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Bericht

Nach Wahlpleite: Interne Mails enthüllen Streit zwischen BSW-Spitzen und Katja Wolf

Nach der Bundestagswahl entbrennt im BSW ein erbitterter Streit über die Ursachen des Misserfolgs. Interne Mails enthüllen scharfe Vorwürfe gegen die Parteiführung. Vorstandsmitglied Alexander Ulrich fordert Thüringens BSW-Landesvorsitzende Katja Wolf zum Rücktritt auf.

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Nach der Bundestagswahl entbrennt im BSW eine lebhafte Debatte über die Ursachen des Misserfolgs. Ein interner Mailverkehr, der der F.A.Z. vorliegt, dokumentiert scharfe Kritik an der Parteiführung.

So wirft der Europaabgeordnete Thomas Geisel der Parteiführung vor, nach der Europawahl das Potenzial nicht ausreichend genutzt zu haben. „Führende Parteikader“ seien „offenbar selbstverständlich“ vom Einzug in den Bundestag ausgegangen, ohne jedoch genügend aktive Anstrengungen zu unternehmen, um Wähler zu gewinnen.

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Ein weiterer Vorwurf richtet sich gegen die restriktive Aufnahmepolitik, die das Wachstum der Partei behindert habe. Auch die Gründung der Landesverbände sowie die Aufstellung der Landeslisten zur Bundestagswahl seien „weitgehend intransparent“ gewesen. Geisel betont, dass das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde „mit Sicherheit“ nicht an Sahra Wagenknecht gelegen habe. Er fordert eine „personelle Neuaufstellung“ der Partei und eine stärkere Öffnung für neue Mitglieder. „Dass wir uns nicht als ‚leninistische Avantgarde-Partei‘, sondern als Volkspartei verstehen“, müsse künftig klarer kommuniziert werden.

Vorstandsmitglied Alexander Ulrich äußert scharfe Kritik an der zu starken Fokussierung auf Wagenknecht. „Es zog sich durch die gesamte Kampagne, dass es irgendwie schon werden würde, Sahra wird es richten.“ Zudem sei das BSW durch seine Haltung zur Migrationspolitik für viele Wähler unwählbar geworden. Der „knock-out“ sei es gewesen, „auf der falschen Seite der Barrikade zu stehen“.

„Der Osten hat leider nicht geliefert“, schreibt Ulrich und attackiert Thüringens BSW-Landesvorsitzende Katja Wolf: „Und eine Katja Wolf hat z. B. keine einzige Veranstaltung gemacht.“ Wolf widerspricht und kontert: „Diese Art der Verleumdung kenne ich nicht mal aus der Linken.“ Sie sei „SEHR GERN“ bereit, ihre Wahlkampftermine offenzulegen. Ulrich bleibt jedoch hart und fordert: „Wenn du etwas Charakter hast, dann trete als Landesvorsitzende zurück. Es braucht Personen, denen die eigene Karriere nicht so wichtig ist.“

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Frank Augsten, Fraktionschef in Thüringen, kritisiert die zentral gesteuerte Aufnahmepolitik. Eine Unterstützergruppe im Weimarer Land, die zu Beginn noch 65 Mitglieder zählte, sei auf 35 geschrumpft, weil viele Interessierte nicht aufgenommen wurden. „Viele sind nicht mehr da, weil sie gehofft hatten, Mitglied im BSW zu werden.“ Auch das Verbot von Kreis- und Ortsverbänden habe dem Wahlkampf geschadet. „Die ausschließlich von Berlin gesteuerte Aufnahme war nicht hilfreich und hat uns Stimmen gekostet.“

Zur Zukunft des BSW äußert sich Augsten zurückhaltend. Die Entscheidung müsse in Berlin getroffen werden. „Letztlich muss Wagenknecht entscheiden, ob sie weitermacht.“ Ulrich schreibt abschließend: „Ohne Sahra ist das Projekt tot.“

Im Zuge der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen hatte es Unstimmigkeiten zwischen Wagenknecht und den Landesverbänden, vor allem in Thüringen gegeben. Obwohl sich CDU, BSW und SPD in Thüringen bereits auf Koalitionsgespräche geeinigt hatten, blockierte die thüringische Landesvorsitzende des BSW, Katja Wolf, zunächst die Verhandlungen. Sie forderte unvermittelt die garantierte Aufnahme einer „Friedenspräambel“ in den Koalitionsvertrag.

Die Namensgeberin pochte immer wieder auf die Grundüberzeugungen der Partei und stellte klar: Entweder die Koalitionspartner beugen sich den Forderungen des BSW, oder die Partei wird nicht mitregieren. In Sachsen führte dieser Streit zum Abbruch der Sondierungsgespräche – trotz einer achtmaligen Änderung, bei der man sich eigentlich auf eine „Friedenspräambel“ geeinigt hatte.

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