen könne, sei die Beitragspflicht nicht gerechtfertigt.

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Alle Vorinstanzen hatten diese subjektive Argumentation verworfen. Laut dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wäre allein die Möglichkeit, den ÖRR zu nutzen, Vorteil genug für die Beitragspflicht. Alles andere sei über Programmbeschwerden abzuhandeln.

Dieses Urteil hebt Leipzig nun auf. Ein dem „Funktionsauftrag entsprechend ausgestaltetes Programm“ sei Voraussetzung für den „individuell-konkreten“ Vorteil, den das Bundesverfassungsgericht für die Beitragserhebung verlangt. Ist diese Wechselbeziehung von Beitragspflicht und Erfüllung des Funktionsauftrags auch nicht im Rundfunkstaatsvertrag verankert, hat sie gleichwohl Gesetzeskraft.

Der Funktionsauftrag des ÖRR liegt – im Gegensatz zu privaten Medien – in der Sicherung von Vielfalt. Daraus ergeben sich „Anforderungen an die gegenständliche und meinungsmäßige Vielfalt und Ausgewogenheit“. Der Rundfunkbeitrag wäre demnach nicht verfassungsmäßig, wenn das „Gesamtangebot aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter über einen längeren Zeitraum evidente und regelmäßige Defizite hinsichtlich der gegenständlichen und meinungsmäßigen Vielfalt erkennen lässt.“ Unausgewogenheit lässt sich demnach beurteilen, indem man das Programm über einen Zeitraum von zwei Jahren betrachtet.

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Bei einem „groben Missverhältnis zwischen Abgabenlast und Programmqualität“ wäre der Rundfunkbeitrag aus Sicht der Leipziger Richter nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gesetzgeber habe in dieser Frage aber einen „weiten Spielraum“. Damit spielt das Gericht den Ball zurück an die Landesparlamente.

Legt ein Kläger „hinreichende Anhaltspunkte für evidente und regelmäßige Defizite“ vor, so muss das jeweils zuständige Verwaltungsgericht nach diesem Revisionsurteil Beweise erheben. Erhärtet sich der Verdacht, wäre das Verfahren im Wege der konkreten Normenkontrolle beim Verfassungsgericht in Karlsruhe vorzulegen.

Aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Juli 2018 lesen die Leipziger Richter heraus, dass zu jenem Zeitpunkt die Äquivalenz von Beitragspflicht und Programmangebot gegeben gewesen sei. Außerdem sei die „Schwelle für eine Verletzung des Äquivalenzgebots“ hoch. Eigentlich ging es damals aber um andere Fragen der Beitragserhebung.

Eine „Sachverhaltsaufklärung“ darf das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsinstanz jedoch nicht selbst durchführen. Eine „tatrichterliche Würdigung“ steht insoweit noch aus. Daher wird der Fall zurück nach München an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verwiesen. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zu erreichen, hält das Gericht allerdings für „überaus zweifelhaft“. Nach der Prognose des Bundesverwaltungsgerichts muss die Klägerin über ihr „bisheriges tatsächliches Vorbringen“ hinaus also weitere Belege vorlegen, wenn sie Erfolg haben will.

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58 Kommentare

  • Das Gericht hat es unterlassen ein Urteil zu fällen und der Klägerin die lange Nase gezeigt. Mit Bestandsschutz für den ÖRR geht es weiter wie gehabt.

    • Leider ist da so. Wir werden weiter abgezockt damit Intendanten sechsstellige Gehälter im Selbstbedienungsladen des örr abgreifen. Der örr Scheiß gehört komplett abgeschafft.

      • Macht es eigentlich einen Unterschied, ob Du GEZ zahlst oder 3/4 deines Lohns für Steuern abdrückst, die dann im Ausland oder für Ausländer verbraten werden?!

        5
    • Der ÖRR macht gute Arbeit. Ich schaue jeden Abend Tagesschau.

  • Quatsch. Ändert leider gar nichts.

  • Sinnfrei hier von einem Urteil zu sprechen, was nur eine VERTAGUNG um mindestens 2 Jahre bedeutet.

