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Migration

Schnelle Verfahren? Asylverfahren dauern im Schnitt anderthalb Jahre

Die Politik verspricht schnelle Asylverfahren - tatsächlich dauern Prozesse im Schnitt immer noch anderthalb Jahre. Vor allem nicht abgeschlossene Asylverfahren aus den Jahren 2015/16 ziehen den Durchschnitt in einigen Bundesländern nach oben. Außerdem gibt es weniger verfügbare Abschiebehaftplätze.

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In den ersten fünf Monaten dieses Jahres dauerte ein Asylverfahren im Durchschnitt 18,7 Monate. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der AfD hervor, die Welt am Sonntag vorliegt. Das Investigativ-Team von Welt hat weiter zu der Situation recherchiert: Im November 2023 hatte die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Asylantrags bei 17 Monaten gelegen. Das hatte eine Befragung bei Verwaltungsgerichten und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch den Deutschen Richterbund ergeben. In Brandenburg dauerte ein Verfahren im Durchschnitt drei Jahre, in Rheinland-Pfalz drei Monate.

Ende 2023 hatte die Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Scholz das Ziel formuliert, Asylverfahren in drei Monaten zu bearbeiten. Dieses Ziel könne nur mit mehr Personal und einer Konzentration der Fälle auf einige zuständige Gerichte gelingen. Das teilte der Deutsche Richterbund der Welt am Sonntag mit. So seien bundesweit 500 weitere Verwaltungsrichter nötig. „Geschieht hier nichts, droht der Justiz bei der Migrationssteuerung und Kriminalitätsbekämpfung zum Flaschenhals zu werden.“ Auch die Bundesregierung hat jüngst wieder schnelle Asylverfahren versprochen – das erscheint angesichts der Verfahrensdauer kaum realistisch.

Die Recherchen der Journalisten der Welt legen nahe, dass vor allem nicht abgeschlossene Verfahren aus den Jahren 2015/16 in einigen Bundesländern den Schnitt nach oben ziehen. Sowohl in Brandenburg als auch in Hessen sind die durchschnittlich etwa zwei Jahre dauernden Verfahren auf solche Altlasten zurückzuführen.

Doch nicht nur offene Fälle vergangener Jahre sind ein Problem. Die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der AfD offenbart auch, dass die Anzahl der verfügbaren Plätze für Abschiebehaft gesunken ist. Statt 800 stehen nun nur noch 790 Plätze bundesweit zur Verfügung. Dabei sagte die brandenburgische Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) der Welt am Sonntag: „Die Beschleunigung von Asylverfahren kann allerdings nur dann Wirkung entfalten, wenn ablehnende Asylbescheide nach ihrer gerichtlichen Bestätigung auch umgesetzt werden können. Dies setzt voraus, dass eine Abschiebung in die Länder Syrien und Afghanistan, aus denen die meisten Asylbewerber stammen, ermöglicht wird.“

Einige Bundesländer verfügen aktuell oder generell über keine Plätze für Abschiebehaft. Theoretisch gibt es in Berlin zehn Plätze für Abschiebehaft. Allerdings sind die Plätze zurzeit wegen der Sanierung des Gebäudes nicht nutzbar. „Die Einrichtung ist derzeit geschlossen und wird bei gleichbleibender Zahl der Plätze saniert“, erklärt die Senatsverwaltung für Inneres.

In Bayern und NRW wollen die Landesregierungen indes die Kapazitäten für Abschiebehaftplätze erhöhen, wie die Welt berichtet. Bayern verfügt aktuell über 262 Abschiebehaftplätze. Diese sollen um 100 weitere Abschiebehaftplätze ergänzt werden. Zusätzlich sollen 100 weitere Haftplätze entstehen, die „abhängig vom Bedarf variabel für den Vollzug von Abschiebungshaft oder von Straf- und Untersuchungshaft genutzt werden können“, wie ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums sagte. In NRW sollen in einer zweiten Abschiebehaftanstalt weitere Plätze geschaffen werden.

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