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Ohne Begründung

Im Familienausschuss streichen Union und Ampel einfach alle AfD-Anliegen von der Tagesordnung

In der Sitzung des Familienausschusses wurden am Mittwoch alle Tagesordnungspunkte der AfD ohne Begründung abgewählt. Die AfD warf der Union einen Schulterschluss mit der „Restregierung“ vor, um nicht mit der AfD gemeinsame Interessen zu vertreten.

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Im Familienausschuss des Deutschen Bundestags kam es am Mittwoch zum Eklat: Alle AfD-Anträgen wurden von der Tagesordnung entfernt.

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In der 81. Sitzung des Familienausschusses kam es am Mittwoch im Bundestag zum Eklat. Ohne Angabe von Gründen erklärte die Ausschussvorsitzende, Ulrike Bahr, direkt zu Beginn: Die Obleute hätten angekündigt, die Tagesordnungspunkte fünf bis elf von der Tagesordnung zu entfernen.

Weil sich die Obleuterunde nicht einig wurde, musste im Ausschuss abgestimmt werden – die Punkte wurden entfernt. Bei den Tagesordnungspunkten fünf bis elf handelte es sich um Anträge der AfD-Fraktion. Diese hatte am Dienstag noch einige Punkte auf die Tagesordnung setzen wollen. Bevor sich der Ausschuss aber gegen diese Tagesordnungspunkte aussprach, durfte der familienpolitische Sprecher der AfD, Martin Reichardt, das Wort ergreifen.

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Er kündigte an, „juristische Schritte“ würden bei einer Absetzung der Punkte vorbereitet werden. Die Ablehnung sei „Teil einer konzertierten Aktion“, die zwischen Union und der „Restregierung“ ausgehandelt worden sei, um in den kommenden Wochen „Arbeitsverweigerung betreiben zu können“. CDU und CDU möchten dadurch verhindern, bei gemeinsamen Standpunkten mit der AfD stimmen zu müssen, so Reichardt.

Der AfD-Abgeordnete nannte die Vorgänge, mit denen die Rechte der Opposition beschnitten würden, einmalig. Weil die Sitzung im Otto-Wels-Haus stattfand, hielt Reichardt fest, damit würden die anderen Parteien dem Namensgeber „ins Gesicht spucken“. Die Vorsitzende SPD-Abgeordnete Bahr erwiderte daraufhin: „Ich glaube nicht, dass es angebracht ist, dass Sie hier Otto Wels in den Mund nehmen“. Reichardt zeigte sich wiederum erbost über diese Einschätzung und griff erneut zum Mikrofon: „Dazu steht Ihnen wohl als Versammlungsleitung kein Urteil zu“, mahnte der AfD-Politiker.

Daraufhin erteilten alle anderen Fraktionen den AfD-Punkten eine Absage. Konkret wollten die familienpolitischen Abgeordneten der Partei beispielsweise über zwei AfD-Anträge aus Dezember 2022 diskutieren lassen, in denen Befragungen und Studien zur Beurteilung der Verwendung von „geschlechtergerechter Sprache“ in der Bevölkerung gefordert wurden. In der Folge könnte das generische Maskulinum in der Verwaltung, in Schulen, aber auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wieder durchgesetzt werden, hieß es in den Forderungen.

Auch in einem weiteren Tagesordnungspunkt, der auf einem Antrag der AfD-Bundestagsfraktion aus Februar 2023 aufbaute, sollte über gendergerechte Sprache gesprochen werden. In den Tagesordnungspunkten zehn und elf, die auf Anträgen aus Juni 2023 basierten, sollte über Kinderbetreuungsgelder in bestimmten Fällen diskutiert werden.

Die familienpolitischen AfD-Abgeordneten wollten auch zwei Anträge aus März 2022 wieder ins Spiel bringen. Die Bundesregierung solle die Covid-Impfung bei Kindern nicht länger bewerben und „Minderjährige über Vor- und Nachteile der Kinderimpfung gegen die Coronavirus-Krankheit 2019 umfassend und sachgerecht“ aufklären, hieß es in einem Tagesordnungspunkt. Hier ist anzumerken, dass die Ständige Impfkommission gesunden Minderjährigen derzeit gar keine Impfempfehlung ausspricht, diesbezügliche Werbung sollte also nicht veröffentlicht werden.

Broschüren, die die Impfung bei Kindern bewerben, existieren jedoch immer noch (hier und hier). Dahingehend wollte die AfD in Tagesordnungspunkt sechs einen Antrag, ebenfalls aus März 2022, einbringen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, diese Broschüren zurückzuziehen.

Die Obleute – die führenden Ausschussvertreter jeder Fraktion, die mit der Ausschussvorsitzenden für die Gestaltung der Tagesordnung zuständig sind – beriefen sich in ihrem Wunsch, diese Punkte zu entfernen, auf Paragraf 61 Absatz 2 der Bundestagsgeschäftsordnung. Dort wird die Absetzung von Tagesordnungspunkten durch eine Mehrheit der Ausschussmitglieder festgelegt. Weitere Gründe blieben aus.

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