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„Klimaschutz“

Deutschland halbierte seine Emissionen – und soll dennoch Milliarden zahlen, während Chinas CO2-Ausstoß weiter wächst

Im Vergleich zu 1990 konnte Deutschland seine Treibhausgasemissionen fast halbieren. Doch das reicht nach EU-Vorgaben nicht: teure Milliardenzahlungen drohen dem Bund. Währenddessen stoßen China und Indien weiter ungehindert einen großen Teil der globalen Emissionen in die Luft.

Der Klimaschutz kostet Deutschland auf mehreren Ebenen mehrere Milliarden Euro.

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Deutschland konnte die Emission von Treibhausgasen seit 1990 fast halbieren – und dennoch warnen Experten und Nichtregierungsorganisationen immer wieder, großspurige Klimaziele könnten verfehlt werden. Unerwähnt bleibt dabei meist das Mega-Wachstum in Industrieländern wie China oder Indien, die von den Vereinten Nationen (UN) immer noch als Entwicklungsländer eingestuft werden, mittlerweile aber gemeinsam fast 40 Prozent der weltweiten Emissionen ausmachen.

In Deutschland sieht das anders aus. Emissionen, für deren Berechnungen alle Treibhausgase in CO2-Äquivalente übersetzt werden, beliefen sich im vergangenen Jahr auf 656 Millionen Tonnen – noch einmal drei Prozent weniger als 2023. Damals gingen von Deutschland 674 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente aus, so die Klima-NGO Agora Energiewende in einem neuen Bericht für 2024.

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Die Zahlen der Emissions-Datenbank für die globale Untersuchung der Atmosphäre der EU-Kommission (EDGAR) wiesen für 2023 leicht höhere Zahlen, ungefähr 682 Millionen Tonnen aus, was nur 1,29 Prozent der weltweiten Emissionen entsprach. Damit blieb Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt weit hinter den Kontrahenten aus den USA, Japan und vor allem China zurück. Und: Während in Deutschland die Emissionen von CO2-Äquivalenten seit 1990 stark rückläufig sind, legen andere Industrienationen und Entwicklungsländer mit einem ähnlichen Ausstoß wie Deutschland massiv zu.

Mit den im vergangenen Jahr emittierten 656 Millionen Tonnen erreicht Deutschland jetzt ein Rekordtief. Nicht nur sind Emissionen somit im Vergleich zu 1990 um 48 Prozent gesunken – sie waren auch seit den 1950er Jahren nicht mehr auf einem so niedrigen Niveau. Ein Grund zur Freude ist das für die Klimawandel-Bekämpfer offenbar dennoch nicht: Deutschland konnte damit zwar die eigenen Klimaziele erreichen, die sektorbezogenen Vorgaben der EU wurden jedoch um zwölf Millionen Tonnen verfehlt, so Agora Energiewende.

Im Zusammenhang mit dem Klimaabkommen von Paris 2015 hat die EU vereinbart, bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden zu wollen. Dafür müssen schrittweise Einsparungen vorgenommen werden. Der Anteil fossiler Brennstoffe an der Energiegewinnung muss abnehmen, während der Anteil erneuerbarer Energien zunehmen muss. Gleichzeitig gibt es auf verschiedene Bereiche festgelegte Obergrenzen für Emissionen – und die hat Deutschland 2024 teilweise überschritten.

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Obwohl die Emissionen in den Sektoren Gebäude und Verkehr um jeweils zwei Millionen Tonnen sanken, übertrafen beide die EU-Vorgaben um neun beziehungsweise 19 Millionen Tonnen. Trotz einer positiven Entwicklung muss Deutschland deswegen tief in die Tasche greifen: Um den Überausstoß auszugleichen, muss die Bundesregierung Verschmutzungsrechte anderer Staaten erwerben, die beispielsweise weit unter der Obergrenze zurückblieben. Dafür könnten Milliardenzahlungen erforderlich sein, so Agora Energiewende. Andernfalls könnten die EU-Vorgaben bis 2030 nicht eingehalten und massive Zahlungen an Brüssel fällig werden.

