Werbung

In eigener Sache

„Serverprobleme“ und verschwundene Mails: Wie die Staatsanwaltschaft versuchte, Habecks Rolle bei der Schwachkopf-Razzia zu verschleiern

Unter anderem mit Verweis auf vermeintliche „Serverprobleme“ versucht die Staatsanwaltschaft Bamberg tagelang unter Verschluss zu halten, dass die „Schwachkopf“-Razzia durch eine Habeck-Anzeige ausgelöst wurde. Presseanfragen werden ignoriert, Fristen lässt man verstreichen und verstrickt sich in absurde Ausflüchte.

Werbung

Unter anderem mit Verweisen auf „Serverprobleme“ verweigerte die Staatsanwaltschaft Bamberg tagelang, eine Auskunft zu den Hintergründen der Habeck-Razzia. Tagelang beantwortete man Presseanfragen verschiedener Medien nicht und ließ gesetzte Fristen verstreichen. Konkret geht es um die von der Staatsanwaltschaft angeordnete Hausdurchsuchung beim 64-jährigen Stefan Niehoff in den frühen Morgenstunden des 12. Novembers im fränkischen Burgpreppach.

Da öffentliche Stellen – wie Staatsanwaltschaften – gegenüber der Presse auskunftspflichtig sind, ist dieser Vorgang besonders irritierend. Niehoff hatte auf X (ehemals Twitter) ein Meme eines anderen Nutzers geteilt, das in überspitzter Form Kritik an Wirtschaftsminister Habeck übte. Das Meme zeigte eine Porträtaufnahme Habecks mit dem an den Werbeslogan der Firma Schwarzkopf angelehnten Schriftzug „Schwachkopf PROFESSIONAL“.

...
...

Tagelang verweigerte die Staatsanwaltschaft jegliche Auskunft gegenüber Apollo News und weiteren Medien darüber, ob Robert Habeck persönlich den Strafantrag gestellt hatte. Dann plötzlich beantwortete die Staatsanwaltschaft genau diese Frage vorab ausschließlich gegenüber dem YouTube-Kanal Mediatheke, mit der Information, dass der Strafantrag tatsächlich von Habeck selbst gestellt worden war. Später tauchte dies dann endlich auch in einer öffentlichen Pressemitteilung auf. Neben der Auskunftspflicht ist es öffentlichen Stellen auch verboten, Presseanfragen selektiv zu beantworten; kein Medium darf benachteiligt werden. Dass Habeck den Strafantrag zwar gestellt hat, allerdings auf Hinweis der Staatsanwaltschaft, ließ sie in ihrer Mitteilung ebenfalls weg.

„Serverprobleme“ verhindern angeblich Beantwortung

Die erste Apollo News-Presseanfrage dazu an die Staatsanwaltschaft erfolgte am 13. November um 10:16 Uhr. Als die Staatsanwaltschaft darauf stundenlang nicht reagierte, fragten wir erneut nach, diesmal mit der „Bitte um sofortige Antwort“. Auch diese Antwort wurde herausgezögert. Nicht nur ließ die Staatsanwaltschaft am 13. November zunächst sämtliche E-Mails und Anrufe unbeantwortet – als sie am Nachmittag schließlich telefonisch erreichbar war, erklärte ein Pressesprecher, dass „Serverprobleme“ die Beantwortung verzögert hätten.

Auf die schriftlichen Anfragen antwortete der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Bamberg nach sechs Stunden allen Ernstes, dass die Beantwortung der Fragen „bereits um 12:38 Uhr“ erfolgt sei. Eine solche Mail kam allerdings nie bei der Redaktion an. Eine sofortige Rückfrage auf die unzureichende Antwort ließ die Behörde unbeantwortet.

Lesen Sie auch:

Auch eine erneute Nachfrage vom 14. November blieb seitens der Staatsanwaltschaft bis Freitag, den 15. November, ohne Reaktion. Die vermeintlich verschwundene Mail erhielt Apollo News erst nach anwaltlichem Druck. Die angeblichen Serverprobleme kann man bis heute nicht belegen. Nun erklärte die Pressestelle, dass es nie Serverprobleme gegeben habe. Ob die E-Mail, die die Staatsanwaltschaft angeblich verschickt haben will, tatsächlich existiert, lässt sich nicht überprüfen. 

