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Anti-Israel-Kurs statt Migrationsstopp: Das Chaos nach der Wahl in den Niederlanden

Bei der vorgezogenen Neuwahl wählen die Niederländer völlig konfus. Eine Koalition von vier oder fünf Parteien unter dem Linksliberalen Rob Jetten ist nun zu erwarten. Der 38-Jährige will Kernkraftwerke bauen, Vermögen besteuern und Israel fallen lassen.

Muss sich wohl bald in seine Regierung fügen: Dilan Yesilgöz mit Rob Jetten. (IMAGO/ANP)

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Die berechenbare Unberechenbarkeit der niederländischen Wähler ist inzwischen legendär. Parteien werden bei unseren nordwestlichen Nachbarn innerhalb kürzester Zeit an die Spitze gejubelt und wieder fallengelassen. Die Wahl vom Mittwoch sorgt jetzt für eine noch größere Zersplitterung der 150 Sitze in der Zweiten Kammer des nationalen Parlaments und sendet gemischte Signale.

Im letzten Jahr war eine Mitte-Rechts-Regierung aus Geert Wilders‘ PVV, rechtsliberaler VVD, zentristischem NSC und Bauernpartei BBB gebildet worden. Die kleineren Koalitionspartner akzeptierten Wilders aber nicht als Regierungschef, weswegen auf den parteilosen, früheren Sozialdemokraten Dick Schoof ausgewichen wurde. Nach dem Scheitern der Regierung im Sommer stellt sich daher nun die Frage, ob die politische Rechte je wieder eine Regierung prägen werden können.

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Hauptsächlich sind die Wähler diesmal lagerintern gewechselt und haben die Regierungsparteien abgestraft. Die eher rechten Parteien sinken von 75 auf 71 Sitze. Dennoch kommt es wohl zu einer großen Veränderung: Die islamkritische PVV könnte durch eine linksliberale Partei in der Regierung ersetzt werden. Das hat sich die politische Rechte durchaus selbst zuzuschreiben. Nach nur elf Monaten regulärer Regierungszeit war das Kabinett auseinandergebrochen.

Zunächst verließ die Ein-Mann-Partei PVV von Geert Wilders wegen des laschen Asylkurses die Koalition, dann folgte auch noch der zentristische NSC wegen der proisraelischen Haltung der anderen Koalitionspartner VVD und BBB. Nach 26 Sitzen bei seinem Erstantritt 2023 fliegt der NSC – gegründet von einem früheren Christdemokraten, der in der Zwischenzeit (erneut) aus psychischen Gründen aus der Politik ausgestiegen ist – jetzt vollständig aus dem Parlament.

Die PVV hat zwar auch elf Sitze verloren. Sie erreicht aber immer noch das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten, nachdem sie sich beim letzten Mal verdoppelt hatte. Von ihren Verlusten profitieren praktisch eins zu eins die konservativ-liberale JA21, die erstmals fünf Prozent der Stimmen überschreitet, und das im EU-Parlament mit der AfD verbündete Forum für Demokratie. Die PVV wird also vor allem für die Regierungsbeteiligung und den Regierungsbruch abgestraft. Die inhaltliche Präferenz der Wähler bleibt dagegen bestehen: Einwanderung und Asyl waren laut einer Ipsos & IO-Befragung für die meisten Wähler das wichtigste Thema.

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Das von vielen Medien erwartete Duell zwischen dem farblosen Christdemokraten Henri Bontenbal und dem früheren EU-Kommissar Frans Timmermans vom grün-links-sozialdemokratischen Bündnis GL-PvdA um das Ministerpräsidentenamt blieb aus. Beide wurden vom Wähler auf die Plätze vier und fünf verbannt.

Für das CDA sind 18 Sitze dennoch ein gewisser Erfolg. 2023 hatte die ehemalige Volkspartei mit antirevolutionären, christlich-historischen und vor allem katholischen Wurzeln mit demselben Spitzenkandidaten nach der Abspaltung des NSC nur desaströse fünf Sitze erreicht. Viele dieser Wähler kehrten nun zurück. Timmermans hingegen sah sich schon am Wahlabend zum Rücktritt gezwungen.

Großer Gewinner des Wahlgangs sind die Democraten 66 (D66). Laut der Wählerwanderungsanalyse der Rundfunkanstalt NOS kamen 20 Prozent ihrer Wähler von GL/PvdA. Insgesamt haben 15 Parteien die Hürde von einem 150-stel der Stimmen überschritten und ziehen ins Parlament ein.

