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Schlagabtausch in Republikaner-Debatte: USA dürfe nicht deutschen Migrations-„Selbstmord“ begehen

Bei der letzten Republikaner-Debatte vor den Vorwahlen in Iowa punktet Ron DeSantis mit Klartext, u.a. zur Migrationspolitik. Er bescheinigt Deutschland und Europa „Selbstmord durch Masseneinwanderung“ und warnt: „Die USA dürfen nicht wie Europa werden“.

Am Mittwochabend war in den USA wieder „Debate Night“. Die Präsidentschaftskandidaten der Republikaner trafen zum vierten und letzten Mal vor der ersten Vorwahl in einer Fernsehdebatte aufeinander – zumindest fast alle. Denn wie schon zuvor wollte der aktuelle Favorit Donald Trump nicht an der TV-Debatte teilnehmen. Das Ganze dreht sich also vor allem darum, wer der Top-Kandidat ist, der es innerparteilich mit ihm aufnehmen wird – und dabei flogen die Fetzen.

Seit der ersten Debatte in der Sommerhitze von Milwaukee, Wisconsin, hat sich nämlich einiges geändert. Die Bühne ist deutlich kleiner geworden, wodurch sich auch die Debatten dynamischer und spannender zeigt. Große Namen wie Ex-Vizepräsident Mike Pence haben das Rennen bereits verlassen. Statt acht Kandidaten sind es nun nur noch vier. Und von denen haben auch eigentlich nur noch zwei realistische Chancen: Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der in Umfragen auf Platz 2 steht und Ex-UN-Botschafterin Nikki Haley, die ihm im Nacken sitzt.

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Und die beiden haben für Action gesorgt – und sich immer wieder einen ordentliche Schlagabtausch geliefert. DeSantis war da ganz in seinem Element: Er mag nicht der große Redner oder Einzelentertainer sein wie Trump, aber der Zweikampf mit Reportern oder Gegenkandidaten, gerade wenn es um seine Agenda geht, da liefert er. Anders als bei anderen Debatten, wo er sich mehr zurückhielt und staatsmännisch auf seine Erfolge in Florida verwies, schaltete er hier voll auf Kampf-Modus – vor allem gegen Haley.

Durch ihre immer offensichtlichere Positionierung hin zur Mitte und dem moderat-liberalen Flügel der Partei öffnete sie dem konservativen DeSantis Tür und Tor für Attacken von rechts – bei allem, von Kulturkampf zu Trans- und Woke-Themen bis hin zu Migration.

„Europa begeht Selbstmord mit Masseneinwanderung“

DeSantis, der Trump gerne von rechts dafür attackiert, dass er sein Versprechen zum Mauerbau nicht einlöste, sprach bei dem Thema Klartext – und nannte deutsche Politik als konkretes Negativbeispiel: „Schauen Sie sich an, was in Europa passiert ist. Es gibt jetzt in Deutschland so viel Antisemitismus wie zu keinem Moment seit Hitler. Warum? Weil sie Massen an Leuten ins Land holten, die ihre Kultur ablehnen. Europa begeht Selbstmord mit Masseneinwanderung – mit legaler und illegaler Einwanderung. […] Wir sollten keine Leute aus Kulturen ins Land holen, die uns feindlich eingestellt sind.“

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Zu den Ideen, Flüchtlinge aus Gaza aufzunehmen, meinte der Gouverneur: „Nein, wir nehmen keinen aus Gaza auf – wegen des Antisemitismus und weil sie die amerikanische Kultur ablehnen. Wir müssen hier schlau werden: Die Vereinigten Staaten dürfen nicht wie Europa werden.“ Ein Statement, mit dem er zweifellos bei der republikanischen Basis punkten dürfte.

Haley attackierte er dafür, dass sie Einwanderung „ohne Limits“ und festgelegt von „CEOs“ unterstütze. „Das ist nicht wahr, das ist eine Lüge“, konterte sie. Ähnlich lief es dann auch bei einem der wohl kontroversesten Themen des US-Kulturkampfes: Transgender und Kinder.

DeSantis Regierungserfolge sind seine Trumpfkarte

DeSantis, der sich – abgesehen von Anti-Lockdown-Politik – wohl mit nichts anderem so einen Namen gemacht hat, wie dem Kampf gegen woke Ideologie, schoss auch hier gegen Haley. Konkret ging es um ein kürzliches Interview, wo Haley bei einer Frage zu Geschlechtsumwandlungen von 12-Jährigen antwortete: „Das Gesetz sollte sich raushalten“ – nur um dann später zu sagen, „dauerhafte“ Geschlechtsänderungen dürfe es erst ab 18 geben.

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Dafür und um ihre unklare Haltung zu um „Bathroom Laws“ (zu dt. etwa „Toiletten-Gesetze“), die vorschreiben, dass biologische Männer, auch wenn sie sich anders identifizieren, keinen Zutritt zu Frauentoiletten haben, und mit denen Haley in ihrer Zeit als Landespolitikerin in South Carolina zu tun hatte, bekam sie Feuer von DeSantis.