Statt für Klarheit zu sorgen, mischte die Staatsanwaltschaft dann in ihrer Pressemitteilung weitere irreführende Aussagen unter: So ist im Text zwar klar beschrieben, dass die Razzia aufgrund des „Schwachkopf“-Retweets geschah (wie auch in der entsprechenden richterlichen Anordnung zu lesen), aber dennoch erwähnt die Staatsanwaltschaft in derselben Pressemitteilung dann den „Anfangsverdacht“ einer Volksverhetzung – ohne dass diese Grund der Durchsuchung war. Genau dieser Eindruck soll aber offenbar entstehen und wurde im Netz so auch vielfach aufgegriffen, sogar von Robert Habeck selbst.

Auch der Volksverhetzungsvorwurf selbst ist dabei irreführend dargestellt. Niehoff wird vorgeworfen, „im Frühjahr 2024 auf der Internetplattform ‚X‘ eine Bilddatei hochgeladen zu haben, auf der ein SS- oder SA-Mann mit dem Plakat und der Aufschrift ‚Deutsche kauft nicht bei Juden‘ sowie u.a. der Zusatztext ‚Wahre Demokraten! Hatten wir alles schon mal!‘ zu sehen ist“, schreibt die Staatsanwaltschaft.

Sie lässt dabei weg, dass dieser NS-Vergleich als Antwort auf ein Bild aus einem Supermarkt geschah, in welchem vom Hamburger Bündnis gegen Rechts dazu aufgerufen wird, die Produkte der Molkerei Weihenstephan, der Lebensmittelkette Müller und Hofmann zu boykottieren, da diese die AfD unterstützen würden. Es ging also ganz offensichtlich um einen negativen NS-Vergleich als Kritik an der Boykottaktion und bei weitem keine NS-Verherrlichung. Diesen Kontext sucht man bei dem Statement der Staatsanwaltschaft jedoch vergebens. Stattdessen wird das namentlich bekannte Opfer der Durchsuchung hier weiter öffentlich in Verruf gebracht. 

Apollo News stellte am Montag noch weitere Fragen zur Hausdurchsuchung in Burgpreppach, doch seit der Veröffentlichung der Pressemitteilung kommt die Staatsanwaltschaft Bamberg ihrer presserechtlichen Auskunftspflicht einfach nicht mehr nach.

Konkret wollte Apollo News wissen: Wann wurde im Fall des Mannes aus Burgpreppach auch ein Anfangsverdacht auf Volksverhetzung gefunden, seit wann wird ermittelt? Woher kam der Hinweis auf besagten Post im Kontext der Volksverhetzung? Gab es möglicherweise Hinweise von außenstehenden Dritten, wie etwa Meldestellen gegen Hasskriminalität, die die Staatsanwaltschaft Haus auf den Vorfall aufmerksam gemacht haben?

Auch mit den Fragen von Montagmorgen konfrontierten wir die Staatsanwaltschaft am Montagnachmittag erneut. Der Cicero-Journalist Daniel Gräber hat auf Anfrage vom Bundeswirtschaftsministerium erfahren, dass die Polizei aufgrund eines Verdachts auf Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung gemäß § 188 StGB (gegen Personen des politischen Lebens) Kontakt mit dem Bundestagsbüro von Bundesminister Habeck aufgenommen hat.

Daraufhin wollten wir von der Staatsanwaltschaft erfahren, ob man selbst nach solchen Verstößen im Internet oder ob die Polizei eigenständig, ohne Anweisung, tätig wurde?
Da in Bamberg die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) ihren Sitz hat, stellte sich der Verdacht, ob dieser Post eventuell von genau dieser Stelle als strafbar eingeordnet wurde, sodass die Staatsanwaltschaft Bamberg, daraufhin die Schritte zur Strafverfolgung von Herrn Niehoff einleitete.

Auf unsere Nachfrage antwortete die Staatsanwaltschaft zwar, jedoch verschanzte man sich hinter der Pressemitteilung und erläuterte, dass keine „über die veröffentlichte Pressemitteilung vom vergangenen Freitag hinausgehende Stellungnahme abgegeben“ werde.

Die Erinnerung an die Verpflichtung zur Beantwortung sämtlicher Fragen gegenüber Presse, sofern kein expliziter gesetzlich geregelter Grund dagegen spricht, ignorierte die Staatsanwaltschaft und verwies erneut auf die Pressemitteilung. Wenn in dieser Art und Weise presserechtliche Auskunftsansprüche ignoriert werden, lässt sich daraus schließen, dass man etwas verbergen möchte. 

Werbung