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Konstituierende Sitzung

Parlamentseröffnung in Thüringen: Das waren die chaotischsten Momente

Im Thüringer Landtag herrschte am Donnerstag Chaos: Die konstituierende Sitzung endete ohne Ergebnisse, weil Parlamentarier sich gegenseitig blockierten. Jetzt befasst sich das Landesverfassungsgericht mit dem Fall – ein Novum in der deutschen Nachkriegszeit.

Alterspräsident Jürgen Treutler wirkte verzweifelt - seiner Aufgabe eine ordentliche Sitzung zu leiten gelang ihm nicht. Der Grund: Störrufe und Unterbrechungen seitens aller Fraktionen.

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Am Donnerstag fand sich in Thüringen der Landtag zur konstituierenden Sitzung zusammen. Bereits Tage zuvor bahnte sich ein Chaos an. Doch die etwas mehr als vier Stunden lange Sitzung überbot alle Erwartungen. Das, was am Donnerstag in Erfurt geschah, ist ein Novum in der Nachkriegszeit – erreicht wurde nichts. Parlamentarier von CDU und Linken schrien unter Duldung des BSW sämtliche Versuche des AfD-Alterspräsidenten Jürgen Treutler, die Sitzung zu führen, nieder.

Währenddessen sorgte die AfD-Fraktion dafür, dass die restlichen Parteien ebenfalls keine Anliegen durchsetzen konnten. So konnte kein einziger Tagesordnungspunkt abgehandelt werden. Inzwischen ist, nach nur einer Sitzung des Chaos Landtags, das Landesverfassungsgericht, mit dem Fall betraut worden. Apollo News hat einige der absurdesten Momente der Parlamentseröffnung zusammen getragen.

Keine 15 Minuten bis zur ersten Unterbrechung

Der Alterspräsident Jürgen Treutler von der AfD eröffnete die Sitzung um 12:01 Uhr, nachdem die meisten Abgeordneten ihre Plätze eingenommen hatten. Von Beginn an zeichnete sich ab, dass es nicht reibungslos verlaufen würde. Treutler, als ältester Abgeordneter für die Leitung der ersten Sitzung verantwortlich, hielt zunächst eine längere Rede. Eine Rede des Alterspräsidenten ist ein gängiger parlamentarischer Brauch. Zudem ist es Aufgabe des Alterspräsidenten, zwei vorläufige Schriftführer sowie die Leitung der Wahl des Parlamentspräsidenten zu ernennen.

In seiner Rede verwies der Alterspräsident auf die Tatsache, dass die AfD als stärkste Fraktion den Landtagspräsidenten stellen möchte und Wiebke Muhsal nominiert hatte. Bereits hier wurde deutlich, dass dies von den anderen Fraktionen nicht unterstützt werden würde.

Kurz nach Beginn, gegen 12:15 Uhr, kam es zur ersten Unterbrechung. CDU-Politiker Andreas Bühl und CDU-Chef Mario Voigt forderten, dass zunächst die Beschlussfähigkeit des Landtags festgestellt wird, bevor Treutler seine Rede fortsetzen sollte. Laut Geschäftsordnung wäre dies ein formeller Schritt, um sicherzustellen, dass alle anwesenden Abgeordneten registriert sind. Treutler jedoch weigerte sich, darauf einzugehen, und wollte zunächst seine Rede beenden. Dies führte zu einem ersten verbalen Schlagabtausch, bei dem die AfD lautstark protestierte und Bühl von den anderen Fraktionen Beifall erhielt.

Vorwurf der „Machtergreifung“

Im Laufe des Vormittags und frühen Nachmittags verschärfte sich die Lage zusehends, und ein Begriff, der immer wieder fiel, war der, der „Machtergreifung“. Besonders Andreas Bühl warf Treutler vor, die Sitzung bewusst so zu führen, dass er und die AfD möglichst viel Kontrolle behielten, um ihren politischen Vorteil zu sichern. Bühl sprach von einer „Machtergreifung“, die Treutler zu Lasten der demokratischen Abläufe durchsetzen wolle.

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Der Vorwurf bezog sich auf das Verhalten Treutlers, der die Forderungen der anderen Fraktionen ignorierte, beispielsweise die Beschlussfähigkeit des Landtags schon festzustellen, während er noch seine Rede hielt, oder die Geschäftsordnung abzuändern. Bühl beschuldigte Treutler, durch eine einseitige Interpretation der Geschäftsordnung die Entscheidungsprozesse im Landtag zu behindern und die Interessen der AfD auf undemokratische Weise durchsetzen zu wollen. Treutler habe sich in seiner Rolle als Alterspräsident eine übermäßige Machtposition angemaßt, die ihm nicht zustehe, und habe so die „Freiheit des Mandats“ der Abgeordneten eingeschränkt, so Bühl.

Geforderte Absetzung des Alterpräsidenten

Kurz nach 15:00 Uhr kam es zu einer erneuten Eskalation, als der Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD) ankündigte, die Sitzung wieder unterbrechen zu wollen. Dies war zu diesem Zeitpunkt schon die fünfte Unterbrechung, und viele Abgeordnete blieben demonstrativ auf ihren Plätzen. Andreas Bühl (CDU), der Treutler und der AfD zuvor eine „Machtergreifung“ vorgeworfen hatte, forderte den zweitältesten Abgeordneten auf, die Leitung der Sitzung zu übernehmen. Er hielt Treutler nicht für befähigt, das Parlament ordnungsgemäß zu führen.

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Treutler dagegen bestand auf sein Amt. Immer wieder wurde seine Rede durch Zwischenrufe, insbesondere von der Linken und der CDU, unterbrochen. Als Treutler Ministerpräsident Bodo Ramelow direkt ansprach und ihn aufforderte, sich „zu mäßigen“, brach auf der linken Seite des Saals lauter Protest aus, während die AfD Fraktion johlte und applaudierte.

Insgesamt fünf Unterbrechungen

Während der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags am 26. September 2024 kam es zu insgesamt fünf Unterbrechungen. Die erste Unterbrechung erfolgte bereits kurz nach Beginn um etwa 12:15 Uhr, als die CDU, vertreten durch Andreas Bühl, forderte, die Beschlussfähigkeit des Landtags festzustellen. Wenig später, um etwa 12:30 Uhr, folgte die zweite Unterbrechung, da die Fraktionen CDU, BSW, SPD und Linke auf eine Abstimmung über die Änderung der Geschäftsordnung drängten, was Treutler jedoch erneut blockierte.

Die Situation eskalierte weiter, als es gegen 13:30 Uhr zu einer dritten Unterbrechung kam. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Fronten verhärtet: Die AfD beharrte darauf, dass zunächst ein Landtagspräsident gewählt werden müsse, während die anderen Fraktionen die Geschäftsordnung ändern wollten, um die Nominierung eines AfD-Kandidaten zu verhindern. Auch eine vierte Unterbrechung um 14:26 Uhr brachte keine Lösung, als die BSW-Fraktion eine weitere Beratung beantragte. Schließlich folgte gegen 15:14 Uhr die fünfte Unterbrechung, nachdem die Fraktionen der CDU und SPD versucht hatten, Treutler von der Sitzungsleitung abzulösen. Da weiterhin keine Einigung erzielt werden konnte, wurde die Sitzung letztlich auf Samstag, den 28. September, vertagt. Bis dahin soll das Verfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit der bisherigen Entscheidungen befinden.

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