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Grüner Neustart

Kanzlerkandidat und alleiniger Parteichef? Jetzt möchte Habeck die grüne Führung an sich reißen

Nach dem Rücktritt des Bundesvorstandes der Grünen möchte Robert Habeck die Parteiführung an sich reißen. Habeck-Vertraute haben beste Aussichten auf den Parteivorsitz – ein Vorschlag einer Bundestagsabgeordneten könnte sogar Habeck als alleinigen Parteichef der Grünen ermöglichen.

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Robert Habeck könnte jetzt das Steuer der Grünen-Politik übernehmen. Nach dem Abtreten des aktuellen Bundesvorstands möchte der Vizekanzler der Partei seinen Stempel aufdrücken.

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Die Grünen haben aufreibende, fast schon vernichtende Tage hinter sich. Erstmals seit sieben Jahren fiel die Partei in Umfragen zur Bundestagswahl unter die Zehn-Prozent-Marke und flog bei den Wahlen in Brandenburg sogar aus dem Landtag. Daraufhin trat die komplette Parteispitze rund um Ricarda Lang und Omid Nouripour geschlossen zurück – der Vorstand der Grünen Jugend hat sich sogar dazu entschieden, die Partei zu verlassen (Apollo News berichtete).

Möglicherweise ein weiteres Indiz für innerparteiliche Spannungen bei den Grünen. Während Lang und Nouripour als Bundesvorsitzende zwar immer wieder für Schlagzeilen sorgten, ist klar: Mit ihrer politischen Aktivität als Minister sind vor allem Baerbock und Habeck zum grünen Problem geworden – Letzterer soll jetzt sogar Kanzlerkandidat werden.

Habecks Stellung in der Partei, so sehr sie marketingtechnisch auch ein Fiasko darstellt, könnte jetzt zusätzlich verstärkt werden. Die Grüne-Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta möchte die Partei deutlicher personalisieren. Das könnte etwa die Abschaffung der doppelten Parteispitze und das Ende der Trennung zwischen einem politischen Amt und dem Parteivorsitz bedeuten. Aus Piechottas Vorschlag ergibt sich, dass beispielsweise Habeck den Vorsitz der Partei übernehmen könnte. Ob alle Grünen-Politiker damit einverstanden wären, ist fraglich.

Piechotta begründet ihren Vorstoß gegenüber dem Focus wie folgt: „Jeder Mensch in einem sächsischen Dorf hat eine Meinung über die Grünen, obwohl er vielleicht noch gar nie eine Politikerin oder einen Politiker von uns gesehen hat.“ Zudem seien die Grünen dort besonders stark, wo eine Person das Gesicht der Partei prägt, beispielsweise in Baden-Württemberg, wo Winfried Kretschmann seit 2011 der erste und bisher einzige Ministerpräsident der Grünen in Deutschland ist.

Laut Piechotta geht es in ihrem Vorschlag um „Komplexitätsreduktion“. Die Grünen-Politikerin möchte Wähler zu treuen Anhängern machen, die blind der Parteiführung vertrauen: „Das kann darüber funktionieren, dass die Wählerinnen und Wähler unserer Spitzenperson vertrauen, ohne jeden Spiegelstrich im Parteiprogramm kennen zu müssen.“ Derzeit wird als solche Spitzenperson nur Habeck in Betracht gezogen.

Wenn auf dem Bundesparteitag der Grünen im November ein neuer Vorstand – in welcher Form auch immer – gewählt werden soll, geht unter anderem Franziska Brantner, derzeit parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, als Favoritin auf den Bundesvorsitz ins Rennen. Die 45-Jährige gilt als Habeck-Vertraute. Ob der Vizekanzler selbst den Vorsitz übernimmt oder beispielsweise Brantner, scheint daher relativ gleichgültig: In beiden Fällen würde Habeck die Partei nach dem Neustart fast im Alleingang prägen.

Dass Habeck an dieser Konsolidierung arbeitet, zeigt sich auch in der Lagebewertung des Ministers: „Ricarda Lang und Omid Nouripour beweisen, was für sie der Parteivorsitz bedeutet: Verantwortung. Sie machen den Weg frei für einen kraftvollen Neuanfang.“ Für die herben Rückschläge der letzten Monate „tragen hier alle Verantwortung, auch ich“, erklärte Habeck weiter. „Und auch ich will mich ihr stellen.“

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