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Weltklimakonferenz

Baerbock möchte „liefern“: Klimahilfen in Höhe von 300 Milliarden Dollar auf COP29 beschlossen

300 Milliarden Dollar sollen die Industrienationen jährlich an Entwicklungsländer zahlen – das wurde am Sonntag auf der Weltklimakonferenz beschlossen. Bis 2035 müssen Deutschland, die USA und Co. die Klimahilfen somit verdreifachen. Annalena Baerbock ist bereit zu „liefern“.

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Annalena Baerbock verteidigte die Erhöhung der Klimahilfen am Sonntagmorgen in Baku.

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Am Freitag hatten die Industrienationen den Entwicklungsländern auf der 29. Weltklimakonferenz (COP29) bereits 250 Milliarden Dollar jährlich geboten – jetzt wird es noch mehr. Weil auf der eigentlich bis Freitagabend anberaumten UN-Veranstaltung in Baku keine Einigung erzielt werden konnte und sich die ärmeren Staaten immer wieder über das Angebot empört hatten – obwohl es bereits die zweieinhalbfache Summe der aktuell jährlich gezahlten Summe ist – gingen die Verhandlungen in die Verlängerung. Jetzt steht ein Beschluss fest: Für die Industrienationen, zu denen europäische Volkswirtschaften, aber auch Kanada, die USA und Japan gehören, wird es kostspielig.

Letztlich wurde den Forderungen der Entwicklungsländer stattgegeben, im Rahmen des „New Collective Quantified Goal on Climate Finance“ (zu Deutsch: Neues gemeinsames quantifiziertes Finanzierungsziel) jährlich 1,3 Billionen Dollar bereitzustellen. Die Industrienationen steuern ihren Anteil in Höhe von 300 Milliarden Dollar bei – was noch einmal 20 Prozent über dem Angebot von Freitag liegt. Damit soll die 100-Milliarden-Dollar-Zusage, die 2025 ausläuft, verlängert und erhöht werden.

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Bis 2035 sollen die Industrienationen demnach die jährlichen Klimahilfen von 100 Milliarden Dollar auf 300 Milliarden Dollar aufstocken. Diese Einigung fiel trotz zahlreicher Uneinigkeiten in der Nacht zu Sonntag wie erforderlich einstimmig. Deutschland steuert momentan als eines von zehn Geberländern etwa zehn Prozent zu der 100-Milliarden-Dollar-Zusage bei: 9,9 Milliarden Euro hatte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2023 für die Klimahilfen ausgegeben. 5,7 Milliarden stammten aus Haushaltsmitteln – das entsprach fast der Hälfte des gesamten Jahreshaushalts der Behörde.

Aufgrund der schwachen Wirtschaftslage in Deutschland und den Uneinigkeiten bei der Aufstellung eines Haushalts nach dem Verfassungsgerichtsurteil aus 2023 und dem Ampel-Aus könnte die Steigerung der Klimahilfen ein kostspieliges Unterfangen für künftige Bundesregierungen werden. Annalena Baerbock verteidigte als Verhandlungsführerin der 270 deutschen Delegierten eine Anhebung der Klimahilfen: „Wir sind bereit, mehr beizutragen, aber dann müssen das auch andere große Emittenten wie die Golfstaaten und China tun“, sagte die Außenministerin am Freitag im Morgenmagazin der ARD.

China, das genau wie Indien aufgrund einer 30-jährigen UN-Einstufung als Entwicklungsland gilt, hält sich aber zurück. Dabei gehören die beiden asiatischen Länder zu den fünf größten Volkswirtschaften der Welt. Während Deutschlands CO2-Ausstoß in den vergangenen Jahrzehnten rückläufig ist – seit 1990 verzeichnet die Bundesrepublik einen Rückgang um 37 Prozent –, steigen die Emissionen in China und Indien stark an. Der Ausstoß pro Person ist in China bereits über dem deutschen Wert. Gemeinsam waren die beiden Staaten 2022 für 38 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, Deutschland hingegen für 1,8 Prozent.

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Und dennoch zeigten sich die indischen Vertreter nicht zufrieden: Das Abkommen sei eine „optische Täuschung“, monierte Leela Nandan. Auch andere Entwicklungsländer stimmten in die Kritik ein und nannten die Einigung trotz der Erhöhung der Klimahilfen und der neuen gemeinsamen quantifizierten Finanzierungsziele – die im Gegensatz zu der 300-Milliarden-Dollar-Zusage bereits 2025 mit 1,3 Billionen Dollar umgesetzt werden sollen – einen „Witz“. Die G77 inklusive China hatten beispielsweise jährliche Zahlungen in Höhe von 500 Milliarden Dollar durch die Industrienationen gefordert.

Doch auch die 200 Milliarden Dollar geringer ausgefallene Summe sollte den Entwicklungsstaaten gut gefallen: Verstärkt sollen diesen Ländern Schenkungen oder Investitionen ohne Rückzahlungspflicht bereitgestellt werden. Solange ein Geberland also kein Darlehen aushändigt, wird künftig häufiger über Schenkungen verhandelt werden. Und selbst bei nicht aus dem Haushalt finanzierten Krediten könnten Rückzahlungen erlassen werden – in Deutschland ist für derartige Darlehen die Kreditanstalt für Wiederaufbau zuständig. Auch diese Kredite werden teilweise durch den Haushalt und somit den Steuerzahler refinanziert. Zudem soll ein Garantierahmen des Bundes das Kreditrisiko des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts minimieren – auch hier kann also die Bundesregierung belastet werden.

Baerbock versprach nach der Beschließung des Abkommens am Sonntagmorgen, zu „liefern“. Welche Summe Deutschland im Rahmen der 300-Milliarden-Dollar-Zusage beisteuert, ist nicht festgesetzt. Die Grünen-Politikerin betonte aber: „Und weil wir aus unseren Fehlern in der Vergangenheit gelernt haben – wir können keinen Scheck unterschreiben, der platzt – geht es hier auch um Vertrauen.“ Insgesamt sollen die Klimahilfen sowie das neu beschlossene Finanzierungsziel dazu beitragen, die Erderwärmung bis 2100 auf 1,5 Grad zu reduzieren, wie es das Pariser Klimaabkommen aus 2015 vorsieht.

Zudem sollen die Klimahilfen die Entwicklungsländer, die unter der durch die Industrialisierung ausgelösten Erderwärmung leiden, beim Kampf gegen den Klimawandel unterstützen – so zumindest die Argumentation. In Perus Hauptstadt Lima geschah das im vergangenen Jahr beispielsweise durch klimafreundliche Radwege – unterstützt mit 44 Millionen Euro aus Deutschland. Währenddessen ließ China dort einen großen Überseehafen errichten – was nicht als besonders klimafreundlich gilt und das südamerikanische Land zudem stärker an China bindet.

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