    Alle zahlen weiter und in 2 Jahren geht das Spielchen erneut los.

  • Nun, nach §§ 88 u. 92 VwGO gilt im Verwaltungsverfahren der sog. Dispositionsgrundsatz. Es wird also nicht von Amts wegen ermittelt, sondern nur nach dem entschieden, was die Parteien vortragen.

    Da sollten sich die Klägerin und ihr Anwalt:

    #1: um ein hinreichend großes und kompetentes Juristenteam bemühen,

    #2: evtl. mittels Crowdfunding hinreichende Mittel beschaffen (es wird teuer!)

    #3: sich der konstruktiven Mitarbeit eines kompetenten Teams aus Medienwissenschaftlern, Politologen, Soziologen und Journalisten versichern.

    Dann könnte das Ganze einen tatsächlichen Prozeßerfolg erzielen. – Viel Glück damit.

    • Im Verwaltungsgerichtsverfahren gilt das Amtsermittlungsprinzip, d.h. dass das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt VON AMTS WEGEN ermitteln muss. Das ist ein wesentlicher Unterschied zum Beibringungsgrundsatz im Zivilprozess, wo es den Parteien obliegt, das aus ihrer Sicht relevante vorzutragen.

      • Eine andere Frage ist natürlich, welche Sorgfalt und welchen EIFER das Gericht bei der Sachverhaltsermittlung an den Tag legt. Aus diesem Grund ist es richtig und wichtig, dass die Prozessparteien da ggf. nachhelfen.

        9
    • 👍👍

    • Messala.– nicht unbedingt. Man kann z.B. bei einer korrekt geführten Universitäts-Auftrags-Ermittlung dafür sogar öfftl. Mittel beantragen.Im Hinblick auf die Reichweite. Ein Professor mirt Schmackes und 3 korrekte Studenten, dann gehts voran.

  • „Aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Juli 2018 lesen die Leipziger Richter heraus, dass zu jenem Zeitpunkt die Äquivalenz von Beitragspflicht und Programmangebot gegeben gewesen sei. Außerdem sei die „Schwelle für eine Verletzung des Äquivalenzgebots“ hoch“

    Damit erhält der BayVGH quasi einen Freibrief. Denn wenn man die SCHWELLE so HOCH legt, dass jeder 2m- Mann aufrecht darunter durchgehen kann, dann kann du da letztlich ALLES als „rechtskonform“ reinpacken, mit ein bisschen „Begründung“.

    Fazit: Es bleibt dabei: Diese Entscheidung ist KEIN Teilerfolg sondern eine camouflierte Niederlage.

    • Warum es hierfür negative Bewertungen gibt, erschliesst sich mir so gar nicht!

      Das Urteil ist einfach nur ein Ping Pong zu Lasten des Klägers, der wissenschaftlich! per Gutachten über einen Zeitraum von mindestens 2 Jahren nachweisen muss, dass der ÖRR seinen Auftrag nicht erfüllt!

      WTF

    • „… erschliesst sich mir so gar nicht!“
      Keine Idee davon, dass andere Leute andere Meinungen haben könnten…?

      -11
  • Sicher ist das Urteil eine Enttäuschung für alle, die glaubten, jetzt pauschal keine Gebühren mehr zahlen zu müssen.

    Aber dem ÖRR wurde immerhin aufgezeigt, dass es so nicht weiter geht.

    An Beweisen, dass die Programme der Anstalten seit längerem nicht mehr ausgewogen und vielfältig sind, sondern eine auffällige Schlagseite haben, dürfte es nicht mangeln.

    Auf dem Urteil des BVG Leipzig können die Gebührenzahler aufbauen, indem sie Beweise vorlegen.
    Und sehen wir weiter.

    • Wie naiv…
      Da ist, wie zu erwarten war, genau gar nichts passiert.
      Das Bayrische Verwaltungsgericht wird sagen: Was wollt ihr eigentlich? Ihr habt doch Julia Ruhs und Dieter Nuhr und jetzt zahlt weiter, damit Böhmermann, Reschke und Bosetti euch beleidigen können“
      Fall erledigt.

