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Editorial

Darth Habeck hat genug vom Volk

Robert Habeck hat genug von Flower-Power und erklärt lieber den Krieg. Elon Musk ist für die Grünen ein Geschenk: Endlich kann man durchgreifen. Die Formel von der ausländischen Desinformation soll all das begründen - sie allein verrät schon das Demokratiebild der Partei.

Screenshot: Cover DER SPIEGEL

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Mit funkelnd eisblauen Augen, hochgezogenen Brauen und abschätzigem Blick schaut Robert Habeck von den Zeitschriftenregalen dieses Landes auf uns herab. Auf dem Spiegel-Cover steht: „Finger weg von unserer Demokratie, Herr Musk!“

Für Habeck ist es eine Befreiung, die Metamorphose ist abgeschlossen. Endlich ist Schluss mit Flower-Power und durchlöcherten Socken – erhebt euch als Darth Habeck. Endlich ist er vollends Krieger, Kampfansager, Widerstandskämpfer, Staatslenker, lass deinem Hass freien Lauf. Der Spiegel erlaubt hier eine skurrile Selbstinszenierung: Der amtierende Vizekanzler, der Liebling des politischen Berlins, wird hier gleichzeitig als Misfit, als aneckender Querkopf gezeichnet.

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Im Interview nähert sich Robert Habeck immer weiter einer Bis-zur-letzten-Patrone-Rhetorik an: „Die Kombination von ungeheurem Reichtum, der Kontrolle über Informationen und Netzwerke, dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und dem Willen, Regeln zu ignorieren, ist ein Frontalangriff auf unsere Demokratie“, meint Habeck.

Elon Musk hat den Grünen einen unheimlichen Gefallen getan – nachdem man jahrelang mit dem Rückenwind der meisten Medien und Institutionen und sogar Konzernlenkern walten konnte, als allseits geliebte Sonnenblumen-Partei, gibt Musk ihnen endlich die Möglichkeit, sich wieder Underground zu fühlen. Habeck, der Außenseiter gegen die mächtigen Kapitalkräfte. Außenseiter sind die Grünen seit Jahren nicht mehr – und natürlich auch jetzt nicht: Unter Milliardären haben die Grünen definitiv zumindest mehr Anhänger als die AfD.

„Die EU muss Netzwerke wie Musks X strenger kontrollieren“, schlussfolgert Habeck. Die EU, die Bundesregierung, die Bürokratie – in ihrem Namen wagt Habeck hier eine Art umfassende politische Kriegserklärung.

Ausländische Desinformation lautet die neue Formel der Grünen, die Begründung für all das. Sie eignet sich ideal: Denn was ausländisch kontrolliert und Desinformation sein soll, entzieht sich von vornherein der Beweisbarkeit. Es ist ausreichend schwammig, um alles ins Fadenkreuz zu rücken, gleichzeitig schwingt immer schon das Gefühl von Kriegsrecht mit, also einem Ausnahmezustand, der Rechtsprinzipien ohnehin als Schönwetter-Aphorismen aushebelt. Es ist ein Wort, das genug Dringlichkeit vermittelt, um das Grundgesetz zu lästigem Papierkram zu machen.

Dabei ist die Sache simpel: Wenn wir glauben, man könne die Meinung der Bevölkerung nur durch Äußerungen fremdsteuern, erklären wir die Demokratie für gescheitert, das Volk für unreif. Wenn wir nicht mehr daran glauben, dass die Wahrheit sich in einer freien Debatte durchsetzt, was ist dann der Punkt von Meinungsfreiheit? Thomas Jefferson sagte es so: „Wer die Wahrheit nicht fürchtet, braucht auch die Lüge nicht zu fürchten.“ Die Wahrheit liebt die Herausforderung – nur die Lüge fürchtet Widerspruch.

Grünen-Begleitjournalist Mark Schieritz von der Zeit hat ein neues Buch geschrieben: „Zu dumm für die Demokratie?“ ist der Titel. Die Grünen haben genug vom Volk, das ist schließlich längst selbst zur eigentlichen Gefahr für die Demokratie geworden.

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