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Nils Markwardt

„Vergesst es“: Die Zeit plädiert für die „organisierte“ Verdrängung des Corona-Unrechts

In einem Essay in der ZEIT plädiert Nils Markwardt für das „das organisierte Verdrängen“ gesellschaftlicher Probleme, insbesondere der Corona-Maßnahmenpolitik. Ihm zufolge würden ständige Aufarbeitungsdebatten zu einem „chronischen Konfliktüberschuss“ führen, der populistischen Parteien wie der AfD in die Hände spielt.

Screenshot des Artikels von Nils Markwardt via Zeit

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Die Zeit hat am Samstag einen Artikel unter der Überschrift „Vergesst es“ veröffentlicht. Autor Nils Markwardt plädiert hier dafür, große gesellschaftliche Probleme und insbesondere den Willen nach Aufarbeitung einfach zu verdrängen. Denn „die Demokratie überfordert sich, wenn sie alles gleichzeitig aufarbeiten will“. Deshalb sollten wir vor allem die Verfehlungen der Corona-Maßnahmenpolitik vergessen.

In seiner Argumentation macht Markwardt zunächst einen Exkurs in das Private. Hier sei es durchaus sinnvoll, sich einer sogenannten „life review“ zu unterziehen. „Ob in Form von Einzel- und Gruppengesprächen oder im Do-it-yourself-Modus. Wer systematisch die – gerade erst – vergangenen Lebensabschnitte reflektiere, über die eigenen Entscheidungen, Stärken und Schwächen nachdenke, könne sich selbst besser akzeptieren“, zitiert Markwardt die New York Times. Dies helfe gegen „Ängste und Depressionen“ und ermögliche mehr „Lebenssinn und Optimismsus“, so der Zeit-Autor. „Insbesondere Männer“ sollten mehr Selbstreflexion „in pucto Alkoholmissbrauch oder Partnerschaftsgewalt“ zulassen.

Der Trend der Selbstreflexion hätte sich aber inzwischen auch in der politischen Sphäre breit gemacht. Und das ist der Zeit zufolge ein grundfalscher Ansatz. „Es gibt kaum einen kollektiven Konflikt, der nicht von Rufen begleitet wird, ihn im gesellschaftlichen Großgespräch auf- und durchzuarbeiten“, bedauert Markwardt. Und weiter: „Stets soll ‚alles auf den Tisch‘, muss aus den Fehlern gelernt, die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden“.

Doch genau diese „Form der democracy review“ könne „Schaden anrichten“, meint der Zeit-Autor. „Wenn Gegenwartskonflikte in potenziell unendlichen Aufarbeitungsdiskursen münden, trägt das nämlich nicht unbedingt zur gesellschaftlichen Befriedung und Akzeptanz bei.“ Im Gegenteil: Durch das ständige Besprechen könne es gar zu einem „chronischen Kofliktüberschuss“ kommen, der „die politische Debatte blockieren kann“.

Das Ergebnis dessen sei nämlich lediglich ein „Diskursrauschen“, was den Parteien der Ränder, insbesondere der AfD und dem BSW nütze. Sie könnten aus der Forderung nach Aufarbeitung „Kulturkämpfe“ ausrufen und „komplexe Sachfragen auf identitätspolitische Schlagworte“ zusammenzurren. Hinter der Nennung von „Reizworten“ wie „Migration“, „Pandemie“ oder „Terrorismus“ würden sich in der Wahrheit „gleich mehrere Debatten“ verbergen. Aus diesem Grund wäre die demokratische Öffentlichkeit überfordert, sich mit all diesen Problemen simultan auseinanderzusetzen, so Markwardt.

Das Resultat, dass man hieraus ziehen müsse, sei klar, erklärt der Zeit-Autor. Die oft wiederholte Formel, man müsse AfD oder BSW „inhaltlich stellen“, würde in der Praxis meist ins Leere laufen. Je mehr Konflikte parallel zur Debatte stünden, desto wahrscheinlicher wäre es, dass Alice Weidel oder Sahra Wagenknecht schon längst das nächste Thema auf die Agenda setzen würden. Populistischen Parteien müsse man stattdessen ihren „strategischen Vorteil“ rauben und dies ginge nur durch „das organisierte Verdrängen“, so Nils Markwardt.

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