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Wirtschaftsgipfel

Trotz handverlesener Gäste: Scholz wird von Industrievertretern in die Schranken gewiesen

Bundeskanzler Scholz traf sich am Dienstag mit handverlesen eingeladenen Industrievertretern – und erntete Kritik. Eine Analyse der eingeladenen Verbände soll die Dringlichkeit der Lage unterstrichen haben. Scholz blieb mit dennoch unkonkret und versprach nur bis Dezember handeln zu wollen.

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Olaf Scholz lässt Kritik an sich abprallen. Stattdessen setzt er auf Zeit – Wirtschaftsverbände fordern umgehende Maßnahmen.

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Der am Dienstag veranstaltete Wirtschaftsgipfel sollte ein exklusives Treffen einiger ausgewählter Industrievertreter mit Olaf Scholz werden, um „weitere Maßnahmen“ zur Sicherung der Industrie in Deutschland zu besprechen. Die hinter verschlossenen Türen im Kanzleramt abgehaltenen Gespräche sollten für den Bundeskanzler vor allem Symbolkraft haben – eine Teilnehmerliste oder anschließende Pressekonferenz gab es nicht.

Dennoch sind einige Informationen durchgesickert: Laut Table.Media sollen sogar die handverlesen eingeladenen Industrievertreter Scholz mit einer kritischen Analyse der derzeitigen Situation konfrontiert haben. Allen voran Markus Steilemann, Präsident des Verbands der Chemischen Industrie, und Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, sollen vor den Konsequenzen der hohen Energiekosten und der steigenden Bürokratie in Form der Berichtspflichten gewarnt haben. Würde der Staat nicht ernsthaft tätig werden, stünde der Industriestandort Deutschland endgültig vor dem Aus.

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Scholz inszenierte sich nach dem Gipfel als bemüht. Mit den Gesprächsergebnissen möchte der SPD-Politiker konkrete Vorschläge erörtern lassen, wie Industrie-Arbeitsplätze gesichert werden sollen und der Industriestandort Deutschland gestärkt werden kann. Konkretere Aussagen gab es jedoch nicht – die soll die Bundesregierung in einem „Pakt für die Industrie“ finden. Während des Treffens soll Scholz den Industrievertretern Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten versprochen haben, über die sich die Ampel bis Dezember einig werden soll, so Table.Media – aber bereits im November soll der Bundeshaushalt für 2025 beschlossen werden.

Wegen der undefinierbaren Haltung des Kanzlers zur Wirtschaftskrise, der für seine Zurückhaltung von den Spitzenverbänden bereits im Frühjahr kritisiert worden war (Apollo News berichtete), gab es bereits im Vorfeld des Gipfels Kritik. Einerseits hatte Scholz nur einige wenige Vertreter handverlesen eingeladen – Vertreter der Metall- und Elektroindustrie sollen etwa nicht eingeladen worden sein. Andererseits hatte unter anderem Finanzminister Christian Lindner kritisiert, weder über den Gipfel informiert, noch eingeladen gewesen zu sein.

Auch Robert Habeck soll als Wirtschaftsminister nicht von den Kanzler-Plänen unterrichtet worden sein. Lindner entschied sich kurzerhand, einen Gegen-Gipfel am Dienstagvormittag mit Vertretern des Mittelstands abzuhalten, die nicht zu dem Treffen mit Scholz eingeladen worden waren. Auch diese Entscheidung traf bei Wirtschaftsvertretern auf Kritik: „Der Kanzler gipfelt, der Finanzminister gipfelt, der Wirtschaftsminister schreibt Impulspapiere. Ich kann jeden verstehen, der sagt: Ich blick‘ da nicht mehr durch und ich kann das auch nicht mehr ernst nehmen“, monierte etwa Lutz Kordges, Sprecher des Bundesverbands „Der Mittelstand“.

Wirtschaftsminister Habeck hatte das Triptychon der Einzelretter-Inszenierung vergangene Woche begonnen, indem er eigenhändig den „Deutschland-Fonds“ vorgestellt hatte, in dem beispielsweise eine Investitionsprämie vorgesehen sein soll. Statt Unternehmenssteuersenkungen zu garantieren, sollen Firmen zehn Prozent der getätigten Investitionen als Prämie ausgezahlt bekommen. Für diesen unabgesprochenen Schachzug gab es mächtig Kritik. (Apollo News berichtete).

Auch Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, mahnte im Vorfeld der beiden am Dienstag veranstalteten Gipfel gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Ein gemeinsamer, schlüssiger und abgestimmter Regierungsplan ist nötig – keine zersplitterte Partei- oder Wahlkampftaktik.“ Seit den vergangenen Wochen, in denen immer wieder Kürzungspläne bei Autozulieferern wie ZF Friedrichshafen, ThyssenKrupp oder zuletzt VW vermeldet wurden, nehmen die Wirtschaftsvertreter erstmals geschlossen Kritik an der Ampel.

Ihre Nachricht: So kann es nicht weitergehen. Optimismus versprühen die Aussichten der unterschiedlichen Verbände hingegen auch nicht: „Also mir fehlt der Glaube, dass diese Koalition noch was zustande bringt“, sagte etwa Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, gegenüber dem Deutschlandfunk.

Deutschland befindet sich derweil als einziger G7-Staat im zweiten Jahr in Folge in einer Rezession (Apollo News berichtete). Das führte auch dazu, dass Finanzminister Lindner bei der Haushaltsplanung massive Einsparmaßnahmen verkünden musste. Die einzelnen Ressorts zeigten sich damit unzufrieden – geeinigt hat sich die Regierung bislang nicht. Im November soll eine Entscheidung über den Etat für 2025 getroffen werden. Ob konkrete Maßnahmen, die der Wirtschaft entgegenkommen, beschlossen werden, ist fraglich. Immerhin hat Scholz der Ampel für die Ausarbeitung konkreter Maßnahmen ein Ultimatum bis Dezember ausgestellt.

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