Werbung

Landtagswahlen

Die CDU könnte in Thüringen und Sachsen mit der Linken koalieren: Diese Koalitionen sind möglich

Soll die Brandmauer bestehen bleiben, muss die CDU in Thüringen mit der Linken koalieren – obwohl für diese eine Unvereinbarkeitserklärung besteht. Jetzt muss sich die Partei entscheiden, welche Abgrenzung sie aufgibt. Mit der AfD hätte die CDU in Sachsen und Thüringen eine Mehrheit.

Von

Mario Voigt und Bodo Ramelow waren im Kampf um das Ministerpräsidentenamt in Thüringen Kontrahenten – und könnten jetzt gemeinsame Sache machen.

Werbung

Die CDU steckt in einem Dilemma. Die Brandmauer gegen die AfD steht – das versichert die Parteispitze noch am Sonntagabend. Somit schlägt die Union sich Karten aus der Hand. Jetzt muss sich die CDU auf Koalitionsgespräche mit im Kern linken Parteien einlassen: dem BSW, der SPD und im schlimmsten Falle sogar der Partei Die Linke selbst.

Besonders brisant ist die Ausgangslage in Thüringen. Noch vor einem Jahr galt hier der Fall der Brandmauer mangels anderer Optionen als wahrscheinlich. Die CDU hätte allem Anschein nach mit der AfD koalieren müssen. Doch zu Beginn des Jahres brachte die Neugründung des Bündnisses Sahra Wagenknecht eine gänzlich neue Dynamik in das mitteldeutsche Bundesland.

...
...

Zuletzt kam das BSW in Umfragen sogar auf 19 Prozent, 20 Prozent oder gar 21 Prozent – war teilweise nur einen Prozentpunkt hinter der CDU verortet. Eine Regierungsmehrheit beider Parteien wäre möglich gewesen (Apollo News berichtete). Doch das BSW konnte diese Zahlen letztlich in der Wahl nicht bestätigen. Mit 15,8 Prozent und 15 Landtagssitzen feiert die junge Partei dennoch ein historisches Ergebnis aus dem Stand.

Aufgrund dieses Ergebnisses fehlen einer Regierung aus CDU, die auf 23,6 Prozent und 23 Sitze kommt, und BSW jedoch sieben Landtagssitze für die Mehrheit. Weil die SPD laut dem vorläufigen Ergebnis mit 6,1 Prozent nur auf sechs Sitze kommt, fällt sie als Koalitionspartner weg. Übrig bleibt in Thüringen daher nur noch die Linke, die mit 13,1 Prozent zwar massive Verluste im Vergleich zu 2019 einstecken musste, sich aber immerhin noch zwölf Sitze im Landtag sichern konnte.

Das kuriose Dreigespann dieser Parteien, CDU, BSW und Linke, könnte mit 50 der 88 Sitze die neue Regierung bilden. Das Problem nur: Die CDU zeigt sich zwar offen für ein Zweckbündnis mit dem BSW, gegen die Linkspartei besteht allerdings eine Unvereinbarkeitserklärung. Wenn die Brandmauer nach rechts bestehen soll, müssen die Sicherheitszäune nach links also eingerissen werden. Für die CDU wäre die Koalition mit zwei im Kern sozialistischen Parteien, dazu noch mit den SED-Nachfolgern, ein Debakel – und es würde auch die Argumentation für die Brandmauer nach Rechts schwächen.

Lesen Sie auch:

Auch Koalitionen aus BSW und AfD, die mit 32,8 Prozent auf 32 Sitze kommt, oder der CDU und der AfD, mit 55 Sitzen die stimmenmäßig stärkste Option, sind mehrheitsfähig – werden aufgrund der Brandmauer jedoch allem Anschein nach nicht zustande kommen.

In Sachsen dürfte es für die Verfechter der Brandmauer einfacher werden. Eine Koalition aus CDU, BSW und SPD kann die Mehrheit der 120 Landtagssitze besetzen und wäre somit auch regierungsfähig – und die wahrscheinlichste Option. Entgegen allen Entwicklungen in Sachsen – die darauf hindeuten, dass die Wähler eine „Weiter-So“-Politik größtenteils ablehnen – könnte Schwarz-Rot-Rot auf 66 Sitze kommen und damit die Mehrheit von 61 Sitzen erreichen. Das BSW erlangte mit 11,8 Prozent 15 Sitze in Sachsen. Die SPD kommt mit 7,3 Prozent auf neun Sitze im Landtag.

Derweil gilt die Wiederwahl von Michael Kretschmer als sächsischer Ministerpräsident als sicher. Der Christdemokrat konnte mit seiner Partei 31,9 Prozent und somit 42 Landtagssitze für sich beanspruchen und damit trotz monatelanger Führung der AfD auf den letzten Metern den Wahlsieg in Sachsen für sich beanspruchen. Die AfD landet mit 30,6 Prozent und 41 Sitzen nur 1,3 Prozentpunkte hinter der CDU, mit 41 Landtagssitzen.

Mit 83 Sitzen wäre eine CDU-AfD-Koalition das stärkste Bündnis auch im sächsischen Landtag. Sollte weder eine Koalition aus CDU, BSW und SPD, noch ein Brandmauer-Abriss und die Zusammenarbeit zwischen AfD und CDU zustande kommen, so bliebe noch eine dritte Option: ähnlich wie in Thüringen kommt auch in Sachsen ein Bündnis aus CDU, BSW und Linkspartei auf eine Mehrheit von 63 Sitzen. Die Linke, die mit 4,5 Prozent eigentlich den Einzug verpasst hätte, konnte dank zweier Direktmandate doch noch in den Landtag einziehen.

Die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen werfen weiterhin die Frage auf: Ist der Osten unregierbar geworden? Auch die Gründung des BSW hat die Lage für die CDU nur leicht verbessert. In Thüringen wird die Partei dadurch möglicherweise sogar zu einer Zusammenarbeit mit der Linken gezwungen – ein Novum auf Landesebene und eine gefährliche Zerreißprobe für die Partei.

Die diesjährigen Wahlen hätten – und könnten nach wie vor – den Fall der Brandmauer markieren können. Statt dem Wählerwunsch nach einer auf Sicherheit bedachten Innenpolitik nachzukommen, könnten jetzt aber außenpolitisch engagierte und vor allem in ihren Kernpositionen gespaltene Parteien zusammen die Regierungen in Sachsen und Thüringen stellen.

Werbung