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Habecks erstes „Küchengespräch“: Zwischen Ikea-Werbung, Sozialismus-Kitsch und Kindergärtnerei
Für sein erstes Küchentisch-Gespräch rekrutiert Habeck die Kindergärtnerin Isabell. Ein Ein Gespräch ist es nicht wirklich, Isabell darf Habeck nur Vorlagen geben und eifrig nicken, während Habeck ihr in ihrer Ikea-Küche das Blaue vom Himmel erzählt. Ein vielsagender Auftritt.
Zweieinhalb Wochen läuft die Mission „Kanzler-Ära“ nun schon. Robert Habeck begann sie in der Küche eines ominösen Freundes mit Liebe zum Landhausstil, rief die Menschen dazu auf, ihn auch in ihre Küchen zu lassen. Nach eigener Aussage sind diesem Aufruf bereits „Hunderte“ gefolgt. „Die werden jetzt hier gerade sortiert.“ Ausgewählte las er ausschnittsweise bereits vor – ein paar Schilderungen aus den schlechten Arbeitsbedingungen der Absender, aber das ist alles nebensächlich, denn Antje ist „übrigens Fan“ und findet seine Bewerbung „großartig“.
Während Robert seine potenziellen Wähler allesamt uneingeladen duzt, weil seine PR-Berater ihm wohl gesagt haben, dass das bodenständig und nahbar rüberkommt, bleiben die Briefe alle verlegen beim Sie. Da liegen die Briefe alle ungeknickt, sind aus dem gleichen Papier und augenscheinlich in derselben Schriftart geschrieben. „Hunderte“ E-Mails extra ausdrucken, um sie in einem zweiminütigen Video als Attrappe zu nutzen und davon drei Zitate vorzulesen, ist nämlich keine Papierverschwendung, wenn man es auf gelblichem Öko-Papier druckt.
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Die Spannung wurde erfolgreich aufgebaut, nun gab es endlich das erste Küchengespräch. Angeteasert ist das Video als „Gespräch am Küchentisch Isabell“, was mehr danach klingt, als würde es sich bei Isabell um ein neues Esstischmodell von Ikea handeln. Die Schrift liegt über einem Porträtfoto von Robert, das durch einen Blau-Filter das tiefe Blau seiner Augen schön zur Geltung bringt, während Isabell nur als verschwommener Schatten dargestellt ist. Kurz: Bereits soweit lässt die Kampagne viele Wünsche offen.
So ganz erklären kann man sich das nicht. Kitsch, der ans Herz geht, kann die engagierte (und sicher nicht ganz billige) Werbe-Agentur Jung von Matt eigentlich. Sämtliche Edeka-Weihnachtskampagnen, auch der 70 Millionenfach geklickte Spot #heimkommen von 2016, über den einsamen Rentner, der seinen Tod vortäuscht, damit seine Familie zu Weihnachten nach Hause kommt, stammen von der Firma. Der Nachteil von Wahlkampf in der Vorweihnachtszeit ist wohl, dass die Tränendrüsen-Spezialisten alle schon anderweitig eingespannt sind.
Einen Politiker mit akutem Nuschelproblem zig Mal am Tag das Wort „Küchentisch-Gespräch“ sagen zu lassen, ist ohnehin schon unverantwortlich. Und den gesamten Wahlkampf eines Kandidaten ausgerechnet auf die Küche zu fokussieren, wenn von dem noch Videos in bester Spiegel-Qualität durchs Internet schwirren, in denen er frei heraus erklärt: „Seit zehn Tagen habe ich nicht mehr abgewaschen, der Müll ist nicht rausgebracht, die Milch ist alle – heute Morgen habe ich Müsli mit Wasser gegessen, ohne Scheiß“, wirkt auch nicht wie eine sonderlich durchdachte Aktion. Warum begann denn die Kampagne nicht in seiner eigenen Küche, hat er die etwa wirklich seit Beginn der Legislaturperiode nicht aufgeräumt?