Auch anderweitig verausgabt Deutschland mehrere Milliarden für den Klimaschutz. 2023 hat das Entwicklungsministerium 9,9 Milliarden Euro als Klimahilfe an Entwicklungsländer gezahlt, 5,7 Milliarden Euro stammten aus Haushaltsmitteln. Diese Zahlungen finden im Rahmen der 100-Milliarden-Dollar-Zusage der UN statt, die 2025 ausläuft. Auf der vergangenen Weltklimakonferenz in Baku erklärten sich die zehn führenden Industrienationen jedoch bereit, das Abkommen nicht nur fortzuführen, sondern die Zusage sogar zu erhöhen: Bis 2035 sollen 300 Milliarden Dollar jährlich für Entwicklungsländer bereitgestellt werden (Apollo News berichtete).

Ärmere Nationen forderten sogar Billionensummen, die aber sogar die sonst generösen westlichen Volkswirtschaften nicht bezahlen wollen. Die Argumentation hinter der Forderung: Die Industrienationen haben über Jahrhunderte zur Erderwärmung beigetragen, sodass ärmere Staaten jetzt unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden müssten. Die Hauptakteure um Deutschland, die USA und Co. haben sich deshalb zu freiwilligen Klimahilfen verpflichtet.

In Perus Hauptstadt Lima geschah das im vergangenen Jahr beispielsweise durch klimafreundliche Radwege – unterstützt mit 44 Millionen Euro aus Deutschland. Währenddessen ließ China dort aber einen großen Überseehafen errichten – was nicht als besonders klimafreundlich gilt und das südamerikanische Land zudem stärker an China bindet. Die wachsende Wirtschaftsmacht gilt wiederum als Entwicklungsland und muss derartige Klimahilfen nicht entrichten.

Dabei ist Chinas Bilanz verheerend und stellt die deutschen Emissionen in den Schatten: Nicht nur wurden dort 2023 auch trotz der chinesischen Milliardenbevölkerung mit 11,1 Tonnen CO2 pro Person mehr Emissionen ausgestoßen als in Deutschland, wo es 8,26 Tonnen pro Person waren. Das Land war auch an gut 30 Prozent der weltweit emittierten CO2-Äquivalente beteiligt. Zur Erinnerung: Für Deutschland waren es 1,29 Prozent. Die USA und die EU-Staaten haben zusammen lediglich 17,3 Prozent beigetragen, das geht aus der EDGAR-Datenbank hervor.

Aber nicht nur die absoluten Zahlen zeigen das geringe Ausmaß deutscher Emissionen. Auch die Entwicklung verdeutlicht das Wachstum des asiatischen Raumes. Während die Emissionen in den USA zumindest leicht zurückgehen und sich in Deutschland wie beschrieben nahezu halbiert haben, steigen sie in Asien, vor allem in China und Indien, massiv an. 1990 hat China noch 3.900 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittiert – 2023 waren es fast 16.000 Millionen Tonnen. In Indien stiegen sie von rund 1.400 Millionen Tonnen auf 4.100 Millionen Tonnen an. Damit liegt der indische Ausstoß pro Person mit drei Tonnen zwar noch hinter Deutschland, die Tendenz ist im Gegensatz zur Bundesrepublik jedoch steigend.

Abseits der fachlichen Ebene ist auch die semantische Fokussierung auf Signalwörter wie Klimaschutz, Emissionen und Kohlenstoffdioxid bemerkenswert. Meist geht es um die Förderung von Elektromobilität und erneuerbaren Energien und nicht um das Pflanzen von Bäumen oder das Fördern der lokalen Produktion. Die Wörter Natur- oder Umweltschutz werden in diesem Kontext kaum bemüht. Sogar die Abschlusserklärung der vergangenen Weltklimakonferenz sollte derartige Begriffe nicht enthalten: Zunächst sollte ein Satz in das Abschlussdokument übernommen werden, der die Wichtigkeit des Naturschutzes für das Klima betonen sollte. In dem fertigen Papier wurde eine solche Erklärung dann aber gestrichen.

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