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Creditreform-Statistik

Zahl der Firmenpleiten explodiert – 133.000 Arbeitsplätze gefährdet

Das Sterben der deutschen Wirtschaft setzt sich fort. Im ersten Halbjahr wurde der höchste Anstieg an Unternehmensinsolvenzen seit fast zehn Jahren verzeichnet. Das Schlimmste daran: Die Dunkelziffer könnte noch viel höher ausfallen.

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Erst im vergangenen Monat berichtete Apollo News über einen Anstieg der Insolvenzen im Mai 2024. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind über 26 Prozent mehr Firmen pleite gegangen. Jetzt verzeichnet der Inkassodienstleister und Bonitätsprüfer Creditreform im ersten Halbjahr 2024 die höchste Anzahl an Firmenpleiten seit fast einem Jahrzehnt. Die Dynamik der Insolvenzen habe sich deutlich verschärft und es sei keine Besserung in Sicht. Insbesondere die schwache wirtschaftliche Entwicklung und hohe Kosten setzen den Unternehmen in Deutschland zu.

Insgesamt hat die Creditreform seit Anfang des laufenden Jahres etwa 11.000 Firmenpleiten registriert – die höchste Zahl seit fast zehn Jahren. „Die Unternehmen kämpfen weiterhin mit den Auswirkungen der Rezession von 2023, langanhaltenden Krisen und der schwachen konjunkturellen Entwicklung in diesem Jahr“, erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. „Dies alles zusammen belastet viele Unternehmen übermäßig.

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Und auch der Anstieg der Insolvenzen beschleunigt sich: Im vergangenen Jahr gab es etwa 17,2 Prozent mehr Insolvenzen als 2022. Jetzt sollen im ersten Halbjahr 2024 knapp 30 Prozent mehr Firmen Insolvenz angemeldet haben als noch im Vorjahreshalbjahr. „Der Anstieg setzt sich nicht nur fort, sondern beschleunigt sich sogar“, erklärt Hantzsch.

Es geht um immer mehr Geld und immer mehr Arbeitsplätze

Creditreform schätzt die Forderungsausfälle für Lieferanten, Kreditgeber und Sozialversicherungen auf rund 19 Milliarden Euro seit Januar 2024, während es im Vorjahreshalbjahr noch knapp 13 Milliarden Euro waren. Das entspricht einem Anstieg von über 46 Prozent. Denn es sind immer mehr Großunternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit aufgeben: „Die gestiegene Insolvenzrate betrifft insbesondere Großunternehmen, also Betriebe mit mindestens 250 Mitarbeitern“, heißt es von der Creditreform. Ihre Anzahl habe sich von 40 auf 80 verdoppelt.

Unternehmen in diesen Größenordnungen haben einen signifikanten Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung – viele Mitarbeiter hängen an diesen Firmen. So habe sich die Zahl der „gefährdeten Arbeitsplätze“ erneut erhöht – um über 6 Prozent auf 133.000. Die Auswirkungen einer Firmeninsolvenz seien derzeit „wesentlich gravierender als etwa während der Weltfinanzkrise 2009“, so Hantzsch.

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Die Insolvenzen betreffen außerdem jede Branche: Insbesondere die Firmenpleiten im Dienstleistungssektor verzeichnen einen Anstieg von fast 35 Prozent – der höchste Wert seit zehn Jahren. Die Quote in diesem Sektor liege aktuell bei knapp 74 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen – der branchenübergreifende Durchschnitt liegt aktuell bei 71. Noch gravierender sieht es in der Baubranche aus: Sie verzeichnet einen Anstieg der Insolvenzen in ersten Halbjahr 2024 von über 21 Prozent. Die Halbjahresquote sei von 77 Insolvenzen pro 10.000 Firmen auf fast 100 gestiegen.

Zum einen seien die Zinsen immer noch zu hoch, was Finanzierungen teurer macht. Zum anderen jedoch sei die Nachfrage nach gewerblichen Immobilienprojekten sehr gering – teilweise bedingt durch den schwachen stationären Einzelhandel und durch den immer stärker werdenden Trend zum Arbeiten im Home-Office.

Hälfte der deutschen Unternehmen bekommt weniger Aufträge

Creditreform sieht noch kein Ende bei den steigenden Insolvenzen in Deutschland „Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wird voraussichtlich auch 2024 schwach bleiben. In Kombination mit den weiterhin hohen Zinsen stellt dies eine echte Herausforderung für die Unternehmensfinanzierung dar“, erklärt Hantzsch. „Viele Unternehmen leiden unter Schuldenproblemen und können aufgrund der schlechten Wirtschaftslage ihren Zahlungsverpflichtungen nur schwer nachkommen.“

Der Versicherungsdienstleister Atradius teilt diese Einschätzung ebenfalls. Mittlerweile sollen knapp die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland mit Zahlungsproblemen ihrer Kunden zu kämpfen haben – und es wird nicht besser: „Wir erwarten, dass sich die finanzielle Situation deutscher Unternehmen im Jahr 2024 weiter verschlechtern wird“, heißt es von Atradius. „Zahlungsverzug und Liquiditätsprobleme nehmen kontinuierlich zu.“

Laut einer aktuellen Umfrage von Atradius unter 500 Unternehmen aus 15 Branchen leiden fast die Hälfte der Betriebe unter einem Rückgang der Auftragseingänge. „Die Konjunkturflaute, Inflation, geopolitische Risiken und hohe Energiekosten bilden eine toxische Mischung für die heimische Wirtschaft“, warnt Thomas Langen, Verantwortlicher im Kreditversicherungsgeschäft bei Atradius.

Die Unternehmen kämpfen mit allen Mitteln. Doch trotz der traditionell starken Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wird ein kurzfristiger Aufschwung nicht möglich sein. Die Abwärtsspirale ist schon längst in Gang gesetzt worden, mit Investitionsstopps, Mitarbeiterentlassungen oder vermehrt Kurzarbeit.

Doch nicht alle Unternehmen melden Insolvenz tatsächlich an – die Dunkelziffer dürfte viel größer ausfallen: „Wir beobachten weiterhin viele stille Geschäftsaufgaben außerhalb von Insolvenzen“, berichtet Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbands der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID).

Auch das berüchtigte Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bestätigt, dass viele Unternehmen unbemerkt ihren Betrieb einstellen. Im vergangenen Jahr sollen demnach etwa 176.000 Unternehmen vom Markt verschwunden sein – jedoch wurden nur knapp 20.000 dieser Unternehmen in den Insolvenzdaten erfasst. Die deutsche Wirtschaft stirbt leise und unbemerkt.

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