  • Bin ja mal gespannt, ob dieses Urteil in Zukunft Einfluss auf die Gästeauswahl bei politischen Diskussionsformaten hat. Hier zeigt sich, und lässt sich auch am ehesten belegen, die Unausgewogenheit am deutlichsten.

  • Falsche Argumentation. Der Staat hat einfach nicht die Aufgabe, Medieninhalte zu produzieren. Fertig.
    Der Staat produziert ja auch keinen Joghurt oder Badehosen.
    Es gehört einfach nicht zu den staatlichen Kernaufgaben.

  • Komisch, welt und focus bringen nicht eine Nachricht darüber.
    Soll es nicht bekannt werden?

    • Daran ist nichts in irgendeiner Weise brisant und ändert absolut nichts. Warum sollte darüber besonders auffällig berichtet werden?

  • Letztlich ein positiv zu wertendes Urteil. Die Unausgewogenheit der Berichterstattung wird damit zum Thema in jedem Gebührenverfahren vor den unteren Instanzen werden können.

    Auch wenn die VGs und OVGs natürlich alles abweisen werden, wird allein die Systematisierung des Stoffes für unzählige Schriftsätze der sauberen Dokumentation der politischen Schieflage des ÖRR dienen. Das könnte dann auch in anderen Konstellationen hilfreich sein.

  • Ich glaube, man sollte nicht zu viel erwarten.
    Die ÖR wird jetzt ein Gutachten bestellen welches zum Schluss kommt, dass eine Ausgewogenheit und Vielfalt vorhanden ist und alles bleibt beim alten.

  • Und natürlich: Warum brauchen wir so viele Sender, Internetportale. Für den Bildungsauftrag würden drei Programme genügen, alles weitere kann über freiwillige Abo angeboten werden. Dann wären wir bei einem Beitrag von EUR 5,-

    • „Dann wären wir bei einem Beitrag von EUR 5,-“ Die 5 Euros reichen aber bei weitem nicht ,um die horrenden Gehälter und Rentenansprüche der Intendanten zu finanzieren ,das ist gesichert sicher

  • Die beste Demokratie, die man für Geld kaufen kann 👍

    • „Die beste Demokratie, die man für Geld VON ANDEREN kaufen kann 👍

  • Also zwei Jahre wieder Zeit für den ÖRR und die Prüfung ergibt dann: alles ist ok.

  • Ich vertraue den ÖRR.

    -16
    • Du vertraust sicher auch der Antifa.

      • Natürlich. Die Antifa ist gegen Faschismus. Ich bin auch Antifa und Antira.

        -1
    • Der Schwarze Kanal mit Eduard von Schnitzler war auch vertrauenswürdig für Honecker und Co.

  • Propaganda muss kostenlos sein. Daher besteht keine Zahlpflicht für den ÖRR.

  • Die „Vielfalt“, wenn ich nur den Begriff schon höre. Das ist alles zu schwammig und da kann man wieder alles mögliche hinein interpretieren.

    Warum zieht das niemand mal über den Punkt „Grundversorgung“ durch? Über 20 Fernseh- und über 70 Radiosender sowie die unzähligen Social Media Auftritte sind weit mehr als das, was auch nur annähernd noch als Grundversorgung angesehen werden könnte.

    Das wäre ein Punkt, wo mal tatsächlich eine „NGO“ tätig werden sollte.

    • Mach du es doch.

      • In einem Jahr bin ich Rentner, dann hätte ich Zeit.

        0
  • Weniger zahlen wäre schon mal ein Erfolg. Aber wenn die weniger Geld bekommen oder nichts. Wird auch weniger in Deutsch Produziert oder übersetzt. Für das Fortbestehen unsere Sprache ist das nicht gut.
    Sat1 und Pro7 wurden von Berlusconi Konzern übernommen. Das bedeutet schon mal das mehr italienische Filme und Serien hier laufen werden.
    Rundfunksendern die sich verpflichtet haben mindestens 35 % der Musik in Deutsch zu spielen.
    Ist das dann auch bald beim Fernseh so!

