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AfD-Verbot? Das wäre ein Brandsatz auf die Demokratie

Schon wieder wird ein AfD-Verbot diskutiert, mehrere Bundestagsabgeordnete wollen es vorantreiben. Ein Plan, der gefährlich für die Demokratie ist - und für die etablierten Parteien nach hinten losgehen könnte.

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Im September wurde bekannt, dass sich Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen zusammengetan haben, um eine Debatte über einen AfD-Verbotsantrag auf die Tagesordnung zu setzen. Es soll der erste Schritt für ein Verbotsverfahren gegen die rechte Partei sein – und ist eine denkbar schlechte Idee.

Es geht zunächst um eine Diskussion im Parlament, noch nicht um die Abstimmung über einen Verbotsantrag durch den Bundestag. Der Antrag wird von Abgeordneten von SPD, Union, Grünen und Linken unterstützt, aber nicht von den gesamten Fraktionen. Die FDP verweigert sich dem Projekt offenbar, auch die CSU im Bundestag will einen entsprechenden Antrag nicht mittragen. Auch alles in Wahrheit Rechtsradikale? Oder eben doch insofern vernünftige Menschen, als sie erkennen, wie gefährlich und aussichtslos so ein Antrag wäre?

Brandsatz in unsere Gesellschaft

Ein AfD-Verbotsvorstoß wäre eben genau das – sehr gefährlich und relativ aussichtslos. Trotz der vielen Radikalen, die es in der AfD zweifellos gibt, ist ein Verbotsverfahren wenig aussichtsreich – und die Begründungen von Thüringens SPD-Innenminister Maier etwa, die AfD habe im Landtag schon eine „aggressiv-kämpferische“ Haltung gegen das Grundgesetz demonstriert, sind sehr, sehr dünn.

Eigentlich hat sich die Argumentation für ein AfD-Verbot ja längst verselbstständigt und sie speist sich auch aus sich selbst. Es ist immer etwas diffus, was dort als Argument hervorgehoben wird – hier eine seltsame Buch-Passage von Björn Höcke, da das rechtsradikale Zitat eines Landtagsabgeordneten, und nochmal Beatrix von Storchs berühmt-berüchtigtes „Ja“ zu der Frage, ob man Grenzschutz auch mit der Waffe durchsetzen sollte. Mhm. So wirklich stichhaltig und solide ist das nicht.

Selbst das noch stichhaltigste Argument für ein Verbot – die AfD würde einem unzulässigen, „ethnischen Volksbegriff“ anhängen und so gezielt deutsche Staatsbürger aufgrund nicht-deutscher Abstammung ausschließen wollen – ist gelinde gesagt etwas instabil. Zunächst einmal, weil die Partei Ausbürgerungspläne öffentlich immer wieder bestreitet und man ihr das Gegenteil auch nicht rechtssicher nachweisen kann – und andererseits, weil auch das Grundgesetz selbst an manchen Stellen das deutsche Volk als ethnische Gruppe definiert. Wäre so eine Definition also grundsätzlich verfassungsfeindlich, dann möge sich das Grundgesetz an dieser Stelle selbst auflösen.

Die Ideen für ein AfD-Verbot sind also nicht sonderlich stichhaltig, dafür aber extrem gefährlich: Ein AfD-Verbotsantrag wäre der Wurf eines Brandsatzes in diese Gesellschaft. Es würde schon harte Fronten unüberbrückbar verhärten, es würde viele Menschen wegtreiben von dieser Demokratie und dieser Republik. Die Botschaft wäre auch: Ihr, die Wähler und Anhänger, seid in unserer Politik nicht erwünscht. Will man so eine Botschaft wirklich senden, wo man doch sonst immer fromm erzählt, wie man AfD-Wähler „zurückgewinnen“ will?

Verbotsverfahren könnte Blamage werden – und wäre Kampfansage an die Demokratie

Ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, an dessen Ende wahrscheinlich ein „Freispruch“ für die AfD stünde, wäre für die Etablierten ein richtiges Desaster. Die AfD könnte dann wahrscheinlich mit dem Urteil als Bescheinigung für Verfassungstreue hausieren gehen und zehn Jahre Anti-AfD-Agitation wäre Makulatur, verpufft. Die Warnungen vor der „rechtsextremen AfD“ würden dann noch weniger Menschen ernst nehmen als ohnehin schon.

So ein Verbot wäre aber vor allem eines: Eine Kampfansage der Verantwortlichen an die Demokratie. Denn auch hinter Floskeln über die „wehrhafte Demokratie“ lässt sich nicht verbergen, dass es einer inhaltlich-politischen Kapitulation gleichkäme, den politischen Gegenspieler AfD so aus dem Spiel zu nehmen. Es zeugt deutlich auch von eigener Verachtung für die Demokratie. So oder so: Dieses Verfahren kann nur schiefgehen. Für die Initiatoren, aber – und das wäre die wahre Gefahr – für diese Gesellschaft und dieses Land.

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Ja: Menschen wie Björn Höcke und Maximilian Krah sind Radikale, die ein anderes, post-bundesrepublikanisches Deutschland wollen. Krah selbst macht sich in vertrauten Runden mit dem rechtsradikalen Publizisten Götz Kubitschek gar über die „alten Männer“ und ihr Grundgesetz lustig. Den Ex-Verfassungsschutz-Chef und Politiker Hans-Georg Maaßen – wohl kaum im Verdacht, in irgendeiner Form links zu sein – nennt er abwertend einen Grundgesetz-Fetischisten. Seine Ideen für diesen Staat werden sich demnach eher nicht um das Grundgesetz drehen.

Das Bild, das Leute wie Krah oder auch Höcke von diesem Land haben, ist keines, das noch bürgerlichen Grundsätzen entspricht. Es ist in vielen Facetten rechtsradikal. Aber reicht das, um ein Verbot zu begründen? Ich finde nicht. Immerhin hält dieses Land auch über Jahre schon linksradikale Parteien wie die Linke oder große Teile der Grünen aus. Und die AfD ließe sich so einfach bekämpfen: Man müsste nur die seit fast 10 Jahren bekannten Missstände, die diese Partei so stark gemacht haben, abstellen. Die Migration zu regulieren und zu begrenzen, klare Kante gegen Woke-Wahnsinn zu zeigen und Politik auf Basis von Realismus statt Ideologie zu machen, würde die AfD in den Umfragen sicherlich halbieren.

Stattdessen über ein AfD-Verbot zu sprechen, entlarvt die Anhänger dieses Vorstoßes: Sie wollen an den Zuständen, die die AfD stark machen, eigentlich gar nichts ändern – sie sind ihnen wahrscheinlich sogar recht. Und sie haben den demokratischen Wettbewerb als solchen längst aufgegeben.

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