Der erst 38-jährige D66-Führer Rob Jetten wird dank des Rekordergebnisses für seine linksliberale Partei jetzt wohl Ministerpräsident. Noch nie sei die politische Landschaft so zerstückelt gewesen, damit müsse man nun arbeiten, sagte Jetten am Morgen beim Anschneiden seiner traditionellen Wahltorte. Eine Koalition gegen ihn ist kaum möglich. Und einen unabhängigen Regierungschef von außen zu holen, hat sich in der vorzeitig beendeten letzten Wahlperiode nicht bewährt. Bei der Regierungsbildung werden mindestens vier Parteien für eine Mehrheit benötigt.

Als Regierungsparteien praktisch gesetzt sind neben der linksliberalen D66 die rechtsliberale VVD. Insgesamt werden mindestens vier Parteien zur Regierungsbildung benötigt. Am wahrscheinlichsten ist ein Mitte-Links-Bündnis mit GL-PvdA und CDA. Die VVD will aber eigentlich nicht mit mehreren linken Parteien zusammenarbeiten. Eine Variante wäre daher, das CDA durch JA21 zu ersetzen und so ein konservatives Gegengewicht zu den Grünlinken zu schaffen. Eine so breite Koalition dürfte aber von erheblichen inneren Spannungen geprägt sein.

Eine Regierung zu viert mit CDA und JA21, ohne GL/PvdA, erreicht hingegen keine Mehrheit. Zumindest ein fünfter Partner müsste in die Regierung aufgenommen werden. Das wäre selbst in den Niederlanden ein Novum. Als Partner anbieten würde sich die Bauer-Bürger-Bewegung (BBB), die bisher mit der VVD die Restregierung stellt. Nur diese Konstellation könnte im Übrigen auf eine Mehrheit in der gesondert gewählten Ersten Kammer des Parlaments bauen.

BBB-Spitzenkandidatin Caroline van der Plas gab sich am Morgen nach der Wahl traurig über das Ausscheiden mehrerer Abgeordneter, will aber eine linke Regierung erkennbar verhindern – um Schaden von Bauern und Fischern abzuwenden. Ohne ihre Partei würden „problematische Dinge passieren“, erklärte sie im Fernsehen. Alternativ könnten auch die links-calvinistische CU oder die konservativ-calvinistische SGP den gemäßigten Parteien zur Mehrheit verhelfen.

Linke Regierungen ohne VVD sind genauso wenig realistisch wie die Neuauflage einer Mitte-Rechts-Regierung, wie sie in den letzten Jahren regiert hatte. Denn das CDA möchte dem pro-israelischen und migrationskritischen Wilders auf keinen Fall erneut eine Chance bieten. Man habe „dem jüdischen Volk zu helfen immer sehr wichtig gefunden“, nun aber „umgedacht“, erklärte Spitzenkandidat Bontenbal unumwunden.

Auch die Gewinner-Partei D66 ist, wie die gesamte niederländische Linke, antiisraelisch eingestellt. Für ihre Wähler spielt neben der Wohnungskrise die Klimafrage die wichtigste Rolle. Im Unterschied zu vielen grünen Parteien spricht sich D66 aber klar für den Einsatz von Kernenergie bei der Stromversorgung aus. Nur 14 Prozent der D66-Wähler fanden das Thema Migration relevant.

Mit dem Spruch „Het kan wel“ (niederländisch für „es geht sehr wohl“) will die Partei ihren Tatendrang verdeutlichen. Neben dem eigentlichen Wahlprogramm legte sie ein „Ausführungsprogramm“ vor, das zeigen soll, wie ihre Pläne Realität werden können. Die Bezeichnung der Partei als linksliberal sollte jedoch nicht über ihre eigentumsfeindlichen Ziele hinwegtäuschen.

Die Absetzbarkeit der Raten von Immobilienkrediten soll nach dem Willen von D66 abgeschafft werden, Anleger sollen höher besteuert werden. Aufsehen erregte der Vorwurf von VVD-Chefin Dilan Yesilgöz, D66 wolle 21 neue Steuern einführen. Im Kurzprogramm der Partei liest man von keiner einzigen, der Wähler soll über diese Seite der Partei wohl im Unklaren gelassen werden.

Auch mit der Migrationswende wird es unter Führung von Jetten weiterhin nicht weit her sein. Druck aus der PVV und den anderen eher rechten Parteien wird die neue Regierung aber sicher zu spüren bekommen. Er habe aus der Opposition heraus ohnehin persönlich immer mehr erreichen können als in der Regierung, erklärte der PVV-Abgeordnete Dion Graus am Morgen gegenüber der staatlichen Rundfunkanstalt NOS.