    • Der Fortbestand der deutschen Sprache hängt am ÖRR…
      Kannste dir nicht ausdenken…

  • Quatsch. Das Urteil stellt nichts Elementares auf den Prüfstand. Ich kenne zwar den genauen Text noch nicht, nach Pressemonitoring wage ich folgende These:

    Der „Ball“ wurde nach Bayern zurückgespielt. So steht lediglich der ÖRR in Bayern auf dem Prüfstand, nicht das gesamte System. Je nach Gusto und statistikerhebendem Institut wird festgestellt, dass es einigermassen ausgewogen zugeht. Wenn nicht, dann bekommt die Klägerin Recht, ihr Zwangsbeitrag wird reduziert, aber der Rest der Gebührenzähler wird weiter geschröpft. Was aussieht wie ein Sieg, erscheint mir als genialer taktischer Zug, um die Angelegenheit zu regionalisieren um sie marginalisieren zu können, damit dem ÖRR nicht seine Existenzgrundlage entzogen wird.

    Der Staat braucht den Propagandafunk, da wird nichts kampflos hergegeben!

    Und wer glaubt, Bundesrichter wären unabhängig, der möge der These nachgehen, ob das „Abendessen von Bundesrichtern und Regierung“ nicht die Richterbriefe von Einst ersetzt.

  • Die Argumentation der Klägerin ist sinnlos und wird nicht überzeugen. Vielmehr hätte man darauf abzielen müssen, dass der ÖRR viel zu umfangreich ist und seine Kosten einfach auf die Beitragszahler abwälzt. Die Fragen sind: Warum brauchen wir zig verschiedene Wetterfrösche? Warum brauchen wir Angestellte, die einzig und allein die Lotto-Zahlen verkünden? Warum brauchen wir mehrere Leute in den Nachrichten, für allgemeine Nachrichten, Sportnachrichten. Warum können die ÖRR nicht auf dieselben Reporter im Ausland zugreifen? Warum müssen Intendanten mehr Geld verdienen, als der Bundeskanzler? Etc.

  • Die sollen einfach mal nachschauen wieviel Sendezeit die AfD in ihren Talkshows erhält und was die Minderheitenparteien (z.B eine Strack-Zimmermann) dem Fernsehpublikum zumuten dürfen.

  • Auch hier toben sich einige Feierabendjuristen aus, nicht schlauer Frau Baerbock. Die Entscheidung gibt dem Revisionsbegehren statt und fällt in aller Regel kein Urteil. Es kommt jetzt auf den Nachweis der Einseitigkeit an. Kann Apollo keine Studie in Auftrag geben, um die Linkslastigkeit des ÖRR nachzuweise?

    • Nur weil das hämische Lachen über diese juristische Farce in den Chefetagen des ÖRR nicht bis an Ihre Ohren dringt, heißt das nicht, dass es nicht stattfindet. Oder anders gesagt: Sie werden schon morgen eine ganz andere Halali (oder wie die heißt) erleben.

  • Was für ein Amtskauderwelsch. Also weitere erhebliche Gerichtskosten für die Klägerin, da es kein Urteil gibt und man schiebt den Schwarzen Peter für Jahre weiter an die nächst Instanz. Unterm Strich ein hoffnungsloses Unterfangen, die Verantwortlichen beim ÖRR lachen sich kaputt und machen weiter wie bisher.

  • Dieses sozialistische Gebilde ist ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert. Weg damit!

    • Die generelle Absurdität, etwas kaufen zu müssen, was ich nicht haben möchte, kann natürlich niemals Gegenstand eine Urteils in diesem sozialistischen Gebilde sein.

  • Die Thüringer AfD ist schon sehr lange für die Abschaffung dieses Beitrags. Aber weil die AfD dies wollte, mussten die anderen dagegen sein. Deswegen sollten wir uns nicht zu früh freuen. Erst wenn die unsägliche Brandmauer verschwindet, könnte es klappen.

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