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Gerichts-Niederlage

Von den Grünen bis zur CDU: So feierten Spitzenpolitiker das Compact-Verbot

Am Mittwoch hob das Bundesverwaltungsgericht das Verbot der Zeitschrift Compact im Eilverfahren vorläufig auf. In der Regierung herrscht nun Katerstimmung. Denn noch vor wenigen Wochen hatten sich viele Spitzenpolitiker begeistert zu dem Verbot geäußert.

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Kurz nachdem die Einsatzkommandos früh morgens Elsässers Haus durchsucht hatten und die Bilder des völlig überraschten Compact-Chefredakteurs im Bademantel die Runde gemacht hatten, äußerten sich viele Politiker geradezu euphorisch über den angeblichen „Coup“ der Innenministerin Nancy Faeser. Dutzende Spitzenpolitiker aller großen Parteien abseits der AfD drückten in Pressemitteilungen und Interviews ihre Unterstützung für Faesers Handeln aus. Blöd nur, dass gerade dieses Handeln nur wenige Wochen später vom Bundesverwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt wurde.

Erwartungsgemäß kam die Zustimmung zuerst aus den eigenen Reihen. Beispielsweise von Katja Mast, der Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. „Nancy Faeser verbietet das rechtsextreme Compact-Magazin. Das ist konsequent. Worten folgen Taten und Compact ist ein zentrales Sprachrohr der Rechtsextremen in Deutschland“, verkündete sie noch am Tag des Verbots. Und resümierte dann stolz: „Erneut zeigt Bundesinnenministerin Nancy Faeser, dass sie durchgreift. Wir bleiben wehrhaft.“

Dass man in einem Rechtsstaat allerdings nicht einfach „durchgreifen“ kann, sondern dabei die gesetzlichen Bestimmungen und Grundrechte beachten muss, erwähnte sie in ihrer Erklärung nicht. Ihr Parteigenosse Andy Grote, Innensenator Hamburgs, hatte die gleiche Idee wie Mast und twitterte, er sei Faeser „sehr dankbar, dass sie dem Spuk ein Ende bereitet“ habe und man „dieses rechtsextreme Hetzblatt nicht länger ertragen“ müsse. Weiter erklärte er: „Der erfolgreiche Schlag gegen #Compact ist ein klares Signal des Rechtsstaates an seine Feinde.“ Zur Reaktion des Rechtsstaats auf das Verbot, in Form eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, twitterte er bisher noch nichts.

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvize der Grünen-Bundestagsfraktion, betonte hingegen die aus seiner Sicht rechtlich unbedenkliche Form des Verbots. „Wir begrüßen das durch die Bundesinnenministerin heute ausgesprochene Verbot des Compact-Magazins“, sagte er gegenüber der Rheinischen Post. Und führte weiter aus: „Wir gehen davon aus, dass das zuständige Haus die presserechtlichen Fragen, die sich mit Blick auf ein Verbot einer Zeitung stellen, sehr intensiv geprüft und abgewogen hat.“ Was Notz wohl dazu meint, dass man die Antwort auf eine dieser presserechtlichen Fragen in Artikel 5 des Grundgesetzes findet?

Und auch Menschen, die die Verfassung eigentlich schützen sollen, täuschten sich offensichtlich in der Anwendung eben dieser. Stefan Kramer, Präsident des Verfassungsschutzes in Thüringen, sagte dem SPD-nahen RND: „Das Verbot ist im weiteren staatlichen Kampf gegen die rechtsextremistische Szene konsequent und dringend geboten. Es zeigt die Wehrhaftigkeit der Demokratie gegen ihre Feinde. Vor allem wird damit auch eine Quelle von Finanzmitteln der Szene trockengelegt.“ Nur gut, dass die Richter des Bundesverwaltungsgerichts die Verfassung besser kennen als jene, die sie von Amts wegen verteidigen sollen.

Eine Blamage der politischen Klasse

Der Applaus für die, nun bekanntermaßen rechtswidrige, Maßnahme Faesers kam nicht allein von der linken Seite des politischen Spektrums. Auch in CDU und FDP nahm man das Compact-Verbot euphorisch auf. So schrieb beispielsweise der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), seines Zeichens gern gesehener Gast in öffentlich-rechtlichen Talkrunden, einen begeisterten Artikel, in dem er die Rechtmäßigkeit des Compact-Verbots beteuert. Im gleichen Artikel schlägt Baum dann noch vor, dass das BMI auch die Junge Alternative, die Jugendorganisation der AfD, verbieten sollte. Für diese gelte das Parteienprivileg nicht, da sie als Verein organisiert sei.

Gleich drei Länder-Innenminister der CDU veröffentlichten Erklärungen, die das Verbot ausdrücklich begrüßten. So beispielsweise Michael Stübgen, amtierender Innenminister Brandenburgs. „Compact ist Hass und Hetze in Hochglanz. Diese Plattform der Demokratiefeinde verfolgt ein Ziel und das ist die Zerstörung unserer freiheitlichen Gesellschaft. […] Damit ist nun Schluss.“ Zudem dankte Stübgen den Sicherheitsbehörden für die „akribische Ermittlungsarbeit, die zum Verbotsverfahren beigetragen hat“. Ob er diese Meinung noch immer vertritt, nachdem das Bundesverwaltungsgericht das Verbot gekippt hat und das Bundesinnenministerium eine detaillierte Begründung für das Verbot bis zuletzt schuldig blieb?

Sein Kollege und Parteifreund Roman Poseck, Innenminister von Hessen, ließ über den Twitter-Kanal der CDU Hessen verlauten: „Unser Rechtsstaat hat heute ein klares Signal gegen Rechtsextremismus, Demokratie- und Menschenfeindlichkeit gesetzt.“ Unglücklicherweise bestand dieses „klare Signal“ aber aus einem Verbot, welches nur vier Wochen später gerichtlich als unverhältnismäßiger Eingriff in die Pressefreiheit gewertet wurde. Im Juli schien das Poseck noch nicht zu stören, auch nachdem das Verbot von vielen Seiten bereits massiv kritisiert wurde.

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Dabei war er selbst 10 Jahre lang Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main und hätte das, aus juristischer Sicht, von Anfang an kontroverse Verbot kritischer bewerten können. Poseck bleibt jedoch unbeirrt bei seiner Auffassung. Auf Apollo News-Anfrage lässt er erklären: „Innenminister Roman Poseck steht zu seiner Einschätzung bzgl. des Verbots des Magazins Compact. Das Magazin ist und bleibt ein Sprachrohr für Rechtsextremisten.“ Und weiter: „Zu einem Rechtsstaat gehört es auch, dass Entscheidungen gerichtlich überprüft werden. Im Übrigen bleibt die Entscheidung im Hauptsacheverfahren des Bundesverwaltungsgerichts abzuwarten.“

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Ob Spitzenpolitiker mit ihrer Euphorie über politisch motivierte Hauruckaktionen gegen Medien in Zukunft vorsichtiger sein werden, bleibt fraglich. Gut beraten wären sie damit jedenfalls. 

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