Aber selbst ohne konkrete Aussichten auf eine Koalitionsmehrheit könnte nun zunächst Wilders vom König mit den Sondierungen betraut werden – wenn die PVV im Endergebnis mehr Stimmen erhalten haben sollte als D66. Nachzählungen und Auszählungen in den Überseegebieten des Königreiches dauern an. Sollte erst Wilders die Initiative erhalten, könnte das die Regierungsbildung erneut langwierig machen. Die linksliberal geführte Regierung als paradoxes Resultat einer Wahl gegen Überbevölkerung und Migration wird also noch eine Weile auf sich warten lassen.

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30 Kommentare

  • Der Typ wirkt sehr Arrogant im Gegensatz zu Herrn G.Wilders!!!

  • „Man habe „dem jüdischen Volk zu helfen immer sehr wichtig gefunden“, nun aber „umgedacht“, erklärte Spitzenkandidat Bontenbal unumwunden.“

    Ich kann das gar nicht fassen. Wenn ich so zurückdenke, was man den Juden auch oft zurecht in den letzten Jahrzehnten anlastete, sie aber immer massiv verteidigt wurden, und jetzt soll ihnen ausgerechnet der Konflikt in Gaza sämtliche Unterstützung entziehen, bleibt mir nur noch der Mund offen stehen.
    In der größten Not wenden sich die „Freunde“ Israels ab. Das ist wirklich oberschändlich, und ich glaube, dass sie das noch bitter bereuen werden.

    • Das glaube ich nicht. Antisemiten bleiben Antisemiten. Die werden nie etwas bereuen.

      • Ich meinte das auch eher symbolisch.
        „bereuen“ im Sinne von Vergeltung.
        Die jüdische Diaspora hat lange Arme und auch wenn es gerade nicht den Anschein hat, sie ist sehr mächtig.

        2
  • die Niederland hat auch zu viele Massen an Islamisten ins Land gelassen und die,die wählen durften,haben sicherlich nicht den israelfreundlichen Wilders gewählt..

    Wilder macht den Fehler,als Einmann-Partei aufzutreten..Andere Köpfe in seiner Partei kennt man kaum,da nicht sichtbar..Und ob Wilders wirklich Interesse am regieren hat,mag bezweifelt werden..Er fühlte sich immer wohl als Person ohne Verantwortung.
    So wird das auch nichts mit den Veränderungen in den Niederlanden..
    Es wird ein WEITERSO geben…
    Wilders hatte schon bei der letzten Wahl als großer Wahlsieger den Fehler gemacht,einen Sozialdemokraten als Ministerpräsident zu akzeptieren..
    Der Schuss ging nach hinten los..

    So wie es aussieht,wird es nichts mit Veränderungen in Holland und mit der Lösung der Probleme,die durch Migranten verursacht werden..

    Schade !!

    • schade, aber genauso zu erwarten.
      dass wilders einer brandmauer gegenuebersteht, also keine koalitionspartner finden wuerde, hat sicher auch etliche waehler dazu bewogen, eine andere partei zu waehlen, damit ihre stimme nicht verlorengeht.

      hier mal ein msm zum vermutlich neuen premier:

      *Schwul, liberal, gegen Migration: Rob Jetten könnte nächster Premier der Niederlande werden*

      https://kurier.at/politik/ausland/niederlande-wahlen-rob-jetten-geert-wilders-liberale-d66/403098116

      • Schaun wir mal, dann sehen wir schon.

        6
  • „Die Bezeichnung der Partei als linksliberal sollte jedoch nicht über ihre eigentumsfeindlichen Ziele hinwegtäuschen.“

    Warum wird sie dann von Apollo als „linksliberal“ bezeichnet? Gibt es irgendwo einen neutralen Parteien-TÜV, der das vorgibt?

    • Ist mit der „S“PD und der „C“DU doch das Gleiche.
      Das „S“ist genau wie das „C“ eine faustdicke LÜGE, ein einziger böser Witz.
      Es steht halt so auf dem Papier, aber jeder mit etwas Menschenverstand weiß, dass es sich insbesondere bei diesen beiden Parteinamen allenthalben noch um erschreckende Mahnmale an einst mal ernstzunehmende demokratisch gesinnte Parteien handelt.
      Realität heute:
      ASozial und UNChristlich.
      Und ANTIdemokratisch sind BEIDE, gleichermaßen übel.

      • CDU, SPD, Grüne, Linke, das sind doch eh die
        Ukraine Besoffenen, sprich Ukraine-Partei !