Den wiederum attackierte sie dann für seine vermeintlich unzureichende Unterstützung von solchen Gesetzen, worauf der Gouverneur nur lachend antwortete: „Ich habe in Florida ein Bathroom Law unterschrieben, das stimmt also offensichtlich nicht.“ Zudem habe der Bundesstaat unter seiner Führung Geschlechtsumwandlungen für Minderjährige verboten.

Auf eigene Regierungserfolge verweisen – hier ist DeSantis wieder voll in seinem Element. Er hat in Florida praktisch alles auf der Wunschliste der Konservativen umgesetzt und in dem Staat vieles von dem erreicht, an dem Trump in Washington scheiterte, das ist nach wie vor seine größte Trumpfkarte.

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„Das 21. Jahrhundert muss ein amerikanisches, nicht ein chinesisches Jahrhundert werden“

Er redet nicht nur, er liefert – das ist DeSantis‘ stärkstes Argument. Und trotzdem kommt, auch wenn er spricht, schnell durch, dass er weiß, wovon er redet. Stichwort Außenpolitik, wo er eigentlich noch keine Regierungserfahrung hat. „Taiwan ist nicht nur wegen der Halbleiter wichtig“, hält er korrekt fest, „sondern auch deshalb, weil China, wenn es gelingt, aus der ersten Inselkette auszubrechen, in der Lage sein wird, den Handel im gesamten Indopazifik zu dominieren.“

Auf die Fangfrage, ob er als Präsident bei einer Taiwan-Invasion militärisch intervenieren würde, verwies er auf „Abschreckung“, um genau das zu verhindern und in präsidialer Manier auf „langstehende amerikanische Verpflichtungen“, die „Sie kennen“ zu verweisen. So DeSantis zu Moderatorin Megyn Kelly – eine klare Anspielung auf die offizielle US-Politik der „strategic Ambiguity“ („strategischen Ambiguität“) in der Frage. Auch wenn er keinen Hehl daraus macht, warum er glaubt, dass Taiwan verteidigt werden muss.

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Eine Einnahme der Insel und eine folgende Hegemonialstellung in Asien würden China „nutzen, um Autoritarismus in die ganze Welt zu exportieren, auch hier in die Vereinigten Staaten. […] Sie üben bereits enormen Einfluss auf dieses Land aus und es wird noch viel schlimmer werden. Die Abwehr chinesischer Ambitionen ist die nationale Sicherheitsaufgabe Nummer 1, die ich als Präsident übernehmen werde. Das 21. Jahrhundert muss ein amerikanisches Jahrhundert sein. Wir können nicht zulassen, dass es ein chinesisches Jahrhundert wird.“

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Eine so klare Zusammenfassung der geopolitischen Drohkulisse für die USA lieferte kein anderer, auch wenn sich Haley gegen den Vorwurf China-freundlicher Großspender wehrte, den ihr DeSantis als Seitenhieb verpasste.

„Silent Cal“ als Vorbild

Eins stand am Ende fest: Diese Debatte, vor der entscheidenden Vorwahl in Iowa, war bei weitem DeSantis‘ stärkster Auftritt. Er hielt sich nicht mehr zurück mit Kritik an seinen Gegenkandidaten, weder an Haley noch an Trump. Er verwies darauf, wie Trump Lockdown-Anhänger Anthony Fauci im Amt beließ, während er in Florida aufräumte. Und er lieferte Antworten, die sein Argument unterstrichen: Er kennt sich aus, er weiß, womit er es zu tun hat, er kann „den Job erledigen“, wie schon in Florida.

Calvin Coolidge, Republikaner und 30. US-Präsident, antwortete einem Reporter einst „Sie verlieren“ auf dessen Frage für eine Wette, ob der Präsident ihm mit mindestens 3 Worten antworten würde.

Exemplarisch für seine Positionierung war auch eine der letzten Fragen: Welchen US-Präsidenten würden die Kandidaten als Vorbild sehen? Während andere Gründerväter wie Washington, Jefferson oder Republikaner-Ikone Reagan wählten, nannte er Calvin Cooldige. Der ist eine Art Geheimtipp unter Republikanern und wohl vor oder gleichauf mit Ronald Reagan der konservativste Präsident des 20. Jahrhunderts.

„Silent Cal“ (zu dt. der „stille Cal“), war bekannt dafür, öffentliche Aufmerksamkeit und Drama zu meiden, dafür umso methodischer seine freiheitliche Reform-Agenda durchzusetzen, ohne sich in neue Kriege in Übersee zu verwickeln. Die Parallelen sind offensichtlich: DeSantis sieht sich selbst als Macher, nicht (Ex-)Entertainer wie Reagan oder Trump und verspricht den Wählern, dass er Amerika ohne Drama der Trump-Jahre, aber dafür effektiver, zurück auf Kurs bringt. Wer den Wählern mehr imponiert, werden nun die Vorwahlen zeigen.

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