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Ein Regierungsdirektor mit drei Chauffeuren, ein Rückkehrrecht kurz vor der Pension und projektartige Posten mit sperrigen Titeln: In Nordrhein-Westfalen sorgt die Personalpolitik der Grünen für Stirnrunzeln.Das Isabell-Gespräch beginnt gleich schon mit einem Fazit – wohl um sicherzugehen, dass auch diejenigen, die das Geseier nicht bis zum Ende durchhalten, zumindest das mitnehmen, wovon Robert will, dass man es mitnimmt. „Also ich fühle mich jetzt auf jeden Fall so, dass mir jemand zugehört hat“, erklärt Isabell, von der wir gleich erfahren werden, dass sie Kindergärtnerin ist. Dann kommt die Einblendung „Eine Stunde vorher…“ Habecks Stimme erklingt eine Oktave höher als normal und geschleimt weich: „Hallooo“. Dann schüttelt er Isabell die Hand, „Hi, ich bin Robert. Passt das so für dich? Ok, wunderbar“, er tätschelt Isabell ungelenk am Oberarm. Die Stimme, die der Robert für Isabells Hund aufsetzt, klingt nicht anders, als die, in der er mit Isabell selbst redet.
„Wie kaputt bist du?“
Es folgt ein Witz auf eigene Kosten, der Hund habe an der Schnauze so graues Haar wie er selbst auf dem Kopf – das wurde ihm wahrscheinlich in der gleichen Powerpoint-Präsentation ans Herz gelegt, wie die Sache mit dem Duzen. Danach kommentiert er die Ikea-Küche von Isabell mit: „Ist ganz cool, wenn ich das sagen darf“. Es hat die gleiche Stimmung wie ein unangenehmes erstes Date. Habeck fragt Isabell, ob sie denn seinen Küchentisch-Aufruf gesehen habe – wohl um den Zuschauern nochmal klar zu machen, dass sie tatsächlich ein authentischer echter Mensch ist und keine engagierte Schauspielerin.
Sie antwortet, sie hätte das Video in einer Mittagspause gesehen, als sie mal wieder richtig sauer über die Umstände war. Da kam das Video auf und sie entschloss sich, ihm zu schreiben. „Sag mal was dich sauer gemacht hat“, „Wirst du das abends los?“, „Wie kaputt bist du?“ – Eine Sessel-Couch-Situation hätte zu seinen Psychiater-Nachfragen besser gepasst, vielleicht sollte er auf Wohnzimmer-Gespräche umsteigen. Irgendwann ist dann genug zugehört, jetzt ist Robert dran. „Ich glaube am Ende hängt es an dem Stellenwert von Bildung und Stellenwert ist ja in meinem Beruf Übersetzung von Geld.“ Die Kamera bleibt den Satz über vor allem auf Isabell gerichtet – die innerhalb dieses Satzes alleine zehnmal eifrig nickt. Es wird auch spätestens jetzt klar, nach welchen Kriterien die Einladungen zum Küchengespräch „sortiert“ wurden.
Würde man Habeck einen Kugelschreiber vor die Nase legen, mit der Aufforderung „Verkaufe mir diesen Stift“, wäre sein Angebot wohl: „Wenn du diesen Stift kaufst, gebe ich dir zwei Milliarden Euro in Steuergeld dazu – sagen wir vier Milliarden pro Jahr!“ Er erzählt der Kindergärtnerin das Blaue vom Himmel – Kitaqualitätsgesetz hier, Verdopplung der geplanten jährlichen Investition in Milliardenhöhe da. Wo soll das ganze Geld herkommen? Das beantwortet Habeck auch, obwohl er nicht müsste, denn für kritische Nachfragen ist Isabell nicht ausgesucht worden. Die Antwort ist einfach: von den Superreichen natürlich!
Reichensteuer als Allzwecklösung – „Die merken’s gar nicht“
Das übereifrige Nicken von Isabell intensiviert sich, als sie von diesen dubiosen „Superreichen“ hört. Sie gibt Laute der Zustimmung von sich und schließt vielsagend die Augen, als Robert erklärt: „Und wenn wir uns mal trauen würden, die Superreichen in Deutschland ein bisschen – die merken’s gar nicht – ein bisschen mehr zu besteuern und dieses Geld nehmen für die Bildung, dann wär das eigentlich völlig ok.“ Das Argument ist unterkomplex. Robert stellt es so dar, als wäre die Kohle der Reichen einfach Geld, das praktisch auf der Straße rumliegt. Und da das ja nirgends fehlen würde, kann man das einfach überall aufstocken, wo man gerade Haushaltslücken hat.
