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Zurückweisungen an der Grenze? Schon jetzt untergräbt die eigene Partei Merz‘ Asyl-Offensive

CDU-Chef Merz macht Zurückweisungen an der Grenze zur Bedingung für die Zusammenarbeit mit der Ampel in der Migrations-Frage - und schon erklären Medien und Politiker das zum Ding der Unmöglichkeit. Aber nur mit Zurückweisungen kann Migration gesteuert werden.

CDU-Chef Merz will sich mit Macher-Rhetorik profilieren - weil alle anderen nur erklären, was nicht geht

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„Es reicht“ – mit dieser kernigen Ansage stellte sich CDU-Parteichef Friedrich Merz vor die Öffentlichkeit und scheinbar an die Spitze derer, die nach dem Terroranschlag von Solingen endlich Konsequenzen in der Migrationspolitik wollten. Er saß vor der Presse, als der Bundeskanzler schwieg. Er setzte die Messer- und Migrationsthematik offensiv auf die Agenda und brachte Scholz damit unter Zugzwang. Merz war im Fernsehen und sprach Klartext: „Jeder, der in Deutschland Asyl beantragt, ist schon mindestens ein Land zu weit gereist“. Man müsse „Regeln konsequent anwenden“, nach Afghanistan und Syrien könne man auch zurückführen. „Wenn Solingen jetzt für die Koalition nicht der Wendepunkt ist, dann weiß ich nicht, was noch passieren muss, damit einige Leute endlich mal zur Besinnung kommen.“ „Wir müssen jetzt grundsätzlich die Asyl- und Einwanderungspolitik dieses Landes ändern!“

Es ist erfrischend: Ein Politiker, der mal nicht nur erklärt, was nicht geht und was man nun nicht tun sollte. Merz profiliert sich mit Macher-Rhetorik in einem Umfeld, in dem sonst immer nur lamentiert und von Problemlösungen abgelenkt wird – während Scholz‘ Statements konsequenzlos sind und Saskia Esken in unerträglicher Bräsigkeit erklärt, man könne aus Solingen „nicht viel lernen“. Im Vergleich dazu nimmt man Merz die Empörung ab, wenn er über die Migrationsfrage spricht. Nimmt man es auch seiner Partei ab?

Inzwischen treffen sich Regierung und Union zu gemeinsamen Gesprächen über Änderungen der Migrations- und Sicherheitspolitik – es sind geheime Gespräche, die tatsächlich auch geheim bleiben. Die Union fordert derweil offensiv Zurückweisungen an der Grenze. Friedrich Merz hat der Ampel-Koalition ein Ultimatum bis Dienstag gestellt: „Wenn die Bundesregierung nicht bereit ist, uns bis zum nächsten Dienstag eine verbindliche Erklärung zu geben, dass der unkontrollierte Zuzug an den Grenzen gestoppt wird und diejenigen, die immer noch kommen, an den Grenzen in Deutschland zurückgewiesen werden, dann machen weitere Gespräche mit der Bundesregierung keinen Sinn“, sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung in Brandenburg an der Havel.

„Ich bin nicht geneigt und nicht gewillt, auf diese Forderung oder von mir aus auch Provokation an der Stelle einzugehen“, ätzte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert gegen diese Merz-Äußerung bei Maischberger. Aber man höre und staune: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) verhandeln laut Bild-Berichten schon darüber, wie Flüchtlinge, die aus einem EU-Nachbarland einreisen, an der Grenze zurückgewiesen werden können.

Bemerkenswert, weil die Ampel, insbesondere Vertreter der SPD, bis vor kurzem noch öffentlich argumentierten, dass sowas gar nicht ginge. SPD-Vorsitzende Saskia Esken wies in ihrem Auftritt bei Caren Miosga kurz nach dem Solingen-Anschlag („lässt sich nicht viel lernen“) auch wiederholt auf das EU-Recht hin, etwa die Europäische Menschenrechtskonvention, um die eigene Tatenlosigkeit zu rechtfertigen. Geht bald all das, was vorher nicht ging, plötzlich doch? Es bleibt abzuwarten, wie viel Substanz die Maßnahmen der Regierung am Ende haben werden.