        1
  • Auch in den Niederlanden führt die Migrationsfrage zur Zerstückelung und zum Zerfall der Demokratie bis hin zur Unregierbarkeit. Und das alles völlig sinnlos und aus purer Laune.

    • Wilders hat sich einfach nur verkalkuliert, kann vorkommen…

  • Der „Antichrist“macht sich sichtbar,oder gibt es mehere?

  • Das Bündnis ./. Massenzuwanderungen und effektive, schnelle Abschiebungen braucht einen solchen wie Herrn Wilders.
    Er ist ein Politiker, der die wichtigen im argen liegenden Dinge fix anpackt.
    Ich ziehe meinen Hut vor Herrn Wilders und seinem Team !

  • Warum muss das eine das andere ausschließen?

    Was haben wir denn mit klandestin operierendem Exklusivklub N°1 oder brutal agierendem Exklusivklub N°2 für Gemeinsamkeiten?

    Wir sollten uns um unsere Interessen kümmern.
    Da liegt schon genug im Argen.

  • Beim Lesen des Artikels war mein erster Gedanke Asterix & Obelix „Das Haus das Verrückte macht“.
    Wie soll denn so ein Land regiert werden?

  • Timmermans ist – hoffentlich für immer – aus dem Rennen. Wenigstens etwas.

  • Zum Thema und zur Lösung : Könnten wir nicht mit Holland einen Bevölkerungstausch vornehmen? Linke rüber, rechte nüber !

    • Zu wenig Platz für die ganzen Wohnwagen 🙂

    • Was sollen und wollen die Niederländer mit Berlin?
      Das braucht A)kein Mensch und B)kein Land!

  • Hihi, die Rechten werden nie in die Regierung kommen. Auch bei den Orangen nicht.

    • Warten Sie einfach drei oder vier weitere Jahre ab.
      Dann werden Sie sehen, dass Sie sich zu früh freuen.
      Ihre derzeitige Freude sei Ihnen aber meinerseits gegönnt, auch, wenn Sie damit belegen, wes Geistes Kind Ihre Kommentar-Zeile ist.
      (Zumal Wilders in der Regierung war, ne? Das nur mal am Rande) 😉

  • der wirklich kürzeste journalistische Aufwand – in zwei Worten: Nieder Lande … würde es sogar in’s Parlament schaffen, wegen fehlender Sperrklausel …

  • Und wieder setzen viele Israel mit „den Juden“ gleich 🙄

    • Haben Sie schon das Wort „Pakistankritik“ gehört? Oder „Argentinienkritik“? Oder „Sudankritik“?

      Nein, nicht?

      Was sagen Sie dann zum Wort „Israelkritik“? Und warum betrifft dieses Wort ausgerechnet den einzigen jüdischen Staat auf der Welt?

      Das Ziel ist Israel, gemeint sind — ja Sie wissen schon.

  • Ist doch mein Beitrag weg. Nanu. Hoffentlich denkt mal einer bei Apollo darüber nach, was ich geschrieben habe.

    Moral ist unteilbar und Verbrechen sind Verbrechen. Gaza sieht aus wie damals Dresden. Das finden viele Rechte nicht gut.

  • Ein fundamentaler Beweis, dass Weisheit, Bildung & SELBST-STÄNDIGES Denken, Analysieren & Abgleichen nichts mit dem Fortschritt der Medien zu tun haben. Denn bei den technischen Möglichkeiten müsste es auf Erden nur WEISSE hochgebildete Menschen mit Herz geben. Aber trotz das es heutzutage NOCH(!!!)eine KI gibt, die nicht IDEOLOGISCH funktioniert, wird diese nur für unnützen Müll benutzt. Und um so Dümmer & politisch Uninteressierter für das, was wirklich wichtig wäre, außer Brot & Spiele wie Karriere, Posten & Pfründe. Ja, um so leichter lassen sich dann die Menschen in eine STAATS/MACHT-Richtung (Faschismus) beeinflussen, denn Gleichschritt-Mitmarschierer sind die treusten Genossen für TOTALITÄR, egal welche Westeuropäische Macht, die auch nur Marionetten vom Übelkeits-SYDIKAT BRÜSSEL sind. Solange dort nicht die Rahmenbedingungen geändert werden, dass Souverän-Einflussnahme in einer transparenten nachvollziehbaren Politik gemacht wird, bleibt es bei der europäischen Fassaden-Politik

  • die Verbrechen „Bibis“ und seiner Mischpoke anzuprangern ist nicht „anti-israelisch“.

    -11
    • Bibi = guter Mann. Er sollte eine Generalvollmacht bekommen 😉

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