Man geht in die Dagobert-Kammer der oberen 0,1 Prozent, scheffelt da ein bisschen Gold raus und die können immer noch darin schwimmen. Vielleicht war Habeck mit seiner gesamten Gehirnkapazität so darauf fixiert, die „ch“-, „sch“- und „sp“- Laute auszusprechen, dass er sich keine schöneren Argumente mehr einfallen lassen konnte. Allerdings war das Video viel zu gestellt, als dass irgendwas an diesem Gespräch spontan war. Isabell ist trotzdem begeistert. Dabei würde ich mich an ihrer Stelle nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Klar, vor der Wahl ist sie die Kindergärtnerin, die vor Erschöpfung nach der Arbeit auf dem Sofa zusammenbricht.
Nach der Wahl, wenn Robert auffällt, dass die „Superreichen“ ihr Geld tatsächlich nicht einfach so zu verschenken haben und die Reichensteuer doch nicht die Antwort auf alles ist, wird der Begriff der „Superreichen“ ganz schnell abgestuft. Sie – die in einem Ziegelsteinhäuschen wohnt, mit geräumiger, aufwendig eingerichteter Küche, und bis vor kurzem noch ein Pferd hatte – wird die Quittung für ihre Wahl ganz schnell in der Post vom Finanzamt finden.
Plötzlich nimmt das Werbevideo ein abruptes Ende. Wenig elegant wird Habeck mitten ins Wort geschnitten, Isabell holt merklich Luft, um zur Antwort anzusetzen, wird vorher aber weggecuttet. Robert fällt sich selbst ins Wort, als er erst noch über seinen ausgeklügelten Reichen-Besteuerungs-Masterplan philosophiert und im nächsten das Gespräch dann mit „Das nehm ich mal mit“ abbindet. „Also wenn du mich das nächste Mal im Fernsehen von mehr Bildung und mehr Erzieherinnen reden hörst, warst du das. Ja? Ok. Danke dir.“ Die letzten Worte sind wieder so komisch weich geschleimt, wie die Begrüßung zum Anfang.
Zum Abschluss erzählt Habeck dann seine Eindrücke vor dem Haus von Isabell in die Kamera. Es wäre eine plastische Schilderung gewesen, von Dingen, die man abstrakt schon weiß, eine Begegnung, die er „nicht vergessen“ werde. Die Kameraqualität wechselt ebenso abrupt, wie die Schnittqualität. Auch die Cutter haben wohl gerade lukrativere Weihnachtswerbespots zu bearbeiten. Wobei wahrscheinlicher ist, dass das alles Absicht ist – Authentizität ist ja bei Robert immer die Devise. Selbst auf Kosten von Qualität und – wie man an seiner Offenbarung zu dem Zustand seiner eigenen Küche sieht – auch seiner Würde. Hauptsache, man kann sich mit ihm identifizieren.
Der Duden definiert das Wort „Gespräch“ als einen „mündlichen Gedankenaustausch in Rede und Gegenrede über ein bestimmtes Thema“. Ein Gespräch war der Auftritt nicht. Isabell durfte Robert die Vorlagen liefern und danach nur noch nicken, lächeln und danke sagen. Alles daran bestätigt den Eindruck, den man schon von der Werbung zum Video bekam: Um die Menschen geht es nicht. Wer das aber im Ernst erwartet hat, weiß nicht, was „Wahlwerbespot“ bedeutet. Doch etwas mehr Mühe hätte man schon erwarten können. Die ganze Kampagne ist eine von Stereotypen geprägte Karikatur von dem, was man sich in einer Hochglanz-Werbeagentur und der Bundesparteizentrale als „einfaches Leben“ vorstellt. Da aber auch das Wählerpotential an Oberstudienrätinnen und Lastenfahrradfahrern keine Ahnung von diesem „einfachen Leben“ hat, kommt da nur zusammen, was ohnehin zusammengehört.
Irgendwann wird der liebe Robert auf dem ganzen Schleim den er aktuell in Serie produziert (erst Miosga, jetzt Isabell) selber ausrutschen.
Isabel (Jezebel) ist eine Figur des Alten Testaments, die für Götzendienst steht. Insofern passt das ausgesprochen gut!
Der Küchenphilosoph Habeck trägt seine Märchen vor. Warum eigentlich nicht an Bahnhöfen?
Mit Ideologen unterhalte ich mich grundsätzlich nicht, da es reine Zeitverschwendung ist.
Da versucht jemand die Wähler über den Küchentisch zu ziehen.
Am besten wäre es, wenn über den erfolgreichsten Wirtschaftsminister aller Zeiten nicht mehr berichtet werden würde.
Achtung, die Neustasi klingelt nicht mal mehr