Die Grünen sperren sich erwartungsgemäß noch total: Innenpolitikerin und Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic (47) nannte Zurückweisungen an der Grenze zumindest „praktisch unmöglich“. Rechtlich möglich wäre nach ihren Worten nur die Änderung europäischer Gesetze wie der Dublin-Verordnung – ein Prozess, der wohl Jahre dauern dürfte. Das Ziel von solchen Einwürfen ist natürlich, Sand ins Getriebe zu streuen, damit in puncto Migrationskontrolle nichts vorangeht. Auch der SPD-Politiker und Polizeibeauftragte des Bundestages, Uli Grötsch, meint zum CDU-Vorschlag: „Das hat mit dem Geist des Dublin-Abkommens nichts zu tun. (…) Zurückweisungen sind nicht die Lösung.“

Sogar aus der eigenen Partei wird Merz jetzt attackiert: CDU-Bundesvorstandsmitglied Monica Wüllner kritisierte die Forderung nach Zurückweisung scharf: Die CDU dürfe nicht so reden wie Populisten. Man müsse eine „Lösung finden, jenseits des populistischen Rechtsaußens“. Wüllner erklärte, sie halte es für unabdingbar, „irgendeinen Kompromiss zustande zu bekommen“. „Mir geht’s da auch gar nicht so sehr darum, welcher Punkt jetzt genau durchkommt“ – stattdessen müsse man Lösungen finden, „die allen Seiten dienlich“ seien.

Also allen politischen Parteien – und auch den Flüchtlingen, denen man auch „gerecht“ werden müsse. „Die haben ja auch ihren Grund, zu uns zu kommen“; man könne „Fluchtursachen und Fluchtgründe ja nicht wegwischen“. Und Forderungen, die „gegen die DNA“ anderer Parteien gingen, seien „nicht hilfreich“. Dabei geht es nicht darum, was den Parteien dienlich ist – sondern darum, was dem Land dienlich ist.

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Und da kann es nicht wieder nur „irgendeinen Kompromiss“ geben, der zwar jeden Politiker, aber abseits von ihnen keinen Menschen zufriedenstellt. Und um die Migration zu begrenzen, muss man zurückweisen – und zwar nicht erst in ein paar Monaten oder Jahren, sondern jetzt. All die Ausreden sind hohl: Das Asylrecht bestimmt schon jetzt, dass sich niemand, der „aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften einreist“, darauf berufen kann. Und das Dublin-System verbietet Zurückweisungen an der Grenze – aber es sollte auch die unkontrollierte Weiterreise von Flüchtlingen verhindern – was es seit 2015 nicht mehr tut. Und ein System, das statt illegaler Migration Zurückweisungen verhindert, ist dysfunktional und schadet Deutschland. Es muss also in dieser Form ausgesetzt werden und taugt nicht als Argument, um sein Nichtstun bei der Migration zu rechtfertigen.

Einwanderung funktioniert nur mit Zurückweisungen – das gilt für Europa und für Deutschland. Wenn an den EU-Außengrenzen oder den nächsten Binnengrenzen nicht zurückgewiesen wird, müssen wir an den Bundesgrenzen zurückweisen. Tun wir es nicht, ist fast jede Maßnahme im Endeffekt sinnlos. Einem Schiff, das vollläuft, stopft man ja auch die Lecks, bevor man das Wasser aus dem Boot schöpft. Es ist richtig, dass Merz und die CDU Zurückweisungen zur Bedingung für die Fortsetzung von Gesprächen macht – sonst sind auch drei weitere Gesprächsrunden nur Zirkusnummern oder bestenfalls Symptomdoktorei, die das Problem nicht lösen. Eine weitere Runde Scheinlösungen für Politiker kann sich Deutschland nicht leisten.

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